Bonn/Frankfurt, 21.05.2008 18:39 Uhr (redaktion)
Der Vorsitzende Richter Christian Dittrich bekräftigte seine vorläufige Einschätzung, die pauschale Immobilienbewertung der Telekom sei rechtens gewesen.
Falls er bei seiner Auffassung bleibt, gerät ein zentraler Vorwurf der 16.000 Kläger in dem Musterprozess ins Wanken. Sie fühlen sich von Angaben der Telekom in den Börsenprospekten zur zweiten und dritten Aktienplatzierung getäuscht und verlangen Schadensersatz für ihre Kursverluste. Die Aktien waren für bis zu 66,50 Euro ausgegeben worden, später sank der Kurs auf weniger als zehn Euro. Die T-Aktionäre werfen dem Konzern unter anderem vor, die Immobilien in den Prospekten zu hoch und damit falsch bewertet zu haben. Die Grundstücke und Gebäude seien bewusst nicht einzeln angesetzt worden, sondern pauschal.
In den Zeugenvernehmungen geht es derzeit aber vor allem um den zweiten zentralen Vorwurf der Kläger: Den Kauf des US-Anbieters Voicestream, mit dem der Bonner Konzern auf dem amerikanischen Markt Fuß fasste. Die Aktionäre werfen der Telekom vor, die geplante 40 Milliarden Euro teure Übernahme im Prospekt verschwiegen zu haben. Der Konzern bestreitet, dass zu dem Zeitpunkt der Platzierung der dritten Aktientranche im Jahr 2000 bereits eine Entscheidung gefallen war. Bislang hat kein Zeuge die Anklage gestützt. Die bisher Vorgeladenen - unter ihnen die ehemaligen Konzernchefs Ron Sommer und Kai-Uwe Ricke - hatten die Konzernposition untermauert.
Zeuge Jürgen Herres steuerte am Dienstag keine Erkenntnisse bei. Er sei in die Entscheidung zum Kauf von Voicestream nicht einbezogen gewesen, sagte Herres, der den dritten Börsengang der Telekom vorbereitet hatte. Er habe erst durch einen Anruf nach dem Börsengang von den Plänen erfahren, sagte der 46jährige Unternehmensberater. Er habe auch nichts mit den Formulierungen im Prospekt zu tun gehabt.
Unterdessen bemüht sich das Gericht um weitere Zeugen. Der frühere Voicestream-Chef John Stanton sowie Voicestream-Gründer Bob Stapleton wollten für eine Befragung nicht nach Europa kommen, sagte der Richter. Sie wären aber bereit, auf anderem Wege Rede und Antwort stehen. Das Gericht will nun eine Videoschaltung prüfen. Auch den ehemaligen Chef des Hongkonger Mischkonzerns und damaligen Telekom-Großaktionärs Hutchison Whampoa, Canning Fok, will das Gericht befragen. Bislang sei aber keine Nachricht von Fok eingegangen, sagte Dittrich. Kommende Woche wird es daher nur am 28. Mai eine Befragung geben. Als Zeuge ist der ehemalige Telekom-Mitarbeiter Kevin Copp vorgesehen. Die Termine am Montag und Dienstag sind gestrichen, der Donnerstag noch offen.
Lesen sie hier auf fmm-magazin.de einen Leitartikel zum Prozessauftakt.
(ThomsonReuters)
(Foto: Auszug Verkaufsprospekt von 1999)
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