Alle sieben Jahren verändern sich Märkte radikal. Seit der Finanzkrise 2007/2008 sehen viele Finanzexperten eine erneute Blasenbildung an den Finanzmärkten. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
08.10.2014 15:47 Uhr
FINANZMARKTAUSBLICK Q4

Chefökonom Steen Jakobsen: China und Europa steuern erneut auf Minsky-Moment zu

Kopenhagen, 08.10.2014 15:47 Uhr (Gastautor)

Nach Auffas­sung der auf Multi-Asset-Anlagen spezia­li­sierten Invest­ment­bank Saxo Bank ist der über die letzten Jahre gewach­sene globale Schul­den­berg die Kehrseite der quan­ti­ta­tiven Locke­rung. USA, China und Europa würden auf das nächste Minsky-Moment zusteuern.

In ihrem letzten Quartalsausblick berichtete die Bank, Asiens Auslandsschulden seien binnen eines Jahrzehnts von 300 Milliarden US-Dollar auf 2,5 Billionen Dollar gestiegen. China gebe Unsummen für den Schuldendienst aus, auf den immerhin 39 Prozent seiner Wirtschaftsleistung entfallen. Auch die USA stünden nicht viel besser da: 2013 machten die Zinsen auf US-Staatsanleihen – trotz extrem niedriger Zinssätze – sechs Prozent des Haushalts aus. Die Schuldenlast hat sich in nur zehn Jahren auf 80 Prozent des BIP nahezu verdoppelt. Laut der Saxo Bank verschließt man sich in der westlichen Welt nach wie vor den unerlässlichen Reformen zur Förderung des privaten Unternehmertums.

? Minsky-Moment: Verwerfungen auf einzelnen Teilmärkten werden auch auf andere Finanzmarktsegmente übertragen (sog. Minsky-Moment). Im Ergebnis kommt es zu einem Verfall der Vermögens­preise auf breiter Front und zu erheblichen Auswirkungen auf die reale Sphäre der Volkswirtschaft.

Ein interessanter Artikel zum Thema "Minksy-Moment" bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung datiert im Krisenjahr 18.09.2007.

Steen Jakobsen, Chefökonom der Saxo Bank: "Wir dürfen das Thema Schulden nicht länger unter den Teppich kehren. Dieses Problem hat mittlerweile Dimensionen erreicht, die sich nicht mehr ignorieren lassen. Der Zeitpunkt mag noch ungewiss sein, doch die USA, China und Europa steuern bereits auf das nächste Minsky-Moment zu.“

Noch nie sei die Kluft zwischen Realität und subjektiver Wahrnehmung der aktuellen Wirtschaftslage größer gewesen. „Gleichzeitig sind die sich daraus ergebenden Handelschancen besser denn je. Die Welt geht nicht unter. Sie bereitet sich lediglich auf einen neuen Anfang vor, wenn wir uns dem eigentlichen Problem, den Schulden, stellen müssen“, erklärt Jakobsen.

Laut Jakobsen lassen sich die Schulden nur auf zweierlei Weise abbauen: entweder durch Abschreibung oder durch überdurchschnittliches Wachstum. Doch diese Ansätze lassen sich im nächsten Quartal weder politisch noch praktisch umsetzen. Das bedeutet, dass die Zinsen weltweit auf ihrem aktuellen Niveau verharren oder sogar noch weiter sinken müssen, während wir so lange an der „Extend-and-Pretend“-Strategie festhalten, bis Minsky uns wieder eingeholt hat.

Zu Beginn des vierten Quartals sieht es nicht danach aus, als würden die Märkte ihren Willen bekommen: Tatsächlich verläuft die Rückkehr zur geldpolitischen Normalisierung in den USA nicht gerade reibungslos. Bei einem aufwertenden US-Dollar dürfte die Erholung der US-Konjunktur ins Stocken geraten. Insofern ist mit einem deutlichen Anstieg von Unsicherheit und Volatilität zu rechnen. Anleihen werden noch einmal kräftig anziehen und auch hier dürfte die Volatilität zunehmen.

Rohstoffe

Angesichts der Goldpreise in anderen Währungen ist Ole S. Hansen, Rohstoffexperte der Saxo Bank, der Auffassung, dass die Schwäche in erster Linie durch die Dollar-Stärke bedingt ist. So hat der Goldpreis in Euro seit Jahresbeginn um knapp 10 Prozent zugelegt und in etwa halb so stark in Yen.

Hansen: "Wir sehen die anhaltende Aufwertung des Dollars im letzten Quartal als das größte Problem für die Entwicklung am Gold- und Silbermarkt. Hinzu kommt, dass die aktuelle Stagnation in China, Europa und anderen Regionen die Erwartungen an eine straffere Gangart der Fed wahrscheinlich deutlich mäßigen wird.“

Der Energiesektor könnte zu Beginn des letzten Quartals Mühe haben sich zu behaupten. Grund ist der saisonbedingte Nachfragerückgang bei den Raffinerien in den USA, der für gewöhnlich zu einem Anstieg der Lagerbestände führt. Voraussichtlich wird die OPEC spätestens bei ihrem nächsten, für den 27. November geplanten Treffen den Preisverfall thematisieren. Dabei besteht allerdings weiter das Risiko, dass die OPEC keine Einigkeit mit dem Irak, Libyen und sogar dem Iran demonstriert. Für die einzelnen Länder geht es letztlich darum, bei fallender Nachfrage nach OPEC-Öl ihren eigenen Marktanteil zu erhöhen.

Devisen

Für John J. Hardy, Leiter Devisenstrategie bei der Saxo Bank, sind schwache Rohstoffmärkte und niedrige Anleiherenditen ein Zeichen dafür, dass der Markt sich um die weltweite Nachfrageentwicklung und das globale Wachstumspotenzial sorgt, von Disinflation/Deflation ganz zu schweigen. Augenscheinlich habe der Devisenmarkt eine ganze Weile gebraucht um zu realisieren, dass die wichtigsten Rohstoffindizes sich zu Beginn des vierten Quartals dem niedrigsten Stand seit mehreren Jahren annähern und Rohstoffwährungen aufgrund der schwächelnden Rohstoffmärkte im nächsten Quartal noch deutlich nach unten rutschen könnten.

Besonders kritisch ist laut Hardy die Frage, was passiert, falls die EZB nicht direkt in das QE übergeht, denn die Märkte haben sich bei der Vorwegnahme dieses Schritts förmlich überschlagen.

Hardy: „Bei der EZB gibt es eine mächtige Fraktion von QE-Gegnern, allen voran die Bundesbank. Gleichzeitig besteht in Deutschland erheblicher politischer Widerstand gegenüber dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank, da auf diese Weise Haushaltsdefizite der EU-Mitgliedstaaten finanziert würden. In die gleiche Richtung geht die Frage, was passiert, falls die gezielten langfristigen Refinanzierungsgeschäfte sowie die ABS-Käufe der EZB sich als weniger umfangreich erweisen, als vom Markt erhofft, und es dem Markt allmählich dämmert, dass sich eine quantitative Lockerung nicht auf die Schnelle umsetzen lässt.“

Nach Hardys Einschätzung würde eine langsamer als erwartet stattfindende Ausweitung der EZB-Bilanz die Abwertung des Euro verlangsamen. Im Ergebnis könnte der Euro sogar gegenüber den schwächeren Währungen am Markt zulegen, falls enttäuschte Euro-Carry-Trader sich steigender Volatilität gegenübersehen. Tendenziell korreliert Volatilität eher negativ mit Carry Trades. Im Übrigen dürfte laut Hardy die anhaltende USD-Stärke den Markt dominieren.

Aktien

Aktien sind weltweit immer noch fair bewertet; es bestehen keinerlei Hinweise auf eine Blasenbildung. Bei niedrigen Zinsen und anhaltendem Wirtschaftswachstum weltweit bleiben Aktien bis auf Weiteres die attraktivste Anlageform.

Peter Garnry, leitender Aktienstratege bei Saxo Bank: „In unserem Marktausblick für Q4 präsentieren wir drei Handelsempfehlungen für Aktien, die zu unserem globalen Gesamtbild passen. Gleichzeitig möchten wir das Anlegerinteresse aber auch auf bestimmte Länder, Sektoren und Einzeltitel lenken, an die man normalerweise wohl nicht denken würde. So setzen wir auf Long-Positionen bei US-Erdgas. Seit dem Höchststand im Juni sind die Kurse hier um 21 Prozent gefallen. Bei indischen Aktien sind wir wegen der ungerechtfertigt hohen Bewertungen short und wetten auf negative wirtschaftliche Überraschungen. Und schließlich gehen wir bei Goldman Sachs im Hinblick auf die voraussichtliche Erholung der US-Konjunktur und einer Belebung der Kapitalmärkte long.“


(Quelle: Saxo Bank)

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