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Unternehmensteuerreform: Licht und Schatten

Berlin, 25.04.2007 17:15 Uhr (Jörg Schwenker (DIHK))

Die deutschen Unternehmen sehen die Steuerreform grundsätzlich positiv. Die Senkung der Körperschaftsteuer sowie die Begünstigung thesaurierter Gewinne für Personenunternehmen sind wichtige Signale – über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Die nominale Ertragsteuerbelastung von Unternehmensgewinnen sinkt dadurch in Kommunen mit einem Gewerbesteuerhebesatz von maximal 400 Prozent auf knapp unter auf 30 Prozent. Laut Finanztableau des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) soll die Unternehmensteuerreform inkl. Abgeltungsteuer eine Entlastung von rund fünf Milliarden Euro bringen. Einzelne Elemente im Referentenentwurf vom 5. Februar 2007 geben allerdings Anlass zur Sorge. Sie senden falsche wirtschaftspolitische Signale.

Die positiven Effekte der Reform dürfen daher nicht mit kurzsichtigen fiskalischen oder überbürokratischen Einzelregelungen gefährdet werden. Die undifferenzierte Besteuerung von Funktionsverlagerungen etwa wäre eine solche standortpolitische Fehlentscheidung. Investitionen in Forschung und Entwicklung hierzulande, die wir dringend brauchen, würden mit den BMF-Plänen unattraktiver.

Finanztableau Unternehmenssteuerreform
Finanztableau Unternehmenssteuerreform

Besteuerung von Kosten

Die Besteuerung der Substanz oder gar von Kostenbestandteilen führt zu einem zusätzlichen Liquiditätsabfluss bei den Unternehmen. Deshalb ist es richtig, die Gesellschafter-Fremdfinanzierungsregel des Paragraphen 8a KStG abzuschaffen. Die alte Vorschrift hat wie Schrotkugeln auch Unternehmen getroffen, die für ihren Betrieb auf Fremdmittel dringend angewiesen waren und keine Gewinne verlagert haben.

Anstelle des Paragraphen 8a KStG soll nun eine „Zinsschranke“ eingeführt werden, mit der sich nach DIHK-Einschätzung immerhin rund 5.000 Unternehmen mit mehr als sechs Millionen Beschäftigten auseinander setzen müssen. Bleibt die Politik dabei, muss zum einen klargestellt werden, dass nur Entgelte für echte Darlehen betroffen sind. Um den Unternehmen Planungssicherheit zu gewähren, muss zum anderen ein Freibetrag von einer Million Euro eingeräumt werden. Die vorgesehene Freigrenze wirkt für die Unternehmen wie ein Fallbeil; sobald sie die Grenzmarke überschreiten, verfallen sie der Hinzurechnungsbesteuerung. Schließlich muss aus Sicht der Unternehmen die geplante Escape-Klausel praxistauglich ausgestaltet werden, hier besteht noch erheblicher Diskussions- und Änderungsbedarf, insbesondere bei der Frage der Höhe der Beteiligungsquoten.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen

Die Ausdehnung der Hinzurechnung von Zinsen und Zinsanteilen bei der Gewerbesteuer verbaut die so dringend erforderliche Vereinfachung des Steuerrechts. Dies rückt eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage für Körperschaft- und Gewerbesteuer in weite Ferne. Zwar werden Dauerschuldzinsen nur noch mit 25 Prozent hinzugerechnet, dafür werden andere Finanzierungsformen (u. a. Kurzfristzinsen sowie Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzen) zusätzlich zu 25 Prozent hinzugerechnet. Die ebenfalls geplante Einbeziehung von Boni, Skonti und Rabatten in die Gewerbebesteuerung erhöht die bürokratischen Lasten für Unternehmen und wird mit Sicherheit Anlass zu Streit mit den Finanzämtern geben. Der hierfür neu vorgesehene Freibetrag von 100.000 Euro entlastet nur die kleinen Unternehmen.

Hinzu kommt, dass die pauschal angesetzten Finanzierungsanteile von 25 Prozent bei beweglichen und 75 Prozent bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern der Realität nicht gerecht werden. So liegt beim Mobilienleasing der Finanzierungsanteil nur bei etwa 12 Prozent bis 15 Prozent der Leasing-Rate (so Berechnungen der Leasingbranche).

Forschungs- und Entwicklungsstandort erhalten

Die geplante Besteuerung von Funktionsverlagerungen ist standortpolitisch besonders heikel. Deutschland ist darauf angewiesen, dass die Unternehmen hier ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und -kapazitäten ausbauen. Das darf durch die Steuerreform nicht beeinträchtigt oder gar unterbunden werden.

Wenn jetzt zum Beispiel schon der Umzug junger Wissenschaftler oder Wissensträger aus Unternehmen in ein anderes Land besteuert werden soll, ist zu befürchten, dass deutsche Unternehmen ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von vornherein im Ausland aufbauen.

Die gezielte Besteuerung von Wissenstransfer ist nur dann nachvollziehbar und berechtigt, wenn das Wissen allein zum Steuernsparen verlagert wird. Hier ist eine allgemeine, mit Beispielen angereicherte Missbrauchsklausel (Paragraph 42 AO) viel zielgenauer als ein starres Gesetz.

Vereinfachung und Entbürokratisierung

Die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) sollte beibehalten werden. Die geplante Abschaffung führt dazu, dass alle Einzelteile oberhalb eines Werts von 60 Euro künftig erfasst, bewertet und jährlich inventarisiert werden müssen. Hier wird unnötig Bürokratie aufgebaut – sowohl für Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung.

Die IHK-Organisation hat der Bundesregierung vorgeschlagen, die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf etwa 1.000 Euro anzuheben. Denn die Erfahrung zeigt, dass weniger Bürokratie zusätzliche Wachstumskräfte freisetzen kann. Der volkswirtschaftliche Nutzen ist damit viel größer, als dies die Zahlen auf dem Finanztableau zum Ausdruck bringen.

Wenn allerdings die GWG-Grenze zum Dogma für die Reform hochstilisiert wird, sollte zumindest eine Poolbildung zugelassen und damit zugleich der Weg für eine einfachere Abschreibung aller Wirtschaftsgüter geebnet werden.

Mantelkauf

Der Kauf von sanierungsbedürftigen Unternehmen und die Verlustübernahme durch den Sanierer („Mantelkauf“) muss weiterhin möglich sein. Eine allzu rigide Beschränkung würde hingegen dazu führen, dass lediglich werthaltige materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter herausgelöst und die Standorte im Übrigen geschlossen werden. Das würde zum Verlust von Arbeitsplätzen führen, fürchtet insbesondere die ostdeutsche Finanzverwaltung. Deshalb muss der Gesetzgeber unbedingt eine „Sanierungsklausel“ formulieren. Bei Publikumsgesellschaften stellt sich die Frage, wie sich dort die geplante 25-Prozent-Grenze (in fünf Jahren) beim Anteilseignerwechsel auswirkt.

Mittelstandslücke

Viele Personenunternehmen werden weder von der Kleinunternehmerregelung nach Paragraph 7g EStG (Ansparabschreibung) noch von der geplanten Thesaurierungsrücklage profitieren können. Gleichwohl trifft auch diese Unternehmen die Abschaffung der degressiven AfA. Deshalb ist es dringend erforderlich, auch bei Personenunternehmen – wie bei Kapitalgesellschaften – bewährte und rechtlich abgesicherte Pensionsrückstellungen für mitarbeitende Gesellschafter steuerlich anzuerkennen. So würde auch diesem Personenkreis eine betriebliche Altersversorgung mit steuerlicher Akzeptanz ermöglicht. Die positiven Effekte der Steuerreform würden so auch stärker in den Mittelstand getragen.

Fazit

Diese Steuerreform hat noch alle Chancen „ein gelungener Wurf“ zu werden. Es wird jetzt entscheidend davon abhängen, dass an den richtigen Stellschrauben gedreht wird. Der DIHK appelliert deshalb eindringlich an die Politik, vor allem mittel- und langfristige Standortinteressen in den Mittelpunkt zu rücken. Mit den richtigen Signalen können wir etwas bewegen. Die Möglichkeit dazu hat die Bundesregierung bereits bei der Abfassung des Kabinettsentwurfs.

 

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