Die Finanzbranche wartet auf Hinweise zur weiteren Vorgehensweise seitens des EZB-Präsidenten Mario Draghi zum Thema Ankauf von Covered Bonds sowie ABS-Titeln. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
05.12.2014 10:58 Uhr
GELDMARKTPOLITIK DER EZB

Baader Markets: Lange schon wartet der EZB-Rat auf die göttliche Eingebung

FrankfurtMain/München, 05.12.2014 10:58 Uhr (Klaus Stopp)

Am heutigen Donnerstag richtet sich die Aufmerk­sam­keit der Kapi­tal­mark­tak­teure auf das neue Domizil der Euro­päi­schen Zentral­bank (EZB) in Frank­furt, wo erst­mals eine geld­po­li­ti­sche Sitzung abge­halten wird. Noch ist das Gebäude nicht voll­ständig fertig­ge­stellt, aber das trifft auch auf die Geld­po­litik der EZB zu, an der noch intensiv gebas­telt werden muss.

Informationen zum Autor:
Klaus Stopp
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds der Baader Bank und stellt seine Analysen seit 15 Jahren vor.

Manchmal hat man den Eindruck, dass die humoristische Satire von Ludwig Thoma „Ein Münchner im Himmel“ aus dem Jahre 1911 ohne weiteres auf die EZB übertragbar wäre. So heißt es bei Thoma, dass die bayerische Regierung immer noch auf die göttliche Eingebung warte. Dies scheint bei den europäischen Notenbankern nicht anders zu sein. Zu unterschiedlich sind die Sichtweisen bezüglich der vermeintlich richtigen Geldpolitik.

Nach dem bisher beschlossenen Ankauf von Covered Bonds sowie ABS-Titeln und der Versorgung der Kreditinstitute mit langfristigen Refinanzierungsgeschäften wartet die Finanz-Community auf Hinweise zur weiteren Vorgehensweise seitens des EZB-Präsidenten Mario Draghi. Sicherlich werden heute keine neuen Maßnahmen verkündet werden, aber ein Hinweis auf solche Maßnahmen sowie ein zeitlicher Rahmen ist nicht auszuschließen. Ob auch der umstrittene Ankauf von Staatsanleihen thematisiert wird, bleibt abzuwarten. Zu divergent sind die Aussagen führender Notenbanker zu diesem Kapitel der Geldpolitik. Die bisher damit agierenden Zentralbanken hatten alle den Vorteil, nur in ihrem eigenen Land aktiv sein zu müssen. Bei der EZB würden erstmals Staatsanleihen von vielen autonomen Staaten aufgekauft werden, die lediglich in Teilbereichen miteinander kooperieren. Aus diesem Grund ist man in dieser Angelegenheit auch noch zu keinem Konsens gekommen. Denn zu viele Fragen sind in diesem Zusammenhang unbeantwortet. Nach welchem Schlüssel wird angekauft? Ist es wirklich notwendig, da viele Staaten wie Italien und Spanien sich inzwischen zu historisch niedrigen Zinssätzen refinanzieren können? Ist auch der Ankauf im Sekundärmarkt als Staatsfinanzierung zu betrachten? Wer trägt die damit verbundenen Risiken?

Da mit dem Ankauf von Corporate Bonds ein unkomplizierteres Konstrukt zur Verfügung steht, ist eher damit zu rechnen, dass diese Karte seitens der Notenbanker ausgespielt wird. Schon in wenigen Stunden kann es sein, dass wir wissen, welche Maßnahmen ergriffen werden, um mittels eines schwächeren Außenwerts des Euros die Konjunktur anzukurbeln und zugleich die Inflation über den Import zu fördern. Es kann aber auch sein, dass der EZB-Rat nach der heutigen Sitzung noch immer auf die göttliche Botschaft wartet.

In diesem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass von 2015 an die geldpolitischen Beschlüsse nicht mehr alle vier Wochen zur Beratung anstehen, sondern nur noch alle sechs Wochen. Das bedeutet aber auch, dass wegen des Beitritts von Litauen und des daraus resultierenden Rotationsverfahrens im EZB-Rat der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in den Monaten Mai und Oktober nicht stimmberechtigt sein wird. Mario Draghi wäre gut beraten, kritische Beschlüsse nicht in diesen Monaten zu fassen.

Paris und Berlin wollen Junckers Wunderwaffe nachbessern

Damit das, was EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vergangene Woche als Wunderwaffe präsentiert hat, nicht zum Rohrkrepierer wird, suchen nun Berlin und Paris den Schulterschluss. So machen Deutschland und Frankreich Druck, damit aus dem 315-Milliarden-Investitionspaket der EU-Kommission kein Papiertiger wird.

Dabei kann sich der genannte Umfang des Programms schnell als Luftnummer entpuppen, wenn es nicht gelingt, die 16 Mrd. € an Garantien der Kommission und weitere 5 Mrd. € der Europäischen Investment Bank durch private Investitionen auf das Fünfzehnfache zu erhöhen. Diese seltsamen Rechenkünste der Kommission sind auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble suspekt. „Es kommt nicht darauf an, möglichst große Summen ins Schaufenster zu stellen“, sagt er daher. Es müsse vielmehr rasch eine Liste von Projekten erstellt werden, in die konkret investiert werde, um mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen. Zusammen mit Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron will er nun bis zum nächsten EU-Gipfel am 18. und 19. Dezember Verbesserungen an Junckers Plan zur seltsamen Geldvermehrung erarbeiten. Damit man von dem Programm „voll und ganz“ profitieren könne, lautet die offizielle Redewendung aus Berlin und Paris.

Es sieht so aus, als ob die beiden größten Euroländer Junckers Wunderwaffe nicht trauen und versuchen zu retten, was zu retten ist. Dies heißt konkret, dass beide Länder mehr in die Energiewende, die Autoindustrie und die Digitalwirtschaft investieren wollen. Aber soll es tatsächlich zu einer deutsch-französischen „Modernisierungspartnerschaft" als Motor für den Kontinent kommen, wie es großspurig heißt, dann muss Frankreich natürlich auch seine Hausaufgaben machen. Immerhin versprach der französische Finanzminister Michel Sapin, dass Paris bis zum Frühjahr Brüssel konkrete Vorschläge für Strukturreformen vorlegen werde. Man sollte ihn beim Wort nehmen.

EU-Sorgenkinder bereiten weiter Sorge

Frankreich, Italien und Griechenland gehören weiterhin zu den Sorgenkindern der Eurozone. So haben in Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft in der EU, die jüngsten Arbeitslosenzahlen keine Wende zum Besseren gebracht. Im Gegenteil, im Oktober 2014 kletterte die Zahl der Menschen ohne Job auf ein neues Rekordhoch. Demnach waren in dem Monat 3,46 Mio. Menschen arbeitslos gemeldet. Das waren 28.400 mehr als im September, was zugleich der stärkste Zuwachs binnen eines Monats seit Februar gewesen ist.

Indessen steckt Italien weiter tief in der Rezession fest. Die drittgrößte Volkswirtschaft des Euroraums schrumpfte im dritten Quartal um 0,1% gegenüber dem Vorquartal. Zugelegt hatte die italienische Wirtschaft zuletzt in der ersten Hälfte des Jahres 2011.

Vor diesem Hintergrund hatten die beiden Länder unlängst mehr Zeit für die Konsolidierung ihrer Haushalte bei der EU-Kommission eingefordert. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte daraufhin keine wirkliche harte Haltung an den Tag gelegt. Diese Länder würden es nicht mögen, wenn man ihnen auf die Füße trete, sagte er sinngemäß.

Diese Reaktion wiederum rief den einsamen Rufer in der Euro-Wüste, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, auf den Plan, der die nachsichtige Haltung der EU-Kommission gegenüber Frankreich, Italien und auch Belgien kritisierte, die 2015 die Vorgaben des europäischen Stabilitätspaktes nicht einhalten werden. Trotz erheblicher Fehlplanungen habe Brüssel darauf verzichtet, „ambitionierte Haushaltspläne einzufordern", so Weidmann. „Dabei hat die Finanzkrise gezeigt, wie wichtig es ist, die Spielregeln einzuhalten“, machte er klar.

Ein weiteres (Dauer-)Sorgenkind der EU ist Griechenland, das derzeit in einem zähen Ringen um weitere Sparmaßnahmen mit seinen internationalen Geldgebern steckt. Vier Wochen vor Ablauf des internationalen Hilfsprogramms versucht die Regierung in Athen, radikale Kürzungen bei Gehältern und Renten abzuwenden und mehr Geld mit Reformen und indirekten Steuern einzutreiben. Offenbar könnte die Mehrwertsteuer für Hotels von heute 6,5% auf 13% angehoben werden. Die Renten sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren eingefroren werden und die Gehälter der Staatsbediensteten auf das Niveau der im privaten Bereich geltenden Löhne sinken.

Reflexartig reagierten die griechischen Hoteliers empört auf die drohende Mehrwertsteuererhöhung – ausgerechnet in einer Zeit, in der der griechische Tourismus abhebe! Ja, wenn nicht jetzt, wann dann, mag man da fragen. Die Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU und Europäischer Zentralbank (EZB) sieht das Minus im griechischen Haushalt 2015 bei mehr als 2,5 Mrd. €, was Athen bestreitet. Eine Einigung mit der Troika ist die Voraussetzung für weitere Hilfen für das Land.

Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de

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