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Quo vadis Börse - Wirtschaftsexperten sehen Aufschwung trotz Kursrutsch intakt

Berlin/Frankfurt am Main, 22.01.2008 10:04 Uhr (redaktion)

Ungeachtet des dramatischen Kurseinbruchs an den Aktienmärkten sehen Ökonomen und Regierung den Aufschwung noch nicht gefährdet.

Ich würde das nicht dramatisieren, sondern von einer Normalisierung sprechen", sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger am Montag zu Reuters. "Der Dax notiert immer noch höher als zu Beginn des vergangenen Jahres." Schocks wie der starke Euro, hohe Ölpreise und die Finanzmarktkrise seien bislang überraschend gut weggesteckt worden. Bofinger bekräftigte die Prognose des Sachverständigenrates, wonach das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 1,9 Prozent wachsen werde.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte, der Aufschwung sei nach wie vor intakt: "Es gibt in Deutschland keinen Grund zur Sorge". Der Kursrutsch sei auch eine Reaktion auf die Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten. Der Leitindex Dax brach bei extrem hohem Handelsvolumen um bis zu 7,6 Prozent auf 6762 Punkte ein. Dies ist der größte Tagesverlust seit den Anschlägen vom 11. September 2001. "Das Gros der Unternehmen bilden nicht die börsennotierten Konzerne, sondern der Mittelstand", sagte der Finanzmarktexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Manfred Jäger. "Und der hat heute gar nichts verloren."

Die Bundesregierung geht wie die meisten Ökonomen und Institute von einem schwächeren Wachstum in diesem Jahr aus. Im Jahreswirtschaftsbericht rechne sie mit einem Plus von 1,7 Prozent nach 2,5 Prozent im vergangenen Jahr, erfuhr Reuters aus Regierungskreisen. Das Wirtschaftskabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe den Bericht ohne große Änderungen gebilligt. Bei der Arbeitslosenzahl werde ein Rückgang um 330.000 auf durchschnittlich 3,45 Millionen erwartet.

Auch deshalb sehen die meisten Experten den privaten Konsum in der Rolle der Konjunkturlokomotive. "Der Börsenrutsch belastet den Konsum nicht, weil der Aktienbesitz in Deutschland weit weniger verbreitet ist als etwa in den USA oder Großbritannien", sagte Jäger. Die Konjunktursorgen hätten die Finanzmärkte erreicht, aber noch nicht die privaten Haushalte.

Eine Gefahr für den Aufschwung sieht das IW dann, wenn Firmenwerte auf Dauer vernichtet werden. "Wenn Eigenkapital schrumpft, steigen auch die Kreditkosten", sagte Jäger. Dadurch könnten Investitionen verhindert werden, zumal die Banken wegen der Finanzkrise ohnehin vorsichtiger geworden seien bei der Vergabe von Darlehen. Die Dax-Unternehmen büßten am Montag in der Spitze 67,4 Milliarden Euro an Börsenwert ein.

Die Unternehmen sind dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge für schlechtere Zeiten gut gerüstet. "Die Jahre der Lohnzurückhaltung haben die Kostensituation verbessert", sagte DIW-Konjunkturexperte Christian Dreger. "Dadurch sind sie besser gewappnet, um mit einer Krise fertig zu werden."

Eine Belastung für die Konjunktur befürchtet das Münchner Ifo-Institut bei einem kräftigen Abschwung in den USA. "Sollte es zu einer starken Rezession kommen, dann kämen wir nicht ungeschoren davon", sagte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. "Dann werden die Schockwellen des Erdbebens in Deutschland zu spüren sein." Noch halte er es aber nicht für zwingend, dass die USA in eine Rezession hineinrutschen. Geht das Wachstum in den USA um ein Prozent zurück, wird es im Euro-Raum nach einer DIW-Prognose um etwa 0,2 Prozent schrumpfen.

 

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