Dorothea Schäfer, Finanzexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin), stellt die britische Börsensteuer und die EU-Finanztransaktionssteuer auf den Prüfstand. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
22.02.2012 10:23 Uhr
ANALYSE DER FINANZTRANSAKTIONSSTEUER

DIW Berlin nimmt EU-Vorschlag zur Finanztransaktionssteuer unter die Lupe

Düsseldorf, 22.02.2012 10:23 Uhr (Gastautor)

Prof. Dr. Doro­thea Schäfer, Finanz­ex­pertin beim Deut­schen Institut für Wirt­schafts­for­schung e.V. (DIW Berlin), stellt die briti­sche Börsen­steuer und die EU-Finanz­trans­ak­ti­ons­steuer auf den Prüf­stand.

Ergebnis: Die EU-Finanztransaktionssteuer dürfte das riesige Handelsvolumen an den Finanzmärkten verringern, hochspekulative Geschäfte eindämmen und die Finanzmärkte wieder stärker an die Realwirtschaft koppeln. Laut DIW-Finanzexpertin Dorothea Schäfer schneidet sie besser ab als die britische Börsensteuer. „Das Modell der EU-Kommission ist breiter angelegt und belastet genau die Finanzprodukte, die besonders oft mit Spekulationsgeschäften in Verbindung gebracht werden."

Hintergrund
Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, Käufe und Verkäufe bei Börsengeschäften mit 0,02 Prozent bis 0,2 Prozent des gehandelten Papierwerts zu besteuern. Wegen dieser niedrigen Steuersätze wird nur wer viel handelt hoch belastet. Betroffen wäre vor allem der so genannte Hochfrequenzhandel, der nach jüngsten Schätzungen 30 bis 40 Prozent des europäischen Handelsvolumens ausmacht. Per automatisierten Handelscomputern werden dabei zum Beispiel Verkaufsorder analysiert, angenommen und innerhalb von Sekundenbruchteilen zu einem höheren Preis wieder abgeworfen. Mit Millionen solcher Transaktionen werden hohe Gewinne erzeugt, obwohl die einzelnen Geschäfte oft nur einen minimalen Überschuss liefern. „Die Steuer kappt die Anreize des schnellen Geschäfts, weil sie bei jeder Transaktion anfällt“, so die DIW-Expertin.

Expertin: "EU-Vorschlag ist der britischen Börsenumsatzsteuer vorzuziehen."

Nach dem Vorschlag der EU-Kommission wird jede Transaktion besteuert, bei der entweder Käufer oder Verkäufer aus der EU kommen (Sitzlandprinzip). Kommen beide aus EU-Ländern, müssen auch beide zahlen. Das Steueraufkommen fließt unmittelbar in die Heimatländer der Vertragspartner. „Länder, die bereits eine Börsensteuer eingeführt haben, müssen daher nicht mit Ausfällen rechnen, wenn sie die EU-Steuer adaptieren“, sagt Dorothea Schäfer.

Dennoch sperrt sich etwa Großbritannien weiter hartnäckig gegen eine EU-weite Steuer auf Finanztransaktionen. Besteuert wird dort lediglich der Handel von Aktien und Unternehmensanleihen, die Unternehmen mit Sitz in Großbritannien ausgeben. Der Steuersatz beträgt vergleichsweise hohe 0,5 Prozent des Kaufpreises. Die britische Regelung kennt jedoch viele Ausnahmen. Laut Schätzungen werden nur 20 Prozent des Handels an der Londoner Börse tatsächlich von der Steuer erfasst. Die vorgeschlagene EU-Steuer ist dagegen sehr viel breiter angelegt. Nur Transaktionen durch Privatpersonen und mit der EZB sollen weitgehend befreit sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Finanzierung der Realwirtschaft nicht beeinträchtigt wird, sondern in erster Linie der Handel der Finanzinstitute gelenkt wird. Das erhöht die Chancen, jene Finanzprodukte zu belasten, die besonders oft mit Spekulationsgeschäften in Verbindung gebracht werden.

Kaum Risiken für private Anleger
Die Folgen für private Anleger bewertet die DIW-Expertin als überschaubar. „Das hängt davon ab, wie häufig der Portfoliomanager handelt.“ Bei einem ruhigen Portfoliomanagement sei die Steuerbelastung für den Sparer gering. Ein Portfoliomanager, der mehrmals im Jahr umschichte, verursache dagegen hohe Steuern. „Aber jeder Anleger hat ja selbst in der Hand, welchen Portfoliomanager er beauftragt“, so Dorothea Schäfer.

(Quelle: DIW Berlin)

 

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