Brexit: Riskantes Spiel von Theresa May mit Nordirland und Schottland
Düsseldorf, 16.03.2017 12:13 Uhr (Klaus Stopp)
Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift der Queen. Nachdem das britische Oberhaus kurz aufbegehrt hatte, wurde das Gesetz zum Brexit Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) ohne Änderungen durchgewunken.
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds der Baader Bank und stellt seine Analysen seit 15 Jahren vor.
Ganz nach dem Geschmack der Hardliner unter den Brexiteers um Premierministerin Theresa May. Noch vor Ende März will sie in Brüssel die Scheidungspapiere einreichen - dann mit dem Plazet von Königin Elisabeth II.
Rücksicht auf die Schotten oder die Nordiren, die im Juni 2016 gegen den EU-Austritt gestimmt hatten, wurde nicht genommen. Damit spielt die Regierung in Number 10, Downing Street, freilich ein riskantes Spiel. Denn nun sorgen separatistische Tendenzen in Schottland und Nordirland für Unruhe. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat bereits Forderungen nach einem neuen Unabhängigkeitsreferendum erhoben. Die Nordiren fürchten um den freien Handel mit der Republik Irland. Laut Sturgeon soll das Referendum zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 stattfinden, doch die Entscheidung darüber liegt beim Parlament in Westminster. May machte aber schnell klar, dass sie ein Referendum nicht zulassen werde. In der Folge war das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar auf den tiefsten Stand seit knapp zwei Monaten gesunken.
Doch nicht nur derartige Spaltungstendenzen bergen Risiken, die sich Großbritannien mit dem Brexit aufbürdet. Bei den Verhandlungen geht es ums Eingemachte, wobei London es nicht wirklich in der Hand hat, welche Themen in welcher Reihenfolge verhandelt werden. Über allem schwebt das Damoklesschwert einer „gesalzenen Rechnung“, wie es EU-Präsident Jean-Claude Juncker ausgedrückt hatte. Nicht von Ungefähr hatte diese Woche Brexiteer und Außenminister Boris Johnson gesagt, auch kein Abkommen mit der EU wäre vollkommen okay. Bevor’s etwas kostet, mag man hinzufügen.
Schuldenproblem durch den Brexit
Es gibt mit der Staats- aber vor allem der Privatverschuldung noch ein anderes Risiko, das über Number 10 schwebt. Denn bereits heute leben die privaten Haushalte über ihre Verhältnisse und die öffentliche Schuldenquote liegt bei rund 90 Prozent des BIP. Volkswirte des Centrums für Europäische Politik (CEP) schlussfolgern daraus, dass die Kreditfähigkeit Großbritanniens seit 2012 Jahr für Jahr verfalle. Dafür sei maßgeblich „die hohe Konsumneigung der Bevölkerung" verantwortlich. Seit 2012 konsumierten die Briten mehr als 100 Prozent des verfügbaren Einkommens, während die Investitionen hinterherhinkten. Hielte diese Entwicklung an, bekäme die britische Volkswirtschaft irgendwann Probleme, im Ausland aufgenommene Schulden zurückzuzahlen.
Aber darauf ist sie laut CEP dringend angewiesen. Denn die Verbindlichkeiten der privaten Haushalte haben dazu geführt, dass in der Leistungsbilanz des Landes eine Lücke von rund 5 Prozent der Wirtschaftsleistung klafft, die mit ausländischem Kapital gefüllt werden muss. Sollten hier die Kapitalgeber das Vertrauen verlieren, droht den Briten eine Finanzkrise. Es wird also viel davon abhängen, wie die Investoren auf den Brexit-Antrag und vor allem die nachfolgenden Austrittsverhandlungen reagieren werden.
(Quelle: Klaus Stopp - Baader Bank)
Europa Politik
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