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Etatstreit: Merkel hält sich zurück - Streit mit Minister geht weiter

Berlin, 12.04.2008 10:48 Uhr (redaktion)

Über einen Sprecher stärkte sie zwar am Freitag Finanzminister Peer Steinbrück den Rücken, der mit einem Budgetdiktat gedroht hatte. Zugleich bekannte sie sich aber zu den von der Regierung beschlossenen Mehrausgaben für Forschung, Bildung, Verkehr, Wirtschaftsförderung und Entwicklungshilfe.

"Es wird kein Ziel aufgegeben." Während der offene Schlagabtausch der Ministerien weiterging, scharten sich die Haushälter der Koalition hinter Steinbrück. Am Ende muss der Bundestag den Etat beschließen.

Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, Merkel trete nachdrücklich dafür ein, dass die Koalition 2011 einen Etat ohne neue Schulden vorlege. Es sei Steinbrücks Aufgabe, dafür zu sorgen, dass nicht in der frühen Phase der Haushaltsgespräche Fehler passierten, die auf eine schiefe Bahn führten. Zugleich betonte Steg aber: "Grundsätzlich gilt, was die Bundesregierung beschlossen hat, das wollen wir umsetzen." Nun gehe es darum, die Regierungsbeschlüsse im Haushalt 2009 so umzusetzen, dass sie nicht im Konflikt mit dem Ziel der Budgetsanierung stünden.

Steinbrück sperrt sich allerdings gegen politische Gespräche mit den Ressorts Wirtschaft, Verkehr, Entwicklung und Forschung. Sein Sprecher Torsten Albig sagte, anders als die zwölf weiteren Ministerien hätten diese keine verhandlungsfähigen Vorschläge gemacht. Nach der Geschäftsordnung der Regierung kann Steinbrück seinen Kollegen Geld zuweisen. Das macht politisch aber keinen Sinn, weil das Kabinett am Ende seinen Budgetentwurf beschließen muss, der dann vom Bundestag als Gesetz beschlossen werden muss.

Albig sagte, bisher beharrten die vier Ministerien für 2009 auf 3,5 Milliarden Euro mehr. Bis zum Ende der Planungszeitraums 2012 wüchsen ihre Forderungen auf 20 Milliarden Euro an. Davon sei in den Haushaltsanmeldungen nicht ein Cent gegenfinanziert. Deshalb würden zunächst nur "technische" Gespräche geführt, etwa über die Folgen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst. Er zeigte sich aber gewiss, dass am Ende alle Ministerien auf den gemeinsamen Kurs der beschlossenen Finanzplanung einschwenkten.

Der Kabinettentwurf soll bis zum Sommer fertig werden. Steg sagte, die Kanzlerin wolle, dass in den nächsten Monaten "mit Ruhe und Bedacht" eine einvernehmliche Lösung gefunden werde.

Das Entwicklungsministerium, das seine Ausgaben bis 2012 um 31 Prozent steigern will, sieht sich jedoch nicht in der Lage, seine Ansprüche zu reduzieren. Schließlich habe das Kabinett beschlossen, die Entwicklungshilfe-Ausgaben bis 2010 von jetzt 0,37 auf 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern. Bildungsministerin Annette Schavan ließ erklären, sie stehe zum Regierungsziel, 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und Forschung auszugeben. Sie verlangt 19 Prozent mehr. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums erklärte, die Mehrforderung von 16,5 Prozent bleibe Verhandlungsbasis. Allein das Verkehrsministerium ließ Korrekturbereitschaft erkennen.

Am Rande seiner USA-Reise legte Steinbrück noch einmal nach. Die Forderungen der Ressorts seien "außer Rand und Band", sagte er dem Sender N24. Wirtschaftsminister Michael Glos warf ihm dagegen in der "Wirtschaftswoche" eine durchsichtige Aktion vor. Er lenke von der eigentlichen Aufgabe ab, in die großen Aufgabenblöcke für Personal und Soziales einzugreifen. Der Bund ist mittlerweile mit rund 960 Milliarden Euro verschuldet, dafür werden jedes Jahr mehr als 40 Milliarden Euro Zinsen fällig.

Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider signalisierte dem Finanzminister seine uneingeschränkte Unterstützung. Der Verringerung der Neuverschuldung müsse Vorrang eingeräumt werden, sagte er der "Frankfurter Rundschau". Der Vize-Chef der Unionsfraktion, Michael Meister, forderte die Regierung auf, Steinbrück zu unterstützen. Baden-Württembergs Finanzminister, Gerhard Stratthaus (CDU), sagte dem SWR, Steinbrück solle laut sagen, was notwendig ist: "Es geht um die Zukunft Deutschlands."

(reuters)

 

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