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These oder Tatsache: Autos so lange wie möglich zu fahren ist zu teuer

Stuttgart/Leipzig, 04.04.2008 16:03 Uhr (redaktion)

Viele Autofahrer glauben viel Geld zu sparen, wenn sie ihr Auto möglichst lange fahren. Eine Kostenanalyse von DEKRA hat überraschende Ergebnisse erbracht. Danach ist es mitunter ein teures Vergnügen, ein Auto bis zur Verschrottung zu fahren.

Der Dekra-Bericht:
Autofahrer, die zu spät auf ein jüngeres Fahrzeug umsteigen, müssen hohe Reparatur- und Wartungskosten in Kauf nehmen, die aber zumeist bei der Betrachtung der Betriebskosten vernachlässigt werden. Auch die Einführung von Umweltzonen in zahlreichen Regionen Deutschlands hat Auswirkungen: Eine ganze Reihe von älteren Autos werden aufgrund fehlender Abgasreinigungssysteme oder relativ teurer Nachrüstung für deren Halter schnell unwirtschaftlich. Zudem schlägt die fehlende Ausstattung mit Sicherheits- und Komfortelektronik in der Gesamtbetrachtung negativ zu Buche.

Dem DEKRA Kostenvergleich von neuen, jungen und alten Pkw zufolge bietet der Umstieg von einem alten Auto (8 Jahre) auf einen jungen Gebrauchten (4 Jahre) bei Kleinwagen, Kompaktautos und Vans Kostenvorteile. Bei Kleinwagen ist das sogar beim Wechsel auf einen Neuwagen der Fall. Bei Kompakten und Vans ist der Neuwagen für einen Aufpreis von im Schnitt 48 bzw. 99 Euro pro Monat zu haben. Auch in der Mittelklasse und der Oberen Mittelklasse empfiehlt sich ein Wechsel von Alt auf Jung für einen moderaten Aufpreis von durchschnittlich 22 bzw. 57 Euro pro Monat. In der Mittelklasse und bei Vans ist mit 109 bzw. 98 Euro Mehrkosten pro Monat auch der Schritt zum Neuwagen nicht weit.

„Somit könnten viele Autofahrer zu ähnlichen Kosten wie bei einem Altfahrzeug oder zu einem überschaubaren Aufschlag den höheren Sicherheitsstandard, das optimierte Umweltverhalten und den verbesserten Komfort eines jungen Gebrauchten oder sogar eines Neuwagens genießen“, sagte Dr. Gerd Neumann, Mitglied der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH, beim traditionellen DEKRA Pressefrühstück auf der Automobil Messe International (AMI) in Leipzig.

Dr. Neumann weiter: „Die Zahlen zeigen klar, dass es wenig Sinn macht, ein Auto möglichst lange zu fahren. Wirtschaftlicher ist es, rechtzeitig auf einen jungen Gebrauchten oder einen Neuwagen umzusteigen. Zudem verzichtet der Fahrer auf den lebensrettenden Sicherheitsstandard moderner Fahrzeuge, wie zum Beispiel Schleuderschutz ESP oder optimierte Fahrgastzellen. Auf einen Nenner gebracht: Wer sein Auto zu lange fährt, schadet der Umwelt, gefährdet sich und andere Verkehrsteilnehmer und belastet oft noch unnötig seinen Geldbeutel.“

In den vergangenen Jahren ist der Fahrzeugbestand in Deutschland immer älter geworden. Nach Berechnungen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) erreichte das Durchschnittsalter von Pkw am 1.1.2007 mit 8,1 Jahren einen neuen Höchststand. Erst nach durchschnittlich 12,0 Jahren (Stand: 1.1.2007) wandern Autos auf den Schrottplatz oder ins Ausland. Rechnet man mit spitzer Feder, also unter Berücksichtigung der Fixkosten (Anschaffungspreis, Wertverlust, Steuer und Versicherung), der variablen Kosten (Kraftstoff, Reparatur-, Wartungs- und Pflegekosten), der Nutzungsdauer (vier Jahre, 15.600 Kilometer/Jahr) und auf der Basis von marktüblichen Preisen für Neu- und Gebrauchtwagen, bleibt vom vermeintlichen Kostenvorteil älterer Auto in den meisten Fällen nicht viel übrig.

Bei jungen Kleinwagen zum Beispiel liegen die Betriebskosten mit 43,91 Cent pro Kilometer bei einem vier Jahre alten Fahrzeug deutlich unter denen der alten Autos (acht Jahre) mit 47,87 Cent pro Kilometer. Damit sparen die Fahrer der jungen Autos im Vergleich zu den älteren immerhin 618,28 Euro pro Jahr. Weiteres überraschendes Ergebnis: die Betriebskosten für einen alten Kleinwagen (acht Jahre) liegen sogar noch leicht über dem Niveau der Neuwagen mit 46,12 Ct/km, so dass der Fahrer eines Neuwagens pro Jahr 273,52 Euro weniger zahlt als der Fahrer des Altautos und zugleich den „Luxus“ eines fabrikneuen Autos erhält, das in punkto Sicherheitstechnik, Umweltschutz und Komfort auf dem absolut neuesten Stand ist.

Auch in der Kompaktklasse ist der junge Gebrauchte mit 49,24 Cent pro Kilometer in Sachen Wirtschaftlichkeit erste Wahl. Auch hier muss der Fahrer des Altfahrzeugs (50,62 Ct/km) für den niedrigeren Standard bei Sicherheit, Umwelteigenschaften und Komfort gegenüber dem vier Jahre jüngeren Gebrauchten noch 215,28 Euro pro Jahr mehr ausgeben. Wer noch einmal 47,49 Euro pro Monat drauflegt, kann sich bereits einen Neuwagen mit modernster Technik bei Sicherheit, Umwelt und Komfort leisten. Lediglich die Fahrer alter Autos in der Kompaktklasse, die komplett auf Reparatur und Wartung (7,09 Ct/km) verzichten würden und sich eine Kaskoversicherung sparen (6,72 Ct/km), fahren mit 36,81 Ct/km deutlich günstiger – allerdings auf Kosten der Sicherheit und auch der Umwelt.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Vans: Hier ist der junge Gebrauchte mit 56,11 Ct/km um 519,48 Euro pro Jahr günstiger als das Altfahrzeug mit Kilometerkosten von 59,44 Cent. Der Neuwagen ist hier für einen monatlichen Aufschlag von knapp hundert Euro (98,41 Euro) zu haben.

In der Mittelklasse sind die Gesamtkosten der alten Autos (acht Jahre) mit 57,59 Ct/km niedriger als die jungen Gebrauchten (59,30 Ct/km), allerdings beträgt der Kostenvorteil lediglich 266,76 Euro pro Jahr oder 22,23 Euro pro Monat. Der Sprung zum Neuwagen ist mit 1.313,52 Euro pro Jahr oder 109,46 Euro pro Monat immer noch eine Überlegung wert.

Selbst in der Oberen Mittelklasse, also im Revier von Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse, fallen die Unterschiede bei den Gesamtkosten zwischen alten Fahrzeugen (72,80 Ct/km) und jungen Gebrauchten (77,16 Ct/km) noch recht übersichtlich aus: Für 680,16 Euro jährlich oder 56,68 Euro pro Monat mehr kann der Autofahrer die jüngere Variante fahren. Der Aufpreis fürs Neufahrzeug (89,01 Ct/km) liegt hier allerdings bei 210,73 Euro pro Monat.

Höheres Unfallrisiko in älteren Autos
Unter Sicherheitsaspekten ist ein rechtzeitiger Umstieg auf ein junges Fahrzeug auf jeden Fall ratsam. Einer DEKRA Studie zufolge steigt das Gefährdungsrisiko bei Fahrzeugen mit zunehmendem Alter drastisch an. Die Auswertung von 6.000 Unfallgutachten zeigt bei neun bis elf Jahre alten Pkw ein dreimal so hohes Gefährdungspotenzial wie bei bis drei Jahre alten Autos. Die periodische Hauptuntersuchung (HU) führt zu ähnlichen Ergebnissen. Im Jahr 2006 stieg die Mängelquote von 16,4 Prozent bei den dreijährigen Fahrzeugen auf 66,9 Prozent bei den über neun Jahre alten Fahrzeugen. Bei der Verkehrssicherheitsaktion SafetyCheck 2007, zu der die Autos von rund 14.000 jungen Fahrern auf freiwilliger Basis und unvorbereitet untersucht wurden, lag die Mängelquote bei Fahrzeugen über acht Jahren bei nahezu 80 Prozent. Sicherheitsrelevante Bauteile wie Bremsen, Fahrwerk und Beleuchtung waren hier überdurchschnittlich oft betroffen.

In neuen Fahrzeugen steht dem Autofahrer zudem die neueste Sicherheitstechnik zur Verfügung. Lag der Ausstattungsgrad von Pkw mit dem Schleuderschutz ESP laut Bosch im Jahr 2001 bei 48 Prozent, so sind es im Jahrgang 2006 nahezu 77 Prozent. Darüber hinaus hat auch die Abgas- und Motorentechnik im letzten Jahrzehnt erhebliche Fortschritte gemacht, wie die Entwicklung zur Verbesserung der Abgasgrenzwerte von Euro 1 (1992/93) bis zu Euro 5 (2009) belegt.

Für kostenbewusste Autokäufer sind vor allem Jahreswagen, Tageszulassungen und junge Gebrauchte eine lohnende Alternative zum Neuwagen. Diese Autos besitzen einen hohen Sicherheitsstandard und eine günstige Abgaseinstufung annähernd dem Niveau von Neuwagen. Sie haben den hohen Wertverlust zu Beginn des Autolebens teilweise bereits hinter sich und sind deshalb in der Anschaffung deutlich günstiger als ein neues Automobil. Laut Schwacke Automobilindex liegt der Restwert von zweijährigen Autos der unteren Mittelklasse mit 35.000 Kilometern rund 30 bis 35 Prozent unter dem Neuwert.

Die Experten der DEKRA Wirtschaftlichkeitsberechnungen weisen jedoch darauf hin, dass unabhängig von den Ergebnissen der vorliegenden Kostenanalyse jeder Autofahrer seine persönliche Situation beim Autokauf genau analysieren muss, um die für ihn preisgünstigste Variante zu wählen. So wirkt sich der Kauf eines Autos mit geringem Wertverlust, wie zum Beispiel dem Mini von BMW, günstig auf die Kostenbilanz aus. Wer seine Fahrzeugkosten optimieren will, muss aber auch auf die teils erheblichen Unterschiede bei Schadenfreiheitsrabatt und Typklasseneinstufung sowie auf Kleinigkeiten wie die Klasse der Feinstaubplakette achten, betonen die Experten von DEKRA. Bei einem neuen Opel Astra zum Beispiel sind die jährlichen Versicherungskosten um mehr als 200 Euro geringer als bei einem jungen Gebrauchten.

 

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