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Baadermarkets Kommentar: Anzeichen für Kehrtwende in Zinspolitik der EZB

Düsseldorf, 08.09.2011 17:50 Uhr (Klaus Stopp)

Nachdem sich am Dienstag die Schweizerische Notenbank zu einer Devisenintervention durchringen konnte, rückt am heutigen Donnerstag die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in den Mittelpunkt des Interesses.

Allerdings kann man schon heute Morgen behaupten, dass ein Knalleffekt, wie ihn am Dienstag die Schweizer Nationalbank gelandet hat, ausbleiben wird. Der EZB-Rat wird die Leitzinsen sicher nicht verändern und folgt somit den Vorgaben der Bank of Japan, die auf eine weiterhin lockere Geldpolitik setzt.

Doch in Europa ticken die Uhren anders. Die Schuldenkrise bringt die Notenbanken in eine kritische Situation. Hatten die Marktteilnehmer vor Wochen und Monaten noch über die Höhe der nächsten Zinserhöhung diskutiert, so drängt sich nun die Frage auf, ob man nicht nach amerikanischem Vorbild die Zinsen für einen längeren Zeitraum einfach einfriert oder gar senkt. So wächst angesichts der Verdüsterung der wirtschaftspolitischen Aussichten in der Euro-Zone der Druck auf die EZB, eine Kehrtwende zu vollziehen.

Einen ersten Schritt hat man bereits im August getan, als man einen Sechsmonatstender mit Vollzuteilung beschlossen hatte. Gespannt darf man auf die Ausführungen des EZB-Präsidenten auf Abruf, Jean-Claude Trichet, zur Inflationsentwicklung im Euroraum, zu dem schwachen Geldmengenwachstum und der weiteren Vorgehensweise bei Staatsanleihenankäufen sein. In der aktuellen Situation ist auch eine Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes nicht gänzlich ausgeschlossen. Da sich die Banken nicht mehr gegenseitig vertrauen, kann dies ein Mittel sein, das Horten von Liquidität bei der EZB unattraktiv zu gestalten.

Zürich zieht die Reißleine – norwegische Kronen ziehen an
Dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) in Zürich irgendwann die Reißleine ziehen würde, hatte sich schon über Monate angedeutet. Nun haben die Eidgenossen ernst gemacht. Um dem anhaltenden Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken Einhalt zu gebieten, hat die SNB einen Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro ausgegeben, den sie willens ist zu verteidigen. Dies geschieht hauptsächlich durch den Aufkauf von Euro-Staatsanleihen, was einerseits die Euro-Reserven der SNB aufblähen und andererseits die Märkte mit Schweizer Franken fluten wird. Wie lange dies die durchaus potente SNB durchhalten wird, ist die eine Sache. Die andere ist die der Folgen für den Anleger. Das Kalkül auf Währungsgewinne dürfte für die ohnehin schon renditeschwachen Anlagen in Schweizer Franken mit diesem Schritt der SNB zunichte gemacht sein, zumindest so lange der Atem der Notenbank hält.

Bei Investitionen in Schweizer Franken stand ohnehin schon immer der Sicherheitsgedanke an erster Stelle. Aber wenn nun eine 9-jährige Anleihe etwa der KfW (WKN A1CSAY), die in Franken notiert, nur mehr mit 1,41% rentiert, liegt diese nochmals spürbar unter dem Renditeniveau von 1,74%, das eine deutsche Bundesanleihe mit gleicher Laufzeit auf die Waage bringt. Die Baader Bank betreut den Handel mit Schweizer Anleihen an den Börsen Düsseldorf und Berlin.

Als Reaktion auf die Maßnahmen der SNB ist indessen der Kurs einer anderen Fluchtwährung, der norwegischen Krone, in die Höhe geschossen. Bekam man vor Monatsfrist noch 7,91 Kronen für einen Euro, liegt die Parität aktuell bei ein Euro = 7,48 Kronen. So bringt eine bis 5/2013 laufende norwegische Staatsanleihe (WKN 858524) noch 1,78% Rendite. Dennoch ist der Titel, der von der Baader Bank an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München gehandelt wird, stark gesucht. Die Frage wird sein, ob sich nicht auch bald Norwegen solcher Abwehrmaßnahmen, wie die Schweiz sie eingeführt hat, bedienen muss.

Galgenfrist für Hellas – Licht am Horizont für Irland und Portugal
Bis Mitte September läuft die Galgenfrist für Griechenland. Bis dahin will man Athen Zeit lassen, die Umsetzung des Reformprogramms „technisch“ abzuschließen. Erst wenn dann EU-Kommission, EZB und IWF bestätigen, dass der Budgetentwurf 2012 und die Strukturreformen erfolgversprechend auf den Weg gebracht sind, gibt’s weitere Hilfskredite. Athen liebäugelt indessen mit einer Senkung der Defizitziele. Das dadurch entstehende Loch will man mit dem zweiten Kredit- und Bürgschaftsprogramm füllen, auch wenn damit die Gelder schneller als zunächst geplant verbraucht wären.

Dass der Markt der Odyssee griechischer Staatsfinanzen längst nicht mehr traut, zeigt auch der Vergleich mit den anderen Sorgenkindern Irland und Portugal, die sich wesentlich besser entwickeln. So liegen die Renditen von bis 2020 laufenden irischen Bonds bei rund 8% (WKN A0ACL3), die von vergleichbaren portugiesischen Anleihen (beispielsweise WKN A1ATN7) bei 11,3%. Dagegen brächte ein bis 2020 laufender Hellas-Bond rund 19% Rendite (WKN A1AUMV), soweit sich überhaupt noch ein Anleger an solche Papiere ranwagt.

Die Pipeline ist voll – der Primärmarkt bleibt leer
Die schlechten Nachrichten reißen nicht ab. Nachdem Griechenland zugestehen musste, das für dieses Jahr vereinbarte Defizitziel nicht erreichen zu können, gingen die Kurse abermals gen Süden. Es wird immer deutlicher, dass es Griechenland auch in Zukunft nicht mehr gelingen wird, sich eigenständig zu refinanzieren. Hinzu kamen die Äußerungen der Ratingagentur Standard Poor’s, die vieldiskutierten Eurobonds mit Ramschstatus zu bewerten, so wie das schwächste Emissionsland (Griechenland CC+) innerhalb der Eurozone.

Obwohl die Pipeline für potentielle Neuemissionen gut gefüllt ist, ist es derzeit nicht leicht, Investoren zu überzeugen, um in neue Bonds zu investieren. Energie Baden-Württemberg und Fresenius befinden sich in dieser Woche auf Roadshow. Es bleibt spannend, ob und wenn ja zu welchen Konditionen die Unternehmen derzeit neue Schuldverschreibungen emittieren können.

Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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