Finanzen Markt & Meinungen Startseite

 

Finanztipp Besteuerung: Indexzertifikate mit garantierter Mindestrückzahlung

Nürnberg, 07.04.2008 18:49 Uhr (Ellen Ashauer-Moll)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 4. Dezember 2007 (Az.: VIII R 53/05) entschieden, dass Indexzertifikate mit einer nur teilweise garantierten Kapitalrückzahlung auch nur anteilig steuerpflichtig sind.

Gemäß dem Urteil ist der Überschuss aus der Veräußerung von Indexzertifikaten, die eine garantierte Mindestrückzahlung haben, nur hinsichtlich desjenigen Teils steuerbar und steuerpflichtig, der dieser garantierten Mindestrückzahlung entspricht. Für den Teil des eingesetzten Kapitals, der über der garantierten Rückzahlung liegt, trägt der Inhaber der Indexzertifikate das Risiko eines Kapitalverlusts bei einer ungünstigen Kursentwicklung. Deshalb ist dieser Risikobereich weder steuerbar noch steuerpflichtig.

Der BFH hat im konkreten Fall über die steuerliche Behandlung von an der Börse notierten und frei handelbaren Euro-Zertifikaten entschieden. Die Zertifikate im Nominalwert von 1.000 US-Dollar waren mit einer garantierten Mindestrückzahlung von 100 US-Dollar je Zertifikat ausgestattet. Diese garantierte Kapitalrückzahlung führte dazu, dass bei Veräußerung der Zertifikate vor Fälligkeit ein steuerpflichtiger Kapitalertrag entstanden ist. Die Höhe des steuerpflichtigen Anteils des erzielten Überschusses richtet sich gemäß BFH-Urteil nach dem Verhältnis von Mindestrückzahlung und Risikobereich, und beträgt 10 Prozent des Gewinns aus der Veräußerung der Euro-Zertifikate.

Auswirkung der neuen BFH-Rechtsprechung
In der Praxis ist dieses Urteil für Sie als privater Anleger von großer Bedeutung. Bisher wurden Einnahmen aus der Veräußerung oder Einlösung unabhängig von der Höhe der Kapitalgarantie – als voll steuerpflichtige Kapitalerträge behandelt. Im Gegenzug dazu konnten Sie die Verluste aus diesen Wertpapieren auch in voller Höhe geltend machen.

Aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung ist in Zukunft zwischen Indexzertifikaten mit voller Kapitalgarantie und Indexzertifikaten mit garantierter Mindestrückzahlung zu unterscheiden. Während die Kursgewinne bei erstgenannten Zertifikaten auch in Zukunft voll steuerpflichtig sind, ist bei Indexzertifikaten mit garantierter Mindestrückzahlung nur der anteilige Kursgewinn steuerpflichtig. Dementsprechend dürfen Verluste aus Indexzertifikaten mit anteiliger Kapitalgarantie auch nur anteilig geltend gemacht werden. Wird das Zertifikat innerhalb der Jahresfrist ge- und verkauft, so ist zwar der als Finanzinnovation steuerpflichtige Anteil am Gewinn zu reduzieren. Ergänzend greift aber die Steuerpflicht des Spekulationsgewinns. Diese neue Rechtsprechung ist auf alle noch offenen Fälle, d. h. auf Einkommensteuerbescheide, die noch nicht bestandskräftig sind, anzuwenden.

Handlungsempfehlung für den Anleger
Erzielen Sie bei der Veräußerung oder Einlösung von Indexzertifikaten mit anteiliger Kapitalgarantie einen Gewinn außerhalb der Jahresfrist, so sollten Sie unter Bezug auf diese neue BFH-Rechtsprechung den geringeren anteiligen Gewinn ansetzen.

Entsteht bei der Veräußerung oder Einlösung der Indexzertifikate mit anteiliger Kapitalgarantie ein Verlust, so darf dieser nicht mehr in voller Höhe angesetzt werden. Für bereits erklärte Verluste, die steuermindernd geltend gemacht wurden, bleibt abzuwarten, ob das zuständige Finanzamt bei offenen Veranlagungen eine anteilige Minderung dieses Verlusts vornimmt.

Prüfen Sie jedoch auch, ob Gewinne oder Verluste im Rahmen der Jahresfrist als Spekulationsgewinn anzugeben sind, beziehungsweise ob Ihnen der Verlust als Spekulationsverlust doch in voller Höhe erhalten bleibt.

Indexzertifikate und Abgeltungsteuer
Mit Einführung der Abgeltungsteuer ab 1. Januar 2009 entfällt die einjährige Spekulationsfrist und Kursgewinne werden unabhängig von einer Haltedauer des Wertpapiers der Besteuerung unterworfen. Eine Unterscheidung von Finanzinnovationen und Spekulationspapieren ist damit nicht mehr notwendig. Diese Regelung gilt für Wertpapiere, die nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft werden. Für alle Wertpapiere, deren Anschaffung vor dem 1. Januar 2009 stattgefunden hat, gilt grundsätzlich ab 2009 Bestandsschutz. Ob dieser Bestandsschutz aber Anwendung findet auf Finanzinnovationen, die nun nach aktueller BFH-Rechtsprechung nur anteilig mit ihrem Veräußerungsgewinn als Ertrag steuerpflichtig sind, ist offen. Die Übergangsregelungen zur Einführung der Abgeltungsteuer sind dahingehend nicht eindeutig.

Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der Gewinn aus Indexzertifikaten mit einer anteiligen Kapitalgarantie, die vor dem 1. Januar 2009 angeschafft wurden, unter Umständen bei Verkauf oder Einlösung nach dem 31. Dezember 2008 nur anteilsmäßig besteuert wird – der restliche Gewinn ist bei Anwendung des Bestandsschutzes nach Ablauf der Jahresfrist steuerfrei. Nach Aussagen des Bundesfinanzministeriums wird über eine entsprechende gesetzliche Nachbesserung, gegebenenfalls zu Ungunsten der Anleger, nachgedacht. Dann wäre ein Gewinn bei Verkauf oder Einlösung ab 1. Januar 2009 voll steuerpflichtig, auch wenn das Zertifikat vor dem 1. Januar 2009 erworben wurde. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie auf dem Laufenden.

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin
+49 (9 41) 2 97 66-26

 

» Zur Startseite von Finanzen Markt & Meinungen