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OnVista AG: Beherrschungs-und Ergebnisabführungsvertrag wird nicht abgeschlossen

Köln, 16.04.2008 10:17 Uhr (redaktion)

Die Boursorama SA hat die OnVista AG darüber informiert, dass sie den beabsichtigten Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zwischen der Boursorama SA als herrschender Gesellschaft und der OnVista AG als beherrschter Gesellschaft nicht abschließen wird.

Vorstand und Aufsichtsrat der OnVista AG werden daher ihren in der Einberufung zur Hauptversammlung veröffentlichten Beschlussvorschlag, dem Abschluss des Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrags zuzustimmen, zurückziehen.

Hintergrund ist die am 13. März 2008 getroffene und in einer entsprechenden Ad-hoc-Mitteilung vom selben Tag gemeldete Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat der OnVista AG, der Hauptversammlung der OnVista AG vorzuschlagen, einem als Entwurfsfassung vorliegenden Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag zwischen der OnVista AG und ihrer Mehrheitsaktionärin, der Boursorama SA, zuzustimmen. Die Hauptversammlung ist für den 24. und gegebenenfalls 25. April 2008 einberufen worden. Der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag hätte zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung der OnVista AG bedurft.

Was ist ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag?

Eine der gebräuchlichsten gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen ist der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV). Er wird zum Teil auch als Unternehmensvertrag bezeichnet. Der BGAV ist in den §§ 291 ff. AktG geregelt.

Wie die Bezeichnung bereits verrät, enthält ein BGAV die Verpflichtung einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien („abhängiges Unternehmen“), die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen („herrschendes Unternehmen“) zu unterstellen und ihren gesamten Gewinn an dieses Unternehmen abzuführen. Meist handelt es sich bei dem Vertragspartner um den jeweiligen Großaktionär. Im Gegenzug ist dieser allerdings verpflichtet, etwaige Verluste zu übernehmen, die bei dem durch den BGAV gebundenen Unternehmen entstehen.

Durch den BGAV ist das herrschende Unternehmen berechtigt, dem abhängigen Unternehmen auch solche Weisungen zu erteilen, deren Umsetzung nicht in dessen Interesse liegen, jedoch für den Gesamtkonzern vorteilhaft sind. Gleichzeitig ist der Vorstand der abhängigen Gesellschaft davon befreit, einen sogenannten Abhängigkeitsbericht im Verhältnis zum herrschenden Unternehmen erstatten zu müssen.

Für die Minderheitsaktionäre der durch den BGAV gebundenen Gesellschaft ergeben sich erhebliche Nachteile. Zum einen entfällt der Dividendenanspruch, da der gesamte Jahresgewinn an die Obergesellschaft abgeführt werden muss. Zum anderen kann die Vermögenssubstanz ausgehöhlt werden, wenn die Obergesellschaft von ihrem umfassenden Weisungsrecht Gebrauch macht. Das Aktiengesetz sieht daher für die freien Aktionäre der abhängigen Gesellschaft eine Kompensation vor. Sie haben zum einen Anspruch auf eine Abfindung, die entweder in Aktien der Obergesellschaft oder in bar zu erbringen ist. Wer in der Gesellschaft bleiben möchte, kann sich für die sogenannte Ausgleichszahlung entscheiden, die an Stelle der Dividende tritt. Die Ausgleichszahlung wird entweder als Festbetrag definiert oder richtet sich nach den tatsächlichen Dividenden der Obergesellschaft.

Der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags muss in einer Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals formell beschlossen werden. Zur Vorbereitung auf die Hauptversammlung ist eine umfassende Information der Aktionäre erforderlich, insbesondere durch Vorlage des eigentlichen Unternehmensvertrags, der Geschäftsberichte der Vertragsbeteiligten für die letzten drei Geschäftsjahre sowie eines schriftlichen Berichts der Vorstände, der die wesentlichen Grundlagen der Bewertung enthält. Ferner findet eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer statt, über die schriftlich berichtet werden muß.

Wenn Aktionäre der abhängigen Gesellschaft mit der Höhe von Ausgleich oder Abfindung nicht einverstanden sind, können sie allein deswegen den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung nicht anfechten. Bewertungsrügen können jedoch im sog. Spruchverfahren geltend gemacht werden. Dieses läuft gewissermaßen im Hintergrund ab und behindert die Umsetzung des Unternehmensvertrags nicht.

 

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