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Erfahrungen aus der Finanzkrise - aus Fehlern lernen

Köln, 09.07.2008 15:16 Uhr (redaktion)

Die Finanzmarktkrise ist in Deutschland wohl noch nicht ausgestanden. Der Auslöser des Unheils, die allzu leichtfertige Vergabe von Hypothekendarlehen und deren anschließender Verkauf als Finanzmarktprodukt in den USA, ist inzwischen immerhin so gut analysiert, dass sich Vergleichbares nicht wiederholen dürfte.

Vor wenigen Wochen schien es so, als hätte die Deutsche Börse ihr Tal durchschritten. Der DAX hatte sich immerhin auf über 7.000 Punkte berappelt. Doch die Freude währte kurz. Von Mitte Mai bis Anfang Juli ist der Leitindex wieder um rund 13 Prozent gefallen.
Schuld an den eher trüben Perspektiven auf dem Frankfurter Parkett sind aber nicht allein die Verwerfungen an den Finanzmärkten, sondern auch die mäßigen Konjunkturaussichten in den USA, das teure Öl, die besorgniserregend hohe Inflation und die jüngste Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank. Einen kleinen Trost gibt es für die Anleger: Die Fehlentwicklungen auf dem US-Hypothekenmarkt sind inzwischen zur Genüge analysiert. Das lässt hoffen, dass dergleichen nicht noch einmal vorkommt. Was die explosive Mischung ergab:

1. Die Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten haben begünstigt durch das niedrige Zinsniveau der Jahre 2002 bis 2004 lange Zeit abgehoben und waren geradezu explodiert.

2. Die US-Banken legten für die Vergabe von Hypothekendarlehen an Hausbau- oder -kaufwillige viel zu laxe Maßstäbe an, weil sie die damit verbundenen Risiken über die Finanzmärkte an andere Gläubiger weiterreichten.

3. Die Forderungen aus den Krediten wurden verbrieft und als hypothekenbesicherte Wertpapiere verkauft. Gerade in der Niedrigzinsphase schienen die sogenannten Mortgage-backed Securities alle Anlegerwünsche zu erfüllen. Sie versprachen höhere Renditen als Staatspapiere oder Unternehmensanleihen, und zugleich galt das Ausfallrisiko aufgrund der niedrigen Zinsen und der hohen Immobilienpreise als sehr gering (Grafik):

Hypothekenfinanzierung
Hypothekenfinanzierung


 

Als im Jahr 2003 der US-Leitzins, die Federal Funds Rate, im Schnitt bei gerade einmal 1,13 Prozent lag, wurden hypothekenbesicherte Wertpapiere von insgesamt über 3 Billionen Dollar ausgegeben – das war über viermal so viel wie im Hochzinsjahr 2000.


 

Nach 2003 kletterten die Zinsen wieder – die Kreditverbriefung ging allerdings nicht substanziell zurück. Die Käufer der Papiere, darunter die IKB Deutsche Industriebank und die Sachsen LB, bemerkten zu spät, dass sie keine sichere Geldanlage gefunden, sondern hochriskante Subprime-Kredite übernommen hatten. Wegen des Zinsanstiegs konnten viele der ohnehin finanzschwachen Häuslebauer in den USA ihre Schulden nicht mehr tilgen. Die Folge:


 

Weltweit sind Banken gezwungen, Wertberichtigungen in ihren Büchern vorzunehmen – bis Juni 2008 kamen knapp 400 Milliarden Dollar zusammen, wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berechnet hat.


 

Der Internationale Währungsfonds schätzt den insgesamt möglichen Korrekturbedarf auf bis zu 1 Billion Dollar.
Diese Verluste fallen weltweit an, obwohl die faulen Kredite in den USA vergeben wurden. Dort mussten bislang 200 Milliarden Dollar abgeschrieben werden, in Deutschland waren es 50 Milliarden. Trotzdem ist es nicht nötig, dass der Gesetzgeber eingreift, denn die Finanzwelt reguliert sich selbst:

Aktionäre üben Druck aus. Die Börsenkurse der europäischen Banken sind seit Mai 2007 um 45 Prozent gefallen. Aus eigenem Interesse werden die Besitzer der Bankentitel nun auf eine sorgfältigere Risikobewertung und eine vorsichtigere Investitionspolitik bestehen.

Verbriefungsmarkt verändert sich. Aussterben wird die Umwandlung von Darlehen in Wertpapiere nicht, weil viele Kreditnehmer in spe sonst nur noch schwer Finanziers fänden. Aber es dürfte Modifikationen geben: Von den kreditgebenden Banken wird zunehmend verlangt werden, dass sie einen Teil des Ausfallrisikos tragen – ähnlich dem Selbstbehalt bei Versicherungen. Zudem dürfte die Finanzwelt einfacher werden – Produkte mit 400-seitigen Vertragswerken werden in nächster Zeit kaum marktgängig sein.

Rating-Agenturen sind wachsamer. Sie wogen die Investoren mit ihrer optimistischen Bewertung der Kreditrisiken in Sicherheit. Nun aber werden die Agenturen deutlich genauer hinschauen, um ihren guten Ruf nicht zu verspielen.

(Quelle: IW Köln)

 

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