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Steuerfreiheit über den Wolken

Köln, 11.04.2007 17:13 Uhr (redaktion)

Billigflieger boomen. Doch was Geschäftsreisende und Urlauber freut, könnte dem Klimawandel weiter Vorschub leisten, weil bei der Kerosinverbrennung viel Kohlendioxid freigesetzt wird. Daher plant die Europäische Kommission, den Emissionsrechtehandel auf den Flugverkehr auszuweiten. Eine zusätzliche Steuer auf Flugbenzin, wie viele Umweltschützer sie fordern, ist somit überflüssig.

Das Geschäftsmodell Billigflieger zeitigt fast schon ungeahnte Erfolge. Am Himmel herrscht reger Verkehr. So nahmen die Starts und Landungen an deutschen Flughäfen von 1991 bis 2005 um rund 28 Prozent zu. Die Zahl der beförderten Passagiere hat sich im selben Zeitraum von 80 auf 170 Millionen satt verdoppelt. Ebenso zugelegt hat auch die Luftfracht (Grafik):

Flugverkehrsaufkommen
Flugverkehrsaufkommen (Zum vergrößern auf das Bild klicken)


 

Im Jahr 2005 wurden auf dem Luftweg 2,9 Millionen Tonnen Güter mit Start oder Ziel in Deutschland transportiert – 1991 war das Frachtaufkommen weniger als halb so groß.


 

Keine Rolle spielten dabei innerdeutsche Wegstrecken. Die Beförderung innerhalb der Landesgrenzen machte zuletzt mit 65.000 Tonnen gerade 2 Prozent der deutschen Luftfracht aus – Tendenz fallend.
Die Ein- und Ausfuhren mit dem Flugzeug legten dagegen binnen 15 Jahren um 130 Prozent zu. Die Luftfahrtbranche profitierte somit erheblich von der zunehmenden weltweiten Wirtschaftsverflechtung sowie von den Exporterfolgen der deutschen Unternehmen.
Gerade wegen seiner Internationalität war der Flugverkehr bisher von vielen national erhobenen Steuern befreit. So wird das beim Fliegen verbrannte Kerosin nicht speziell besteuert – im Gegensatz zum Kraftstoffverbrauch des Straßenverkehrs. Auch die Mehrwertsteuer fällt nur für innerdeutsche Flüge an.

Besorgten Umweltschützern gefällt das nicht. Viele Stimmen fordern zurzeit, die Fluggesellschaften müssten ebenso wie andere Verkehrsteilnehmer vom Staat zur Kasse gebeten werden. Eine Kerosinsteuer sei längst überfällig, um die Kohlendioxidemissionen einzudämmen.
Dass Vater Staat im Verkehrssektor überhaupt Steuern und Gebühren erhebt, hat im Wesentlichen zwei Gründe – die im Flugverkehr nur bedingt greifen:

1. Infrastrukturkosten

Die Mineralölsteuer und die Kraftfahrzeugsteuer werden mit der Begründung erhoben, die Straßen müssten gebaut und erhalten werden. Einzelne Steuerarten dürfen jedoch nach deutschem Haushaltsrecht gar nicht zweckgebunden sein. Daher landet ein großer Teil der Mittel nicht im Straßenbau, sondern stopft die Haushalts­löcher der Finanzminister.
Anders sieht es bei der Einnahmequelle Gebühren aus. Sie sind stets an eine direkte Gegenleistung der öffentlichen Hand gekoppelt. So entrichten Airlines beispielsweise Landegebühren an die Flughafenbetreiber und Gebühren für Fluglotsendienste an die Deutsche Flugsicherung.


 

Im Luftverkehr wurden die Infrastrukturkosten in Höhe von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2001, dem letztverfügbaren Datenstand, vollständig durch Gebühren gedeckt – zusätzlichen Bedarf an Steuermitteln hat dieser Verkehrssektor also nicht.


 

2. Umweltkosten

Ein weiteres Argument dafür, verkehrsbezogene Steuern zu erheben, lautet: Umweltbelastungen sind den Verursachern in Rechnung zu stellen. Genau um dies zu gewährleisten, soll der Luftverkehr jedoch künftig in den Handel mit Kohlendioxid-Emissionsrechten einbezogen werden. Die Airlines bezahlen den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen dann bereits, bevor sie entstehen. Für eine zusätzliche Steuer auf Flugbenzin fehlt damit die umweltpolitische Begründung.

Allerdings sind im Kohlendioxid-Zertifikatehandel noch einige Kinderkrankheiten zu heilen, bevor er sich auf die Luftverkehrsteilnehmer übertragen lässt. Zum einen müsste dieses Klimaschutzinstrument weltweit eingesetzt werden. Ein europäischer Alleingang würde die heimischen Fluggesellschaften gegenüber der internationalen Konkurrenz deutlich ins Hintertreffen bringen. Zum anderen ist die international vereinbarte Befreiung des Luftverkehrs von Steuern und Abgaben so anzupassen, dass sie mit den Emissionsrechten im Einklang steht. Einige Klimaschutzpotenziale ließen sich bereits durch die schlichte Optimierung der Flugrouten heben – etwa indem kürzere Strecken und weniger Warteschleifen geflogen werden.

© Deutscher Instituts-Verlag

 

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