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Erbschaftssteuerreform: Bericht vom Steuerexperten Dr. Christian Rödl

Nürnberg, 04.01.2008 11:25 Uhr (Dr. Christian Rödl)

Der Regierungsentwurf für die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer führt zu einer schwerwiegenden Benachteiligung von Betriebsaufspaltungen. Dies ergeben Modellrechnungen der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner.

Betroffen sind vor allem Familienunternehmen, die aus wirtschaftlichen Gründen mittels einer Betriebsaufspaltung Grundstücke und Immobilien in einer eigenen Gesellschaft halten und diese an das Unternehmen vermieten. Der Gesetzgeber begründet den geplanten Eingriff mit dem Ziel, die Erschleichung von Steuervergünstigungen auf das Privatvermögen durch Einbringung von Immobilienbesitz in das Betriebsvermögen zu verhindern.

„Sinnvolle Betriebsaufspaltungen werden zukünftig von den ohnehin eingeschränkten Begünstigungen für Betriebsvermögen ausgenommen, weil sie in der Regel mehr als 50 Pro-zent Verwaltungsvermögen umfassen. Die Unternehmer werden für wirtschaftlich richtiges Handeln im Erbfall steuerlich bestraft“, erklärt Dr. Christian Rödl, Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner. „Das kann nicht so gewollt sein. Was wirtschaftlich und steuerlich als Betriebsvermögen gilt, wird erbschaftsteuerlich als Verwaltungsvermögen behandelt. Hier besteht dringender Korrekturbedarf vor Inkrafttreten der Erbschaftsteuerreform. Wir gehen davon aus, dass bis zu ein Drittel der deutschen Familienunternehmen von der Regelung betroffen sind.“

„Wer eine unnötige steuerliche Mehrbelastung bei der Unternehmensnachfolge verhindern möchte, sollte jetzt schnell handeln“, betont die Steuerrechtsexpertin Carola Seifried. Denn bleibt der Gesetzgeber bei der derzeitigen Vorlage, werden an das Unternehmen vermietete Immobilien höher bewertet und dann zum Höchstsatz der Erbschaftsteuer unterzogen. „Erben von Betriebsvermögen werden schon mit der wirklichkeitsfremden Behaltefrist von 15 Jahren belastet. Die Benachteiligung von Betriebsaufspaltungen stellt das Ziel, die Unternehmensnachfolge zu erleichtern, in Frage.“

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn die betrieblich genutzten Grundstücke nicht in der operativ tätigen Gesellschaft selbst gehalten werden, sondern im eigenen Vermögen eines Gesellschafters oder in einer anderen Gesellschaft. Diese Konstruktion, die insbesondere aus haftungsrechtlichen Gründen beliebt ist, verhindert jedoch nicht, dass die Betriebsgrundstücke ertragsteuerliches Betriebsvermögen darstellen. Als solches waren sie bisher von der Begünstigung für Betriebsvermögen mit umfasst. In Zukunft soll dies jedoch in vielen Fällen nicht mehr möglich sein.

Eine Begünstigung soll künftig nur noch dann erfolgen, wenn der Übergeber sich aufgrund seiner Stimmrechte sowohl in der grundstückshaltenden Gesellschaft als auch in der operativ tätigen Gesellschaft durchsetzen kann. Dem Wortlaut des Gesetzentwurfs kann außerdem entnommen werden, dass diese Position auch auf den Erwerber übergehen muss.

Diese Regelungen sind so eng gefasst, dass in zahlreichen Fallkonstellationen eine Begünstigung der Betriebsgrundstücke nicht mehr möglich sein wird:

Beispiel 1: An einer Familiengesellschaft sind in der zweiten Generation drei Geschwister zu je ein Drittel beteiligt. Neben dieser operativ tätigen Gesellschaft gibt es eine Vermietungsgesellschaft mit gleichen Beteiligungsverhältnissen, in der sich die betrieblich genutzten Grundstücke befinden. Diese werden an die operativ tätige Gesellschaft überlassen. Nach derzeit noch geltender Rechtslage sind die Anteile an der Vermietungsgesellschaft ertragsteuerliches Betriebsvermögen und erbschaft- und schenkungsteuerlich begünstigtes Betriebsvermögen. Künftig sollen diese Anteile bei einer Schenkung oder im Erbfall wie Privatvermögen besteuert werden, da keiner der drei Geschwister eine Mehrheit der Anteile hat, die er übertragen könnte. Die anstehende Höherbewertung von Immobilien wird die anfallende Erbschaft- und Schenkungsteuer für diese Anteile noch zusätzlich erhöhen.

Beispiel 2: Ein Vater möchte seinem im Unternehmen tätigen Sohn in einem ersten Schritt nur eine Minderheitsbeteiligung in seiner operativ tätigen Gesellschaft und auch in seiner Vermietungsgesellschaft einräumen. Nach derzeitiger Rechtslage wäre auch die Übertragung eines Minderheitsanteils an der Besitzgesellschaft begünstigt. Künftig soll auch hier eine Besteuerung ohne Begünstigung erfolgen.

Beispiel 3: Ein Vater möchte seine Anteile an seiner operativ tätigen Kapitalgesellschaft aber auch an seiner Vermietungsgesellschaft seinen beiden Kindern je zur Hälfte zukommen lassen. Da keinem Kind eine Mehrheitsbeteiligung eingeräumt wird, kann dem Wortlaut des derzeit vorliegenden Gesetzentwurfs entnommen werden, dass keine Begünstigung der Anteile an der Vermietungsgesellschaft mehr erfolgt. Würde dagegen ein Kind 51 % der Anteile an beiden Gesellschaften erhalten, das andere Kind 49 %, wäre eine Begünstigung für das höher bedachte Kind möglich. Obwohl beide Kinder Anteile an derselben Gesellschaft erhalten, erhält nun das eine Kind begünstigtes Betriebsvermögen, das andere Kind hoch belastetes Privatvermögen.

Die Beispiele zeigen, dass die im Gesetzentwurf enthaltene Regelung für Betriebsaufspaltungen viel zu eng gefasst ist. Vor dem Hintergrund, dass Betriebsaufspaltungen bereits durch die Unternehmensteuerreform 2008 durch eine doppelte Erfassung von Mietzahlungen mit einer höheren Gewerbesteuer belastet wurden, wird diese im Mittelstand weit verbreitete Gestaltung zunehmend unattraktiv. In der Praxis wird dies viele Unternehmen zu wirtschaftlich unsinnigem Verhalten zwingen, um der drohenden Steuerlast zu entgehen.

Autorenkontakt:
Dr. Christian Rödl LL.M., Rechtsanwalt, Steuerberater, Geschäftsführender Partner
Tel.: +49 (9 11) 91 93-10 00, E-Mail: christian.roedl@roedl.de

 

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