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Vorratsdatenspeicherung: Bundesverfassungsgericht schränkt Massenspeicherung ein

Berlin/Karlsruhe, 19.03.2008 16:58 Uhr (redaktion)

Per Eilentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht das strittige Gesetz zur Massenspeicherung von Telefonverbindungsdaten vorerst stark eingeschränkt.

Nach einem Beschluss der Karlsruher Richter bleibt die Speicherung der Daten zwar an sich zulässig, doch dürfen die Daten vorerst nur zur Verfolgung schwerer Straftaten genutzt werden. Dem von etwa 30.000 Bürgern unterstützten Eilantrag gaben die Verfassunghüter damit teilweise statt.

Mit der Entscheidung grenzte das Gericht den Spielraum für den Abruf von Verbindungsdaten aus Festnetz- und Handyanschlüssen durch die Ermittlungsbehörden vorerst erheblich ein. Der Staat darf demnach nur auf Verbindungsdaten zugreifen, wenn eine im Einzelfall schwerwiegende Straftat vorliegt. Der Verdacht muss zudem durch Tatsachen begründet und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder gar aussichtslos sein. Einen Datenabruf bei anderen Straftaten wie etwa dem illegalen Herunterladen von Musik oder Filmen schlossen die Richter vorerst aus.

Die Verfassungsrichter erlegten der Bundesregierung auf, bis zum 1. September einen Bericht über die praktischen Folgen der Datenspeicherung und die Zahl der Ermittlungsverfahren mit Datenabruf vorzulegen. Allein im Jahr 2005 hatten dem Gericht zufolge die Behörden mehr als 40.000 Verbindungsdaten abgerufen, die Telekommunikationsanbieter zu Abrechnungszwecken gespeichert hatten. Auf Grundlage des Berichts wollen die Richter dann entscheiden, ob und wie die einstweilige Anordnung gegebenenfalls verlängert werden kann. Mit dem Beginn der Hauptverhandlung ist deshalb vermutlich nicht vor Jahresende zu rechnen.

Die Datenspeicherung an sich bleibt vorerst weiter zulässig. Nicht das Speichern selbst, sondern erst der Abruf der Daten sei ein "schwerwiegender Eingriff" in die Freiheit der Bürger, heißt es in der einstweiligen Anordnung. Würde andererseits jeder Datenabruf vorerst verboten, wäre den Behörden ein "effektives Instrument" zur Ermittlung von Straftätern genommen, argumentierten die Richter.

Die Verfassungshüter hoben zudem hervor, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung der Regelung aus europäischem in nationales Recht über die "zwingenden Vorgaben" aus Brüssel hinausgegangen sei.

Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ist derzeit eine Nichtigkeitsklage Irlands gegen die Europanorm zur Vorratsdatenspeicherung anhängig. Es ist deshalb möglich, dass die Verfassungshüter das Urteil ihrer Luxemburger Kollegen abwarten werden, bevor sie im aktuellen Fall endgültig entscheiden werden.

(Quelle:AFP)

 

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