Finanzen Markt & Meinungen Startseite

 

Statement DIHK-Chefvolkswirt zur Herbst-Konjunkturumfrage

Berlin, 17.10.2008 13:48 Uhr (redaktion)

Die aktuell noch gute Geschäftslage findet keine Fortsetzung bei den Geschäftserwartungen: Im Herbst 2008 blicken 18 Prozent der Unternehmen optimistisch auf die kommenden zwölf Monate (Vorumfrage im Frühsommer: 23 Prozent).

Der Anteil der Unternehmen, die schlechtere Geschäfte erwarten, beträgt 27 Prozent (Frühsommer: 17 Prozent). Der Erwartungssaldo aus „besser“- und „schlechter“-Anteilen beträgt somit minus neun Prozentpunkte; binnen weniger Monate hat er sich damit um 15 Prozentpunkte reduziert – die größte Stimmungsverschlechterung in der gewerblichen Wirtschaft seit über fünf Jahren.

Ein Gutteil der Stimmungsverschlechterung ist auf die Normalität des Konjunkturzyklus zurückzuführen – d.h. dem Auslaufen des seit 2005 andauernden Aufschwungs in Deutschland. So folgt dem mehrjährigen Kapazitätsaufbau in den kommenden zwölf Monaten eine Phase der Konsolidierung und Zurückhaltung. Auch bleibt die potenzielle Wachstumskraft des privaten Konsums weiterhin verhalten. Darauf weisen insbesondere die verschlechterten Geschäftserwartungen des Einzelhandels hin.

Realwirtschaftliche Auswirkungen der Finanzmarktkrise noch überschaubar
Hinzu kommt die Finanzmarktkrise. Die größte Negativwirkung, die die Finanzmarktkrise auf die deutsche Realwirtschaft haben wird, ist der zusätzliche Dämpfer auf den sich ohnehin abschwächenden Außenhandel. So sind die Erwartungseintrübungen der in den letzten Jahren überaus erfolgreichen Exportindustrie im Süden Deutschlands im Vergleich der Wirtschaftszweige am stärksten – dies allerdings ausgehend von hohem Niveau. Der Bedarf nach hochwertigen Investitionsgütern, unserem wichtigsten Exportgut, ist zwar gerade in Phasen florierender Konjunktur besonders hoch – umgekehrt jedoch bei Abschwächungsphasen überdurchschnittlich betroffen.

Herr Wansleben hat bereits darauf hingewiesen, dass es keine flächendeckende Kreditklemme gibt. Die Finanzmarktkrise trifft die deutsche Realwirtschaft deshalb weniger stark, weil es hierzulande keine Immobilenpreisblase gegeben hat, so dass die mit den Platzen einer solchen Preisblase verbundenen Folgewirkungen nicht auftreten.

DIHK Wirtschaftsprognose
DIHK Wirtschaftsprognose

Bemerkenswert ist wie wenig sich die anstehende Abkühlung der Konjunktur in den Investitions- und Beschäftigungsplänen der Unternehmen auswirkt. So wollen noch 23 Prozent der Unternehmen ihre Investitionsbudgets aufstocken. Immerhin noch 50 Prozent planen gleich bleibende Investitionsausgaben. Mittlerweile will jedoch jeder vierte Betrieb seine Investitionspläne einschränken. Der Saldo liegt aber immer noch über dem langjährigen Durchschnitt von minus acht Punkten. Damit sind die Investitionsabsichten der Unternehmen auf höherem Niveau, als es die eingetrübten Erwartungen nahe legen – gleiches gilt für die Beschäftigungspläne. Die Unternehmen gehen deshalb von einer vorübergehenden, wenngleich deutlichen Abschwächung der Konjunktur aus, nicht aber von einer lang andauernden Schwächephase. Dahinter steht auch, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen infolge angebotsorientierter Politikmaßnahmen wie der Agenda 2010, aber vor allem wegen harter betrieblicher Restrukturierungsmaßnahmen sowie des konsequenten Internationalisierungskurses verbessert hat. Ist der Rauch der Finanzmarktkrise verflogen, können neue außenwirtschaftliche Chancen somit schneller und nachhaltiger ergriffen werden.

Osten: Aufholen in der Abkühlung
Anders als in den übrigen Regionen Deutschlands liegen die Investitionspläne der Unternehmen im Osten trotz leichten Rückgangs per Saldo im positiven Bereich (Saldo: plus drei Punkte). Insbesondere die ostdeutsche Industrie zeigt sich widerstandsfähig (Saldo: plus acht Punkte, minus sieben Punkte zur Vorumfrage). Die Erfolge der ostdeutschen Industrie, die auch von der regionalen Nähe zu den immer noch wachstumsstarken mittel- und osteuropäischen Ländern profitiert, machen sich in den stabilen Investitionsplänen und auch in den vergleichsweise optimistischen Exporterwartungen der ostdeutschen Industrie (Exportsaldo: plus 16 Punkte, Bundesschnitt: plus 14 Punkte) bemerkbar.

Der DIHK-Branchenindikator zeigt, dass derzeit gerade das Verkehrsgewerbe unter der konjunkturellen Eintrübung leidet. Die Schifffahrt und das Speditionsgewerbe spüren den abflauenden Welthandel eher als die meisten anderen Branchen. Den Transportunternehmen stehen darüber hinaus zusätzliche Lasten durch die Erhöhung der LKW-Maut ins Haus. Hinzu kommen die nach wie vor hohen Treibstoffpreise.

Die Geschäftserwartungen der Automobilhersteller verringern sich stärker als in allen anderen Industriebranchen. In der Kfz-Industrie addieren sich die konjunkturellen Verlangsamungen wichtiger Absatzmärkte (Einbruch der Exporterwartungen der Kfz- Industrie um 35 Punkte), zwischenzeitlich rasant gestiegene Kraftstoffpreise und die Verunsicherung der Konsumenten in Europa angesichts deutlich verschärfter Umweltregelungen. In Deutschland ist z.B. bisher unklar, wie Autos künftig nach ihrem CO2-Ausstoß besteuert werden sollen.

Die Zeitarbeit steckt in der Zwickmühle: Auf der einen Seite macht sich die konjunkturelle Abkühlung gerade für diese Branche verstärkt bemerkbar. Auf der anderen Seite verhindert der Fachkräftemangel, dass die Nachfrage nach flexiblen Beschäftigungsverhältnissen erfüllt werden kann. Nachdem deren Geschäftserwartungen lange Zeit den größten geschäftlichen Optimismus im Branchenvergleich auswiesen, trübt sich der Erwartungswert weit überdurchschnittlich ein und erreicht erstmals seit über fünf Jahren wieder einen leicht negativen Wert (minus einen Prozentpunkt). Dienstleistungsunternehmen sind weniger von außenwirtschaftlichen Einflüssen abhängig und schwanken im Konjunkturverlauf in geringerem Ausmaß.

(Quelle: DIHK, Berlin)

 

» Zur Startseite von Finanzen Markt & Meinungen