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Kreditklemme im Mittelstand - weniger Geld und höhere Kreditkosten

Köln, 28.11.2008 10:17 Uhr (redaktion)

Banken und Sparkassen haben nach den jüngsten Daten der Bundesbank ihr Kreditgeschäft in den ersten neun Monaten des Jahres 2008 noch ausgeweitet. Allerdings mussten die Darlehensnehmer - Unternehmen und Selbstständige - ungünstigere Konditionen schlucken.

Auf den ersten Blick kann keine Rede davon sein, dass die deutschen Geldhäuser den Firmen finanziell die Luft zum Atmen nehmen, weil sie Kreditlinien kürzen oder Darlehen verweigern. In den ersten neun Monaten des Jahres 2008 bewilligten Sparkassen, Raiffeisenkassen, Volks- und andere Banken den Unternehmen frisches Geld in Höhe von 843,3 Milliarden Euro. Das sind rund 234 Milliarden Euro oder 38,4 Prozent mehr als in den ersten drei Quartalen des Jahres 2007.

Dabei handelte es sich insbesondere um kurzlaufende, große Kredite von über 1 Million Euro. Ihr Volumen nahm um 64 Prozent auf 652 Milliarden Euro zu.

Die auf die Gruppe der Mittelständler zugeschnittenen Darlehen bis zu einer Höhe von 1 Million Euro und einer Zinsbindung von über fünf Jahren nahmen dagegen um 30,2 Prozent auf 14,8 Milliarden Euro ab.

Schwer zu beantworten ist die Frage, worauf das schrumpfende Volumen bei den Kleinkrediten genau zurückzuführen ist - auf zugeknöpftere Bankdirektoren oder auf Unternehmer, die aufgrund der Wirtschaftsflaute einen geringeren Bedarf an Finanzmitteln haben:

Kreditklemme. Die Geldverleiher reagieren auf ihre Weise auf die Finanzkrise: Sie können kurzfristig an der Zinsschraube drehen und damit die Konditionen verschlechtern. Eine Befragung von 3.500 Unternehmen im Oktober 2008 durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag bestätigt die Vermutung, dass die Banken vorsichtiger geworden sind. So beklagen 23 Prozent der Unternehmen ungünstigere Konditionen als im Vorjahr; im Frühjahr hatten bloß 16 Prozent den Eindruck einer Kreditklemme.

Unternehmenskredite
Unternehmenskredite

Tatsächlich ist es nach Angaben der Bundesbank teurer geworden, Geld aufzunehmen:


 

Die Effektivverzinsung für Kredite mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren hat sich um knapp 0,6 Prozentpunkte erhöht, für Laufzeiten jenseits von fünf Jahren stieg sie um 0,25 Prozentpunkte.


 

Auf der anderen Seite meldeten gerade einmal 2 Prozent der Betriebe eine Ablehnung ihres Antrags oder die Kündigung des Kredits – so wenige wie nie zuvor. Insgesamt sind die Bedingungen damit inzwischen wieder so gut oder so schlecht wie im Jahr 2004. Damals mussten die Geldinstitute im Rahmen der Eigenkapitalvorschriften „Basel II“ ihre Konditionen an der Bonität der Unternehmen ausrichten. Soll heißen: Banken haben den Firmen vermehrt in die Bücher gesehen – und so mancher Betrieb, der zuvor als kreditwürdig galt, fiel plötzlich durch das Raster und konnte sich keinen Cent mehr leihen.

Konjunktur. Die wirtschaftliche Talfahrt und das nachlassende Exportgeschäft lassen viele Unternehmen bei den Investitionen kürzer treten. Dementsprechend benötigen die Betriebe auch weniger Geld.

Darüber hinaus hat wohl noch eine weitere Entwicklung dafür gesorgt, dass Firmenchefs den Canossa-Gang zur Bank heute seltener antreten als vor einigen Jahren. Die Unternehmen haben die im Aufschwung erzielten Gewinne nämlich dafür genutzt, ihre Eigenmittel deutlich aufzustocken.

Die durchschnittliche Eigenkapitalausstattung der Unternehmen stieg von 16 Prozent im Jahr 1997 auf 25 Prozent im Jahr 2006.

Auch im Mittelstand sind heute Eigenmittelquoten von 20 Prozent und mehr keine Seltenheit. Damit lassen sich Investitionen mittlerweile leichter mit Bordmitteln stemmen. Die jüngste Entwicklung in Sachen Kreditkonditionen ist für viele Unternehmen also nicht ganz so dramatisch

Gefahr droht dem Exportweltmeister Deutschland im Zuge der Bankenkrise vielmehr von einer ganz anderen, bislang wenig beachteten Seite. Exportgeschäfte werden häufig über sogenannte Akkreditive finanziert. Hier bürgt die Hausbank des Käufers für die Zahlung. In der Regel überweist sie sofort den Rechnungsbetrag, wenn die Lieferung angekommen ist. Viele ausländische Importeure von deutschen Produkten verfügen bei ihrer Hausbank – etwa in den USA und Asien – aber über keine entsprechende Kreditlinie mehr. Damit erhöht sich für den Exporteur das Risiko, auf seinen Forderungen sitzenzubleiben, oder das Geschäft kommt mangels Akkreditiv gar nicht erst zustande.

(Quelle: IW Köln)
(Foto: PIXELIO)

 

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