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The Economist Leitartikel: Scheidung auf Griechisch

Dokument: London/Düsseldorf, 18.06.2015 19:27 Uhr (Frank Schulz)

Zanny Minton Beddoes, Chefredakteurin des britischen Economist stellt die aktuelle Titelgeschichte vor. Wie hoch ist das Risiko, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone birgt? Eine Scheidung zu vermeiden, wäre besser für alle. Doch diese Ehe ist es nicht wert, zu jedem Preis gerettet zu werden.

Informationen zum Autor:
Herausgeber seit 2007 und Gründer von FMM-Magazin. Projekte in der Finanz-/Medienindustrie seit 2003 u.a. bei Gruner + Jahr (Financial Times Deutschland) und der OnVista Group. Editor von über 8.000 Fachartikeln zum Thema Finanzwissen, Nachhaltigkeit, Innovation und Wirtschaft.

Der aktuelle Printtitel des Economist ist eine Anlehnung an den Kinoerfolg "My Big Fat Greek Wedding" von Drehbuchautoin Nia Vardalos aus dem Jahr 2002, die darin ihre Lebensgeschichte erzählt.

Mit Stichtag 30. Juni 2015 steht Griechenland eine Rückzahlung aus dem Rettungspaket in Höhe von 1,5 Mrd. Euro (1,7 Mrd. US $) bevor. Diese kann das Land scheinbar nicht leisten.

The Economist sieht ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Herrn Tsipras und Angela Merkel. Ein Deal sei immer noch möglich, aber die Seiten sind miteinander verhasst. Wenn dies eine Ehe sein würde, dann hätten jetzt die Anwälte ihren Auftritt. Eine Scheidung wäre für alle eine Katastrophe. Das Problem ist nur, auch wenn Griechenland und die Euro-Zone die Bedingungen für ihre Beziehung ändern würden; ein Zusammenbleiben würde auch nicht viel besser sein.

Economist Cover Griechenland

Es ist ein Umdenken notwendig. Beide Seiten, die EU und Griechenland haben die Krise verpfuscht. Vor allem zu Beginn konzentrierten sich die Gläubiger zu sehr auf eine schnelle Haushaltskonsolidierung, mit dem Versuch, die Größe der griechischen Schulden zu begrenzen. Dies war durchaus eine Ablenkung von der eigentlichen Aufgabe. Nämlich wachstumshemmende Strukturen aufzubrechen, die öffentliche Verwaltung zu formen, falsche Vorschriften zu korrigieren, das träge und unzuverlässige Justizsystem zu reformieren, sowie staatliche Vermögenswerte und Oligopole*, unflexible Märkte für Waren, Dienstleistungen und Arbeit neu zu formen.

Alexis Tsipras hat eine schlechte Situation noch schlimmer gemacht. Im Jahr 2014 wuchs die griechische Wirtschaft. Jetzt ist sie dabei wieder zu schrumpfen, auch weil Syriza inkompetent ist und sogar noch gefälliger ist als die Vorgängerpartei. Die meisten Griechen wollen im Euro bleiben. Aber ihre Politiker suchen stärker in Berlin nach einer Erlösung und konzentrieren sich nicht auf die Reform im eigenen Land. Griechenland muss verstehen, dass Gläubiger ihre Geduld verlieren. Eine Scheidung ist schlimm, aber eine Rettung um jeden Preis ist es nicht wert.

Hier geht es zum Original-Artikel des Economist.

*Das Oligopol ist eine Marktform, bei der wenige relativ große Anbieter einer Vielzahl von Nachfragern (Nachfrage) gegenüberstehen.

(Quelle: The Economist)

 
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