Finanzen Markt & Meinungen Startseite

 

Stellungnahme zum EU-Richtlinienvorschlag - Rechte der Verbraucher

Berlin, 15.10.2008 16:36 Uhr (redaktion)

Mit dem Vorschlag für die Richtlinie "Rechte der Verbraucher" KOM(2008) 614/4 vom 8. Oktober 2008 hat die Europäische Kommission die bislang umfassendste Regulierungsinitiative im Verbraucherrecht eingeleitet. Doch welche Änderungen sind aus Sicht der Verbraucher erforderlich? Wie ist die Vollharmonisierung zu bewerten? Welche Folgen hätte die Richtlinie für Deutschland? Was sind konkrete Beispiele für Verschlechterungen?

Was bedeutet Vollharmonisierung?
Vollharmonisierung bedeutet, dass die Mitgliedstaaten der EU in den von der Richtlinie geregelten Fragen keine abweichenden Vorschriften beibehalten oder erlassen dürfen. Sie müssen also ihr innerstaatliches Recht anpassen und verlieren jede Änderungskompetenz für die Zukunft.

Während die EU bislang lediglich Mindeststandards im Verbraucherschutz vorgegeben hat, sollen mit der Vollharmonisierung auch höhere Verbraucherschutzstandards verhindert werden. Hierfür schreibt der Richtlinienvorschlag vor, wie bestimmte Bereiche geregelt werden müssen.

Andererseits enthält der Richtlinienvorschlag auch ausdrückliche Regelungsverbote. Damit soll in den Bereichen, in denen die EU keine eigenen Verbraucherschutzvorschriften erlässt, autonomes Handeln der Mitgliedstaaten verhindert werden. Diese Maßnahmen sollen den grenzüberschreitenden Handel erleichtern und den Europäischen Binnenmarkt befördern.

Wie ist die Vollharmonisierung verbraucherpolitisch zu bewerten?
Die Vollharmonisierung ist der schwerste Eingriff in die Regelungsautonomie der Mitgliedstaaten und muss deshalb sehr behutsam angewendet werden. Bei einzelnen Fragen, Definitionen und rechtstechnischen Konstruktionen wie Fristen kann sie sinnvoll sein. Eine flächendeckende Vollharmonisierung ganzer Rechtsbereiche ist demgegenüber gefährlich und kann zu schweren Verwerfungen im innerstaatlichen Recht führen.

Häufig wird behauptet, Verbraucher würden von der Vollharmonisierung profitieren, weil sie dann in ganz Europa zu den gleichen rechtlichen Bedingungen einkaufen können. Dabei wird übersehen, dass sich Verbraucher auch ohne die Vollharmonisierung nicht vor niedrigeren Verbraucherschutzstandards im Ausland fürchten müssen, weil sie sich bei grenzüberschreitenden Verträgen stets auf ihr Heimatrecht berufen können. Verbraucher kaufen also auch heute schon immer zu den ihnen bekannten und vertrauten Regeln ein.

Welche Folgen hätte die Richtlinie für Deutschland?
Die Vollharmonisierung würde zahlreiche Änderungen im deutschen Vertragsrecht von sehr unterschiedlicher Tragweite erzwingen. Die Richtlinie in ihrer jetzigen Fassung würde dabei nahezu ausschließlich zu Verschlechterungen für deutsche Verbraucher führen. Einzelne rechtliche Verbesserungen sind zwar vorgesehen, deren praktische Bedeutung für die Verbraucher bleibt aber deutlich hinter den erwarteten Verschlechterungen zurück.

Vorgesehen sind zunächst viele eher punktuelle Änderungen einzelner Rechtsfragen. Beispiele hierfür sind das deutsche Widerrufsrecht bei Internetauktionen und die kostenlose Rücksendung von Waren. Im Anhang befindet sich eine umfangreiche Liste der zu erwartenden Veränderungen. Darüber hinaus würde die Vollharmonisierung aber auch zu sehr grundsätzlichen Veränderungen in der deutschen Rechtsanwendung führen.

(Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband)

 

» Zur Startseite von Finanzen Markt & Meinungen