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Versicherungsgesellschaften und ihre Risiko- und Kapitalmanagement-Prozesse

Köln, 09.11.2008 11:11 Uhr (redaktion)

Weltweit sehen Versicherungsgesellschaften eine große Herausforderung darin, die zentralen Risiko- und Kapitalmanagement-Prozesse so zu implementieren, dass sie das volle Potenzial von Enterprise Risk Management (ERM) ausschöpfen können. Dies zeigt die globale Studie der Unternehmensberatung Towers Perrin zum Thema ERM im Versicherungssektor.

Vollständige Integration von ERM erfordert große Anstrengungen
Obwohl Versicherungsunternehmen Fortschritte bei der Integration von ERM in ihre Geschäftsprozesse gemacht haben, glauben mehr als die Hälfte (55 Prozent), dass noch erheblicher Aufwand erforderlich ist, bevor sie Economic Capital (EC) zur Risiko basierten Entscheidungsfindung einsetzen können. 60 Prozent gaben an, dass es noch beträchtliche Schritte erfordere, bevor die EC-Metrik in das Performance Management eingebaut werden kann. Über 40 Prozent konzentrieren sich nach wie vor darauf, die Grundlagen für ihre EC-Berechnungen zu schaffen.

Einbindung von ERM in die Unternehmenspraxis bleibt große Herausforderung
Trotz der unbestrittenen Notwendigkeit zur Optimierung beeinflusst ERM bereits heute viele wichtige strategische Entscheidungen, wie die im Mai und Juni 2008 – vor Ausbruch der globalen Finanzkrise – durchgeführte Erhebung zeigt. Seit dem letzten ERM Survey 2006 haben mehr als 30 Prozent der Befragten Veränderungen in den Bereichen Risikostrategie oder Risikoappetit (36 Prozent), Kapitalanlagestrategie (35 Prozent) und Pricing (31 Prozent) vorgenommen.

„Die aktuelle Krise der Finanzmärkte, die labile Situation der globalen Wirtschaft und die nordamerikanische Hurrikan-Saison, die erhebliche Versicherungsschäden verursacht hat, unterstreichen, wie unerlässlich es ist, klar definierte Risikostrategien und -toleranzen zu haben,” sagt Heijo Hauser, Managing Director bei Towers Perrin. „Nie war es wichtiger, einen ganzheitlichen Ansatz im Risikomanagement zu verfolgen, der die Risikotoleranz eines Unternehmens mit den Entscheidungen des Managements und der zur Verfügung stehenden Kapitalbasis verbindet und zugleich auf jeder Ebene ein durchdachtes Risikomanagement und eine umsichtige Planung gewährleistet.”

Insgesamt scheinen Versicherungsunternehmen jedoch zurückhaltend zu sein, wenn es um die Verknüpfung der Managementbezüge mit der Risikoübernahme geht. Nur 30 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Risikogrößen jedweder Art in Vergütungsmodelle einfließen lassen; nur 10 Prozent nutzen hierfür Economic Capital. 66 Prozent der weltweiten Versicherer wollen EC auch in Zukunft nicht in Vergütungssystemen einsetzen.

Europäische Versicherer sind am fortschrittlichsten
Bei der Implementierung von Economic Capital und seiner Nutzung für Entscheidungsprozesse liegen europäische Versicherer vor den nordamerikanischen. Die Einsatzmöglichkeiten von EC, insbesondere im Rahmen von Solvency II, werden laut der Studie sowohl kurz- als auch langfristig zu niedrigeren Eigenkapitalanforderungen und Wettbewerbsvorteilen führen. Dabei legen europäische Versicherer kurzfristig größeren Wert auf die Nutzung von EC bei Unternehmensentscheidungen (56 Prozent) als Versicherungsunternehmen in Nordamerika (40 Prozent) und im asiatisch-pazifischen Raum (38 Prozent).

Darüber hinaus gaben 80 bis 90 Prozent der europäischen Versicherer an, Economic Capital im Laufe der nächsten zwei Jahre in den wichtigsten Entscheidungsprozessen einsetzen zu wollen. Unter den nordamerikanischen Versicherern planen dies 60 bis 75 Prozent, unter den Versicherern im asiatisch-pazifischen Raum 50 bis 65 Prozent.

Mehr als die Hälfte der europäischen Versicherer (52 Prozent) haben den Risikoappetit ihres Unternehmens definiert und dokumentiert, verglichen mit 40 Prozent der Versicherer in Nordamerika. Die Studienergebnisse zeigen auch, dass Gesellschaften in Europa (88 Prozent) eher geneigt sind, Risiko-Limits für das Management- Tagesgeschäft wie etwa Marktrisiken einzusetzen als die Wettbewerber in Nordamerika (61 Prozent).

„Europäische Versicherer führen genauere Risikoanalysen durch und sind damit besser in der Lage, niedrige Eigenkapitalanforderungen zu erreichen”, erklärt Michael Klüttgens, Senior Consultant bei Towers Perrin. „Fortlaufende Regulierungen schärfen außerdem das Bewusstsein für die Risikominderung, zum Beispiel für Hedging- und Rückversicherungsmaßnahmen.”
(Quelle: TowersPerrin)

 

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