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Eine D&O-Police schützt Führungskräfte bei vermeintlichen Managementfehlern

Hamburg, 02.09.2008 17:09 Uhr (Klaus-Dieter Zühr)

Der Siemens Aufsichtsrat verklagt seine ehemaligen Vorstandsmitglieder und fordert Schadenersatz in Milliardenhöhe. Kein Einzelfall: Fälle, in denen Geschäftsführer oder Gesellschafter für Führungsfehler haften, häufen sich.

Ebenso wie Spitzenmanager von Aktiengesellschaften werden Leiter mittelständischer Unternehmen zunehmend für vermeintliche Fehlentwicklungen im Betrieb zur Rechenschaft gezogen.

Beispiel: mangelhafte Marktforschung bei Produkteinführung: Ein Hersteller von Investitionsgütern führte ein neues Produkt ohne Marktanalyse ein. Das Produkt verkaufte sich nicht, so dass die Gesellschafter den Geschäftsführer wegen fehlender Sorgfaltspflicht verklagten.

Beispiel Insolvenz: Während eines Insolvenzverfahrens stellte der Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs einen Controller ein, ohne sein polizeiliches Führungszeugnis zu prüfen. Der Controller veruntreute Firmengelder. Da er vorab das Zeugnis hätte prüfen müssen, wurde er vom Insolvenzverwalter, der die Gesellschaft vertrat, angeklagt.

Beispiel EDV-Anlage: Ein Geschäftsführer hat eine EDV-Anlage erworben. Die Firma wuchs schneller als erwartet. Zum Zeitpunkt der Montage waren zu wenige IT-Installationen vergeben, so dass teure Nachbesserungen fällig wurden. Der Geschäftsführer wurde von seinen Gesellschaftern in Haftung genommen

Dies sind nur drei Beispiele, die die prekäre Haftungssituation von Führungskräften in Unternehmen zeigen. Juristisch haften Geschäftsleiter bereits seit langem, sobald sie ihre Sorgfaltspflicht schuldhaft verletzten und es bei der Gesellschaft zu einem Vermögensschaden kommt (§ 43 GmbH-Gesetz, § 34 Genossenschaftsgesetz). Doch gerade in den vergangenen Jahren hat die Klagebereitschaft gegenüber Führungskräften deutlich zugenommen: Noch zwischen 1996 und 2000 betrugen die Schadenssummen 100 Millionen Euro, inzwischen sind sie auf zwei Milliarden Euro gestiegen (2001-2005).

Zudem hat der Gesetzgeber die Richtlinien für Unternehmensverantwortliche deutlich verschärft. Bereits 1998 wurde das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich eingeführt und der Corporate Governance Codex 2002 verabschiedet. Zudem bestätigen aktuelle Gerichtsurteile eine harte Auslegung bei vermeintlichen Managementfehlern.

Umkehr der Beweislast
Das Unangenehme: Bei einer Schadenersatzforderung durch die Gesellschaft ist die Beweislast umgekehrt. Das heißt: nicht das Unternehmen muss die Pflichtverletzung belegen, sondern der Manager sein korrektes Handeln nachweisen. Für diese Fälle haben Assekuranzen spezielle Managerversicherungen (kurz D&O-Versicherungen) entwickelt, die Schutz bieten, sobald die Unternehmensorgane für vermeintliche Fehler zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Dabei werden unbegründete Ansprüche abgewehrt, Verhandlungen im Vorfeld einer Klage begleitet und die Rechtsanwalts-kosten bezahlt sowie begründete Schadenersatzzahlungen übernommen.

20 Versicherer konkurrieren mit erheblichen Unterschieden
Schon vor Antritt einer neuen Stelle sollten Geschäftsführer darauf bestehen, dass das Unternehmen eine D&O-Police zugunsten seiner Organe wie Geschäftsführung, Vorstand oder Aufsichtsrat abschließt. Denn Versicherungsnehmer ist immer das Unternehmen selbst. Dabei muss vor Vertragsabschluss eine umfassende Analyse der zentralen Firmeninformationen erfolgen, aus denen sich Deckungssummen und Versicherungsprämie ableiten. Für ein optimales D&O-Konzept ist es wichtig, dass neben der Deckung von Forderungen, die während der Vertragslaufzeit geltend gemacht werden, zusätzlich eine unbegrenzte Rückwärtsdeckung vereinbart wird. Damit sind auch Pflichtverletzungen versichert, die vor Vertragschluss passiert sind.

Bei nicht börsennotierten Unternehmen liegen die Deckungssummen je nach Branche, Tätigkeitseinsatz, Struktur und wirtschaftlicher Situation zwischen einer und zehn Millionen Euro, wobei sich genaue Summen aus dem individuellen Unternehmensprofil ergeben. Hinzu kommen starke Schwankungen aufgrund von Markt- und risikospezifischen Veränderungen, die für das passgenaue Angebot eine detaillierte Kenntnis des Anbietermarktes erfordern. Derzeit konkurrieren auf dem deutschen Markt knapp 20 Versicherer mit zum Teil erheblichen Unterschieden, die einen fundierten Vergleich der Deckungskonzepte empfehlen.

Angaben zum Autor:
Klaus-Dieter Zühr, geboren 1956, ist Geschäftsführer der Gossler, Gobert und Wolters Gruppe (GGW Gruppe) und verantwortlich für den Vertrieb. Seine Spezialgebiete sind Haftungsrisiken von Unternehmen und deren Management (unter anderem Produkthaftpflicht, Rückrufkosten, D&O-Versicherungen und Prospekthaftung). Der Versicherungsexperte Zühr hält Seminare und Vorträge zu verschiedenen versicherungstechnischen Fragestellungen.

Über die GGW Gruppe
Die Gossler, Gobert & Wolters Gruppe (GGW Gruppe) ist einer der großen unabhängigen und inhabergeführten Versicherungsmakler in Deutschland. Als Experte im Bereich Risiko- und Versicherungsmanagement betreut die GGW Gruppe mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel, Gewerbe und den beratenden Berufen in allen Fragen zum Thema Sicherheit und Risiko. Als ältester Versicherungsmakler Kontinentaleuropas entwickelt das Unternehmen seit 1758 Produkte und Dienstleistungen abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kunden. Deutschlandweit ist die GGW Gruppe an neun Standorten vertreten. In Zusammenarbeit mit dem internationalen Netzwerk Trust Risk Control (TRC) betreut das Unternehmen Kunden in über 60 Ländern weltweit.

 

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