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Deutsche Logistikwirtschaft: Abkühlung der Hochkonjunktur

Berlin, 01.09.2008 13:53 Uhr (redaktion)

Das Klima in der deutschen Logistikwirtschaft hat sich im dritten Quartal merklich abgekühlt. Gegenüber der Frühjahrsbefragung gab der BVL/DIW Logistik-Indikator im Sommer um 12 Prozent nach und liegt nun bei 128,7 Punkten.

Die Lage- und Erwartungskomponenten bewegten sich sehr gleichförmig und liegen – wie schon im Vorquartal – praktisch gleichauf. Maßgeblich hierfür ist der dämpfende Einfluss der Logistikdienstleister. Deren Teilindikator gab um 19 Prozent auf 121,7 Punkte nach, während sich das Logistikklima in Industrie und Handel nur um 4 Prozent eintrübte (neuer Indexstand: 135,8). Der Rückgang der Indikatorwerte muss allerdings vor dem Hintergrund einer sehr expansiven Phase in den Vorquartalen gesehen werden. Alle Teilindikatoren liegen immer noch deutlich oberhalb der neutralen 100er-Marke, die eine konjunkturelle Normalsituation kennzeichnet. Die derzeitige Logistikkonjunktur in Deutschland befindet sich somit in einer Entspannungsphase. Von rezessiven Tendenzen kann bislang keine Rede sein.

Die Klimaeintrübung auf der Anbieterseite des deutschen Logistikmarktes (Logistikdienstleister) spiegelt sich in einer Rückwärtsbewegung im Antwortverhalten auf alle Teilfragen zur Lage- und Zukunftseinschätzung wider. Trotz weiterhin aufwärtsgerichteter Auftragseingänge aus dem In- und Ausland wird die Auftragslage nicht mehr ganz so positiv beurteilt wie noch in den Vorquartalen. Die Kapazitätsauslastung hat derzeit das Normalmaß erreicht. Die Entwicklung dieses besonders wichtigen Teilindikators wird 1:1 durch die korrespondierende Erhebung zur Kapazitätsverfügbarkeit auf der Anwenderseite bestätigt. Insgesamt wird die aktuelle Geschäftslage zwar netto immer noch als gut eingeschätzt, die Mehrheit der Befragten sieht sie aber nur noch als befriedigend an. Sehr deutlich abgeschwächt haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate. Nach den stark expansiven Erwartungen in den Vorquartalen deutet die aktuelle Erhebung eher auf eine moderatere Geschäftsentwicklung hin. Gleichwohl bleibt die Kapazitätsplanung auf Expansion ausgerichtet, wenn auch die Einstellungsbereitschaft deutlicher nachgegeben hat.

Auf der Anwenderseite in Industrie und Handel zeigt sich eine deutlich stabilere Entwicklung im laufenden Quartal. Der Teilindikator zur Lagebeurteilung erreicht mit 143 Indexpunkten praktisch das Vorquartalsniveau. Im Gegensatz zur Kapazitätsverfügbarkeit im Markt hat sich die deutliche Anspannung der eigenen Kapazitäten noch leicht erhöht. Der markante Anstieg der relativen Logistikpreise dürfte maßgeblich durch die Energieverteuerung bedingt sein. Die Nachfrage nach internen und externen Logistikleistungen bleibt gegenüber dem Vorquartal unverändert. Indes haben sich die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate in Industrie und Handel leicht eingetrübt (Rückgang des Teilindikators um 7,6 Prozent auf 128,6 Punkte). Dies ist jedoch hauptsächlich auf die weniger optimistische Einschätzung der eigenen Geschäftsentwicklung zurück zu führen. Demgegenüber bleiben die Bedarfserwartungen für inländische und grenzüberschreitende Logistikleistungen weiterhin hoch bzw. sehr hoch. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb an den bisherigen Planungen zur Erweiterung der eigenen Logistikkapazitäten festgehalten wird und auch die Bereitschaft zur Auslagerung von Logistikleistungen wieder angestiegen ist.

Die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Bereitstellung von Logistikleistungen wurde im Rahmen einer Sonderfrage eruiert. Das Thema Ökologie spielt – sowohl für Anbieter als auch für Anwender – derzeit mehrheitlich noch keine besondere Rolle. Deutliche Unterschiede zeigen sich jedoch in der Einschätzung der zukünftigen Bedeutung. Während in Industrie und Handel auch in Zukunft die Hälfte der Befragten keine ökologiebedingten Änderungen ihrer Logistikaktivitäten erwarten, sind es bei den Logistikdienstleistern nur knapp 20 Prozent. Für gut 80 Prozent der befragten Anbieter sind ökologische Aspekte bereits oder demnächst von besonderer Bedeutung, wobei energieeinsparende Maßnahmen eine bedeutende Rolle spielen.

Hintergrund:
Logistik ist als System zur Optimierung von Wertschöpfungsketten weit mehr als Transport, Verkehr und Lagerung. Bislang wird dieser Sektor in seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung statistisch nicht adäquat erfasst. Der BVL/DIW- Logistik-Indikator schließt diese Lücke. Der BVL/DIW Logistik-Indikator ist ein konjunktureller Seismograph für die deutsche Logistikwirtschaft, dem mit 2,6 Millionen Beschäftigten drittgrößten Wirtschaftsbereich in Deutschland. Der Indikatorberechnung liegen die Einschätzungen zugrunde, die vierteljährlich im Rahmen einer Expertenbefragung unter den Top-200-Unternehmen erhoben werden, für die Logistik eine besondere Rolle spielt. Kennzeichnend für den Indikator ist, dass beide Seiten des Logistikmarktes befragt werden – Logistikdienstleister einerseits, Anwender aus Industrie und Handel andererseits.

(Quelle: DIW Berlin)
(Foto: pixelio)

 

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