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Nutzung und Trends im Online-Banking: Wie geht es weiter?

Berlin, 15.10.2007 12:21 Uhr (redaktion)

Was vor zehn Jahren etwas für eine Info-Elite war, ist heute "Business as usual". 37 % der Deutschen wickeln ihre Bankgeschäfte online ab - mit steigender Tendenz. Andere Länder, vor allem die nordeuropäischen, sind längst weiter.

Finnland liegt mit 60 % Online-Banking-Kunden an der Spitze. Die Dresdner Bank wiederum liegt deutlich über dem deutschen Durchschnitt: 44 % unserer Kunden sind mittlerweile zum Online Banking angemeldet. Auch als Vertriebskanal spielt das Onlineportal der Dresdner Bank eine immer größere Rolle: Im Vergleich zu 2005 hat sich die Zahl ihrer Onlinedepoteröffnungen im vergangenen Jahr um fast 200 % erhöht.

So viel steht fest: Der Finanzdienstleister, der heute nicht online ist, wird spätes­tens morgen offline - das heißt, vom Markt verschwunden - sein. Daraus aber abzuleiten, dass Banking künftig allein online abläuft, wäre ein strategischer Irrtum. Nicht jede Bankdienstleistung wird online vom Kunden nachgefragt. Für Standardprodukte ist der Onlinevertriebskanal sicherlich zunehmend erste Wahl. Zugleich wird diese Entwicklung Beratungsleistungen bei komplexen Finanzfragen am Markt aber eher noch deutlich aufwerten.

Technische Entwicklung und Kundenverhalten Onlinetechnologie bietet für Kunden wie für Banken erhebliche Vorteile: Als effizienter Vertriebsweg, als Informations-, Marketing- und Kundenbindungsinstrument. Onlinetechnologie entlastet von administrativen Tätigkeiten, erlaubt die Straffung von Strukturen und Prozessen - und senkt so Kosten. Treiber der künftigen Entwicklung ist auch weiterhin der technologische Fortschritt, insbesondere die Möglichkeit, immer größere Datenmengen immer schneller übertragen zu können.

Online-Banking Nutzerzahlen
Online-Banking Nutzerzahlen

Die bisherige Entwicklung der Online-Bankauftritte war primär angebotsorientiert. Nicht der Kunde, sondern der Anbieter bestimmte die Inhalte und Produkte im Netz. Gestartet war das Online Banking als ein zusätzliches Informationsmedium, als ein Instrument im Marketingmix. Über den Internetauftritt wurde also lediglich der erste Kontakt zum Kunden geknüpft. Das Geschäft selbst wurde in der Filiale getätigt.

Weitere technische Entwicklungen und vor allem die Lösung von Sicherheitsfragen ermöglichten dann, dass der Onlinekanal nicht mehr nur als Marketinginstrument, sondern als vollwertiger Transaktionskanal und später auch als Vertriebskanal genutzt werden konnte. Das war der Durchbruch des Online Banking.

Parallel zur technischen Entwicklung hat sich das Kundenverhalten massiv gewandelt. Kunden sind durch das Internet anspruchsvoller und preissensitiver geworden. Mit einem Mausklick kann sich der Kunde über Produkte und Konditionen informieren oder Aufträge erteilen.

Nun wird das bisherige Angebot zunehmend vom so genannten Web 2.0 abgelöst. Dieses ist im Wesentlichen nutzer- statt angebotsorientiert. Ein Unternehmen im Web 2.0 stellt nur noch die technischen Voraussetzungen bereit, während die Kunden den Inhalt dieser Plattformen selbst bestimmen. Beispiele dafür sind die derzeit viel diskutierte Plattform "Second Life" oder das vor einiger Zeit von Google übernommene Videoportal "YouTube", in dem Nutzer ihre selbst produzierten Filme veröffentlichen können.

Die Entwicklung in Second Life verläuft übrigens ganz ähnlich wie die Entwicklung der Banken in der Historie - wenn auch im Zeitraffer. Noch sind in dieser virtuellen Welt keine Banken in dem Sinne vertreten, dass sie ein Geschäft in der Second-Life-Landeswährung betreiben würden. In diese "Marktlücke" sind nun Privatpersonen gesprungen und haben Wechselstuben eröffnet. Die Banken der wirklichen Welt sind genauso entstanden. Das Wort "Bank" stammt vom Altitalienischen "Banco" ab, was den Tisch bezeichnete, auf dem im späten Mittelalter Geld gewechselt wurde.

Da ist das reale Leben viel weiter: Das Web 2.0 jedenfalls wird auch dem Online Banking einen weiteren Schub und starke Veränderungen im Markt für Finanzdienstleistungen bringen. Erste Entwicklungen sind bereits sichtbar. So bietet eine Handvoll Start-ups Plattformen an, auf denen Anbieter und Nachfrager für Kredite zusammengebracht werden - eine Art Kredit-Ebay.

Im Web 2.0 könnte der Kunde "seine" Bank künftig selbst gestalten, statt sich in ein vorgegebenes Angebot einer bestimmten Bank einzuloggen. Der Zugang zu Finanzdienstleistungen erfolgt dann über ein Bankportal, über das der Kunde Produkte unterschiedlicher Finanzdienstleister beziehen kann. So kann ein Produktportfolio aus Finanzdienstleistungen bestehen, die vielleicht aus China, New York und natürlich Frankfurt kommen. Das Aktiendepot dieses Kunden wird in Monaco geführt, sein Girokonto kommt von einer Nischenbank in Irland.

Bankprodukte können auch mit anderen Produkten verknüpft und individuell zugeschnitten werden. Diese Entwicklung hat auch bei der Dresdner Bank bereits begonnen: Unsere Kunden können online auf viele Versicherungsprodukte der Allianz-Gruppe zugreifen sowie Angebote zahlreicher bankfremder Kooperationspartner nutzen - etwa von Soft- und Hardwareanbietern, Providern oder auch Reiseanbietern. Solche Entwicklungen sind nahezu für alle Arten von Finanzdienstleistungen und ergänzenden Angeboten denkbar. Hier entstehen möglicherweise ganz neue Produkt- und Konsumwelten rund um die Bank und maßgeschneidert für jeden einzelnen Kunden. Und das Web 2.0 wird möglich machen, dass - siehe "Kredit-Ebay" - die Kunden selbst Angebote gestalten.

Online Banking ist nicht alles Allerdings werden heute auch die Grenzen des Online Banking deutlich. Bereits in den vergangenen Jahren sind Direktbanken dazu übergangen, neben dem Onlinevertriebskanal auch in Filialen Finanzdienstleistungen anzubieten.

Während für einfache und standardisierte Produkte Online Banking kaum mehr wegzudenken ist, sind bei komplexen Finanzfragen dem Online-Geschäft Grenzen gesetzt. Zumindest als vollwertigem Vertrieb: Hochkomplexe Finanzierungen, eine weltweite Anlagediversifikation und entsprechende Absicherungsstrategie, aber auch schon eine Altersvorsorge fürs ganze Leben oder eine hochindividuelle Baufinanzierung für 30 Jahre können nur bedingt online gehen.

Das ist keine Frage von Sicherheit, sondern von Vertrauen: Weil komplexe Entscheidungen von großer Tragweite im Leben Vertrauensthemen sind. Virtuell aber lässt sich Vertrauen nicht im gleichen Maße aufbauen wie in der realen Welt - Vertrauen ist eine Angelegenheit zwischen Menschen. Und genau hier verläuft die klare Grenze zwischen den beiden Welten.

Da unterscheidet sich das Banking kaum von der Medizin: Heute sind technisch sogar schwierigste mikrochirurgische Eingriffe via Internet möglich. Ein Chirurg kann viele Tausend Kilometer vom Operationssaal entfernt sein - und doch eine perfekte Operation durchführen. Er steuert seine Instrumente über einen Computer, der die Signale via Internet an den entsprechenden Computer im OP schickt. Aber - und darauf kommt es an - niemand würde sich unters Messer legen, wenn er vorher keine Vertrauensbasis zu dem behandelnden Arzt aufgebaut hat oder dieser ihm als Spezialist empfohlen wurde. Das ist nicht zuletzt deshalb so, weil es nur dann für den Patienten ein erkennbares Gegenüber gibt, das Verantwortung übernimmt.

In einer ähnlichen Situation sind die Banken. Auch komplexe Produkte können online vertrieben werden. Aber nur dann, wenn zuvor die entscheidenden Punkte bedacht und abgewogen sind - durch den persönlichen Kontakt.

Die Rolle des Beraters hat sich allerdings durch die Online Welt auch verändert. Sein Wettbewerbsvorteil ist nicht der exklusive Zugang zu Informationen. Er fungiert vielmehr angesichts der für den Kunden verwirrenden Vielfalt von Informationen zunehmend als Filter und Navigator.

Ohne eine wirkliche und umfassende Beratung kann es gerade in Finanzangelegenheiten schnell zu Fehlentscheidungen kommen. Guter Rat ist allerdings auch teurer als die abstrakte Information im Internet. Eine gute Beratung rechtfertigt die höheren Kosten aber durch das bessere wirtschaftliche Ergebnis für den Kunden. Opportunitätspreise für Dispositionsfehler werden oft in ihrer Tragweite unterschätzt. Was noch schlimmer ist: Sie sind nur schwer zu korrigieren!

Quelle: Bankenverband

 

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