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The Economist | Digitales Gesundheitswesen - Daten verändern die Medizin

Dokument: London/Düsseldorf, 02.02.2018 13:23 Uhr (Frank Schulz)

Der Zusammenschluss von drei der größten amerikanischen Unternehmen Amazon, Berkshire Hathaway und JPMorgan Chase, ist Teil einer Verschiebung von Anbietern zu Patienten und von Ärzten zu Daten im Gesundheitswesen. Patienten erhalten via Smartphones eine bessere Diagnose. Willkommen im Zeitalter von Doctor You.

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Herausgeber seit 2007 und Gründer von FMM-Magazin. Projekte in der Finanz-/Medienindustrie seit 2003 u.a. bei Gruner + Jahr (Financial Times Deutschland) und der OnVista Group. Editor von über 8.000 Fachartikeln zum Thema Finanzwissen, Nachhaltigkeit, Innovation und Wirtschaft.

Highlights from The Economist Print-Edition auf FMM-Magazin.de - seit 2013. Ausgabe 02.02.2018 mit dem Leitthema: "Doctor You" - übersetzte Auszüge.

The Economist Leitthema Artikel Doctor You

Wenn Menschen heute mit einem Gesundheitssystem der reichen Länder konfrontiert werden, dann wissen sie, was sie erwartet: ungeduldige Ärzte, endlose Tests, verwirrende Ausdrücke, steigende Kosten und vor allem lange Wartezeiten. Ein gewisser Stoizismus wird immer notwendig sein, denn die Gesundheitsversorgung ist komplex und Sorgfalt ist wichtig. Aber die Frustration kocht über. In dieser Woche kündigten drei der größten Namen im amerikanischen Geschäft - Amazon, Berkshire Hathaway und JPMorgan Chase - ein neues Unternehmen an, um ihren Mitarbeitern eine bessere und günstigere Gesundheitsversorgung zu bieten. Ein grundlegendes Problem des heutigen Systems besteht darin, dass es den Patienten an Wissen und Kontrolle mangelt. Der Zugriff auf Daten kann beides verbessern.

Über das Internet können Patienten bereits online nach ärztlicher Beratung suchen, wann und wo sie es wünschen. Sie können Over-the-Counter-Tests durchführen, um Ihr Blut zu analysieren. Ein radikaler Wandel jedoch erfordert eine Verschiebung der Nachfrage vom Versorger zum Patienten und von Ärzten zu Daten. Diese Veränderung findet bereits statt. Technologien wie das Smartphone ermöglichen es den Menschen, ihre eigene Gesundheit zu überwachen.

Die Möglichkeiten multiplizieren sich, wenn Menschen die entscheidenden, fehlenden Zutaten hinzufügen - den Zugang zu den eigenen medizinischen Unterlagen und die Möglichkeit, Informationen mit denen zu teilen, denen sie vertrauen. Das ermöglicht Schwächen in der eigenen Behandlung zu reduzieren und Daten zur Verfügung stellen, um medizinische Regeln zu trainieren. So können sie ihre eigene Gesundheit und die anderer verbessern.

Werden Sie zum eigenen Arzt?

Wir werden bessere Diagnosen erhalten. Jemand, der sich Sorgen um sein Herz macht, kann jetzt ein Armband kaufen, das einen medizinischen Monitor enthält, der Herzrhythmusstörungen erkennen kann. Apps konkurrieren, um alles diagnostizieren zu können - von Hautkrebs und Gehirnerschütterung bis zur Parkinsonkrankheit. Einige gehen so weit, dass durch Veränderungen in der Geschwindigkeit, mit der eine Person den Touchscreen eines Telefons wischt, der Beginn kognitiver Probleme erkannt wird.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Behandlung komplexer Krankheiten. Diabetes-Apps können die Art und Weise verändern, wie Patienten mit ihr zurechtkommen, indem sie den Blutzuckerspiegel und die Nahrungsaufnahme überwachen, wodurch langfristige Schädigungen wie Blindheit potenziell reduziert werden. Das Start-up Akili Interactive beantragt die behördliche Genehmigung für ein Videospiel, das einen Bereich des Gehirns stimulieren soll, welcher an dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität (ADHS) beteiligt ist.

Akili Interactive Computer Spiel Healthcare

Ein weiteres Problem sind Daten in Patientenakten. Häufig können diese nicht maschinell ausgelesen werden, was zu Verzögerungen bei der Behandlung führen kann. Am 24. Januar hat Apple seine Pläne bekannt gegeben, Organisationen zu bitten, dass Patienten ihre Smartphones benutzen dürfen, um ihre eigenen medizinischen Unterlagen herunterladen zu können.(siehe Artikel).

Eine Geschäftseinheit der Muttergesellschaft von Google - Alphabet - arbeitet an dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) um Krebsgewebe und Netzhautschäden zu identifizieren. Da die Daten der Patienten von Smartphones und "Wearables" stammen, werden sie über KI immer aussagekräftiger. Zukünftige KIs könnten beispielsweise eine automatisierte medizinische Diagnose anhand einer Beschreibung ihrer Symptome liefern, Verhaltensmerkmale aufzeigen, die darauf hinweisen, dass sie depressiv sind, oder feststellen, ob sie ein besonderes Risiko für Herzerkrankungen haben.

Thema Sicherheit und Transparenz

Das Thema Sicherheit macht natürlich Sorgen. Je mehr Patientendaten in der Cloud analysiert oder mit verschiedenen Firmen geteilt werden, desto größer ist die potenzielle Gefahr von Hacking oder Missbrauch. Fast ein Viertel aller Datenverletzungen in Amerika ereignet sich im Gesundheitswesen. Es wäre naiv zu erwarten, dass es niemals zu Verstößen kommt.

Werden die Vorteile einer breiteren Verfügbarkeit von Daten diese Risiken überwiegen?

Die Zeichen sind, dass sie es werden. Viele Länder öffnen jetzt ihre Krankenakten, aber nur wenige sind so weit gegangen wie Schweden. Ziel ist es, allen Bürgern bis 2020 einen elektronischen Zugang zu ihren Krankenakten zu gewähren; über ein Drittel der Schweden hat bereits Accounts eingerichtet. Studien zeigen, dass Patienten mit einem solchen Zugang ein besseres Verständnis Ihrer Krankheiten haben und dass ihre Behandlung erfolgreicher ist. Studien in Amerika und Kanada haben nicht nur glücklichere Patienten, sondern auch geringere Kosten belegen können, da Kliniken weniger Anfragen erhalten. Das sollte keine Überraschung sein. Niemand hat ein größeres Interesse an Ihrer Gesundheit als Sie.

Trust in Doctor You!

(Übersetzung / Kuratieren: Frank Schulz)

(Quelle: Mit einer wachsenden internationalen Print- und Digitalauflage (aktuell rund 1,55 Millionen) und seinen aufschlussreichen Analysen und Meinungen über jeden Aspekt des aktuellen Weltgeschehens, ist The Economist einer der angesehensten und meistgelesenen Nachrichtenmagazine. Die Zeitschrift berichtet über Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie Bücher und Kunst, und schließt jede Woche mit einem Nachruf. Die Website Economist.com bietet Artikel aus den vergangenen zehn Jahren und zusätzliche Inhalte wie Blogs, Debatten und Audio sowie Video-Programme, die nur Online erhältlich sind. The Economist steht Lesern auch auf Android, iPhone oder iPad-Geräten zum Download zur Verfügung.)

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