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BMWi Bericht zur wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik im Oktober 2008

Berlin, 31.10.2008 09:02 Uhr (redaktion)

Die deutsche Wirtschaft ist gegenwärtig vor allem durch die Lage an den internationalen Finanzmärkten einem Belastungstest ausgesetzt. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Finanzkrise haben sich bislang bei uns noch in Grenzen gehalten.

Die Perspektiven für die weitere konjunkturelle Entwicklung haben sich allerdings weiter eingetrübt. Nach der jüngsten Zuspitzung der Lage an den Finanzmärkten hat die Bundesregierung in Abstimmung mit ihren wichtigen Partnerländern ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Stabilisierung beschlossen. Diese Maßnahmen werden auch dazu beitragen, negative Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Entwicklung der realen Wirtschaft zu begrenzen.

Die konjunkturelle Grunddynamik schwächte sich bereits im zweiten Quartal angesichts der vielfältigen weltwirtschaftlichen Belastungsfaktoren merklich ab. Das wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Wegen der in Deutschland großen Bedeutung des stark exportabhängigen industriellen Sektors zeigt sich die Abschwächung der Weltwirtschaft zunächst vor allem in der Industrie. Zwar verlief bislang die Entwicklung der deutschen Warenexporte noch stabil. Die Entwicklung der Auslandsnachfrage nach industriellen Erzeugnissen schwächte sich aber bereits ebenso wie die weiter vorausschauenden Exporterwartungen merklich ab. Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen hat die Bundesregierung ihre Wachstumsprojektion für das laufende und das kommende Jahr aktualisiert und am 16. Oktober veröffentlicht. Hiernach rechnet sie für das Jahr 2008 wie bisher mit einem Zuwachs des deutschen Bruttoinlandsprodukts von preisbereinigt 1,7 %. Für das kommende Jahr geht sie von einem deutlich niedrigeren Anstieg um preisbereinigt 0,2 % aus. Diese vorsichtige Einschätzung deckt sich mit der aktuellen Prognose der Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Die weltwirtschaftliche Abschwächung hat die Entwicklung im Produzierenden Gewerbe in den letzten Monaten spürbar belastet. Sowohl bei den Bestellungen als auch bei der Produktion kam es zuletzt zwar zu kräftigen Anstiegen. Die Erzeugung im Produzierenden Gewerbe erhöhte sich im August preis-, kalender- und saisonbereinigt [2] um 3,4 %, dabei in der Industrie um 3,2 % und im Bauhauptgewerbe sogar um 5,5 %. Die Auftragseingänge in der Industrie nahmen im August um 3,4 % und im Bauhauptgewerbe im vorliegenden Berichtsmonat Juli um 7,7 % zu. In der Tendenz wurde die Gesamterzeugung in den letzten Monaten aber spürbar eingeschränkt, zumal für die Zunahme am aktuellen Rand Ferientageffekte eine Rolle spielten. So ging die Produktion in der Industrie im Dreimonatsvergleich [3] um 0,9 % und im Bauhauptgewerbe um 2,1 % zurück. Dabei lag sie in der Industrie in den Monaten Juni/Juli/August kalenderbereinigt 1,8 % über und im Bauhauptgewerbe um 0,9 % unter dem Stand im Vorjahr. Die Auftragseingänge in der Industrie verringerten sich im Dreimonatsvergleichen um 3,7 % und im Bauhauptgewerbe um 2,5 % [4]. Sie unterschritten ihren Vorjahresstand in der Industrie um 3,7 % und im Bauhauptgewerbe um 0,7 %. Absehbar dürfte die Auftragsentwicklung in der Industrie schon angesichts des ungünstigen außenwirtschaftlichen Umfelds abwärts gerichtet bleiben. Hierfür spricht auch die anhaltende Eintrübung der Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft. Zusammengenommen deuten diese Indikatoren für die kommenden Monate auf eine verhaltene Entwicklung sowohl in der Industrie als auch im Bauhauptgewerbe hin.

Vom privaten Konsum gingen aufgrund des beschleunigten Preisauftriebes in diesem Jahr bislang keine Impulse aus. Zum Jahresende hin könnte er sich dagegen angesichts der voraussichtlich deutlich ruhigeren Preisentwicklung sogar etwas beleben. Für das dritte Quartal zeichnet sich bereits eine etwas günstigere Entwicklung ab. Nach verhaltenem Einstieg im Juli - die Einzelhandelsumsätze im engeren Sinne, also ohne den Handel mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellen, gingen um saisonbereinigt 0,1 % zurück - erhöhten sie sich im August kräftig um 1,9 %. Dabei sind die Einzelhändler gemessen an den Ergebnissen des ifo-Konjunkturtest weiterhin skeptisch, während sich das Verbrauchervertrauen zuletzt stabilisierte.

Von den Exporten gingen im Verlauf kaum noch positive Impulse aus. Im August nahmen sie saisonbereinigt um 0,5 % gegenüber dem Vormonat ab. Sie sind in der Tendenz gegenwärtig seitwärts gerichtet. Ihren Vorjahresabstand übertrafen sie in den letzten drei Monaten um 4,2 % (Ursprungszahl). Auch die weiteren Aussichten gestalten sich angesichts der neuerlichen Verschärfung der Finanzmarktkrise sowie der trüberen Konjunkturaussichten der Weltwirtschaft und insbesondere bei wichtigen Handelspartnern schwach. Die Exportentwicklung dürfte daher absehbar spürbar gedämpft verlaufen. Die Einfuhren nahmen im August um 2,5 % ab, allerdings nach einem Anstieg um 7,5 % im Juli. Vom Außenbeitrag sind im dritten Quartal daher kaum Impulse zu erwarten.

Die konjunkturelle Abschwächung macht sich am Arbeitsmarkt noch wenig bemerkbar. Die gute Konjunktur bis zum ersten Quartal dieses Jahres wirkt noch nach. Die Zahl der Arbeitslosen ging im September saisonbereinigt weiter um 29.000 zurück und die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich im August um 39.000. Die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus schwächt sich allerdings seit Monaten tendenziell ab, die Vorjahresabstände gehen sukzessive zurück. Im August waren 40,40 Mio. Personen im Inland erwerbstätig, 545.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Arbeitslosen betrug im September 3,081 Mio., 463.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank auf 7,4 %. Der anhaltende Rückgang des ifo-Beschäftigungsbarometers signalisiert, dass die Dynamik des Beschäftigungsaufbaus weiter abnehmen dürfte.

Bei den Verbraucherpreisen deutet sich eine weitere Entspannung an. Der Preisauftrieb schwächte sich im September weiter ab. Gegenüber dem Vormonat gingen die Verbraucherpreise um 0,1 % zurück. Maßgeblich für den Rückgang im Verlauf waren neben saisonbedingten Preisrückgängen bei Pauschalreisen und Beherbergungsdienstleistungen niedrigere Preise für Heizöl und für Nahrungsmittel. Die Jahresteuerungsrate sank auf 2,9 %, nach 3,1 % im August und 3,3 % im Juli. Der Rohölpreis der Sorte Brent bildete sich seit seinem Höchststand Anfang Juli von rd. 145 Dollar bis Mitte Oktober deutlich auf unter 70 US-Dollar je Barrel zurück. Die Kernrate - also die Preissteigerungen ohne Energie und saisonabhängige Nahrungsmittel - verringerte sich im September auf 1,7 %.

Fußnoten
[1] In diesem Bericht werden statistische Daten verwendet, die bis zum 16. Oktober 2008 vorlagen.
[2] Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem Bericht verwendeten saisonbereinigten Angaben um Berechnungen nach dem Verfahren Census X-12-ARIMA.
[3] Monate Juni/Juli/August gegenüber März/April/Mai.
[4] Monate Mai/Juni/Juli gegenüber Februar/März/April.

(Foto: pixelio; Mariocopa)

 

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