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Skandal-Göttinger-Gruppe: Anwälte kämpfen sogar gegen Insolvenzrichter

Göttingen/Siegburg, 01.04.2008 16:09 Uhr (redaktion)

Securenta Göttinger Immobilien und Vermögensmanagement AG: Dimensionen der größten Anlegerpleite in Deutschland - Gläubigertreffen in Göttingen. Verzweifelt kämpfen Anleger in Gläubigerversammlungen um eine möglichst hohe Konkursquote, auch gegen den Insolvenzrichter und den Insolvenzverwalter.

Wie es bei der Gläubigerversammlung in Göttingen zuging, erklären die Rechtsanwälte Göddecke aus Siegburg sehr lebhaft. Stimmungsgeladen ging es im Saal A132 des Göttinger Insolvenzgerichts zu, nachdem der Insolvenzverwalter Peter Knöpfel, Hamburg, seinen Bericht über die desolate Geschäftspolitik des Managements der Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG abgegeben hatte.

Es dürfte sich bei der Securenta-Pleite um den größten Anlageskandal der Nachkriegszeit handeln. Die Gesellschaft hatte 2,4 Milliarden Euro Beteiligungskapital eingesammelt und weit mehr als 100.000 Anleger mit ihren unseriösen Finanzprodukten geködert. Fast die Hälfte des eingezahlten Geldes in Höhe von rund 900.000.000 Euro ging nach Aussage des Insolvenzverwalters in Vertriebskosten auf. Bereits seit 2004, so Knöpfel, lebte man von der Hand in den Mund. Das einzige werthaltige Unternehmen, die Gutingia Lebensversicherung AG, wurde verkauft, um die Löcher im Konzern zu stopfen.

Der Insolvenzverwalter Knöpfel musste auf direkte Frage von Rechtsanwalt Christian Thum, Ottweiler, der bereits viele Anleger erfolgreich vertreten hat, einräumen, dass er nach wie vor Gelder von Ratensparern einzieht, wenn deren Einzugsermächtigung nicht widerrufen wurde. Er war nicht bereit zu erklären, ob er die Anleger mit Nachschusspflichten überziehen wird oder nicht.

Ein Großteil der anwesenden Gläubiger war der Meinung, dass es sinnvoll sei, die Aufräumarbeiten dieses Anlagedebakels nur einem Insolvenzverwalter zu überlassen. Rechtsanwalt Hartmut Göddecke, Siegburg, beantragte die Neuwahl des Insolvenzverwalters. Zu seinem Antrag, das Insolvenzverfahren dem bereits im Parallelverfahren der Göttinger Gruppe Vermögens und Finanzholding GmbH & Co. KG a. A. eingesetzten Verwalter, Rechtsanwalt Prof. Rolf Rattunde, Berlin, zu überlassen, verweigerte das Gericht die Mitteilung des so wörtlich „ungefähren“ Abstimmungsergebnisses.

Das hatte einen Befangenheitsantrag gegen den Insolvenzrichter Ulrich Schmerbach zur Folge, über den das Gericht noch entscheiden wird.

Gestritten wurde in der Versammlung über die Stimmrechte der Anleger, denn sowohl das Finanzamt als auch die Deutsche Bank bestritten deren Stimmrecht. Umgekehrt wurden die Stimmrechte des Finanzamtes durch einige Anlegeranwälte bestritten. Vollkommen unklar sei, wieso überhaupt Steuerforderungen entstanden sein können, wenn in erheblichen Maße Defizite produziert wurden. Eine Einigung über die Stimmrechte kam nicht zustande.

Daher wurde die Sitzung auf den 13.05.2008 vertragt.

Genehmigt wurde von der Versammlung hingegen die Immobilienveräußerungen im Paketverkauf des Insolvenzverwalters Knöpfel mit einem Wert von 37 Millionen Euro im freihändigen Verkauf, da in Zwangsversteigerungen der Einzelobjekte nur niedrigere Werte zu erzielen gewesen wären. Die Immobilien sind in sehr schlechtem Zustand und vorrangig durch Bankenrechte belastet, so dass auch hier keine großen Einnahmen für die Insolvenzmasse zu erwarten sind.

Anleger können ihre Forderungen nach wie vor zur Insolvenzmasse anmelden. Hierzu meint Rechtsanwalt Thum: „Alle getäuschten Anleger der Securenta AG sollten ihre Ansprüche unbedingt anmelden. Nur so können sie sicherstellen, dass nicht Großgläubiger sich allein aus der Insolvenzmasse bedienen, wie hoch auch immer die Quote sein mag.“

Göddecke setzt sich ebenfalls für die Anleger ein: „Die Anleger haben voll gültige Forderungen“. Er widerspricht der Ansicht des bisherigen Insolvenzverwalters Knöpfel, wonach die Forderungen der Anleger nur nachrangig seien.

Auch Rechtsanwalt Markolf Schmidt, Göttingen, ebenfalls lange Jahre in der Vertretung von Anlegern erfolgreich, ist gegen die Auffassung des Insolvenzverwalters: „Selbstverständlich können die geschädigten Anleger ihre Forderungen genauso geltend machen wie andere Gläubiger auch. Sollte der Insolvenzverwalter die Nachschusspflichten geltend machen, sollten sich die Anleger hiergegen zur Wehr setzen“.

Über Kanzlei Göddecke:
Die Kanzlei Göddecke hat sich auf die Durchsetzung von Anlegerinteressen in allen Bereichen des Bank- und Kapitalanlagerechts spezialisiert und blickt auf eine über zwölfjährige erfolgreiche Arbeit zurück. Sie betreut unter anderem Fälle des gesamten Bank-, Börsen- und Wertpapierrechts, des weißen und grauen Kapitalanlagemarktes sowie Fragen zur Vermögensverwaltung einschließlich der damit zusammenhängenden Fragen dazugehöriger Rechtsgebiete.

Kontakt: Auf dem Seidenberg 5 D -53721 Siegburg Telefon: 02241-17 33 0

 

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