Finanzen Markt & Meinungen Startseite


Banking: Tech-Konzerne wie Amazon und Google greifen FinTechs und Banken an

Dokument: Düsseldorf, 21.12.2017 10:31 Uhr (Finanzredaktion)

Im Kampf um margenstarke Bankprodukte greifen nicht nur FinTechs klassische Banken an. Mittlerweile genießen die Omnikanal Tech-Konzerne wie Amazon, Google oder Apple auch bei Bankprodukten hohes Vertrauen.

Den Hausbanken in Deutschland droht das Schicksal von Grundversorgern in anderen regulierten Branchen. Während sie Basisdienste bereitstellen, konkurrieren digitale Branchenvorreiter und neue Anbieter um die margenstarken Produkte.

Das Ausmaß dieser Bedrohung zeigt die Studie "Evolving the Customer Experience in Banking" der internationalen Managementberatung Bain & Company. An der Studie haben weltweit rund 133.000 Bankkunden in 22 Ländern teilgenommen, davon mehr als 10.000 in Deutschland.


 

Danach wird schon heute mehr als die Hälfte der Befragten hierzulande ihrer Hausbank untreu.


 

Gerade bei höhermargigen Produkten wie Krediten und Versicherungen machen sich die Kunden die Vorteile des digitalen Zeitalters zunutze und wählen das beste Angebot am Markt.

Tech-Konzerne greifen Banken und FinTechs an

Bislang profitierten von dieser stillen Abwanderung vor allem andere Kreditinstitute.


 

Doch 54 Prozent der befragten deutschen Bankkunden sind grundsätzlich offen dafür, Finanzprodukte auch von großen Tech-Konzernen wie Amazon, Apple oder Google zu erwerben.


 

Diese Unternehmen verdrängen damit die Fintechs als gefährlichste Angreifer. Lediglich ein Drittel der Deutschen würde einem Start-up sein Geld anvertrauen. Und die Bereitschaft, Finanzprodukte bei Branchenneulingen zu erwerben, sinkt mit zunehmendem Alter.

Studie Bain Company Banking Techkonzerne und Bankkunden

Bain-Partner Dr. Dirk Vater: "Die Voraussetzungen für große Tech-Konzerne sind günstig. Sie verfügen über eingespielte digitale Prozesse sowie etablierte Marken - und schon heute vertrauen ihnen Kunden auch persönliche Daten an." Zwar wenden sich bislang nur wenige Kunden komplett von ihrer Hausbank ab. "Doch die stille Abwanderung trägt bereits Züge einer Massenbewegung", warnt Vater. "Gerade die Filialbanken müssen alles daransetzen, ihre Kunden stärker als bisher über alle Kanäle hinweg zu begeistern."

Online-Banking wird zum Mobile-Banking

Eine Schlüsselrolle kommt dem Ausbau des Mobile-Bankings zu.


 

Binnen fünf Jahren stieg dessen Anteil an allen Interaktionen deutscher Bankkunden um 17 Prozentpunkte. Das Erledigen von Bankgeschäften per Smartphone oder Tablet liegt inzwischen gleichauf mit dem Online-Banking, das in dieser Zeit 15 Prozentpunkte verlor.


 

Bain Company Studie Techkonzerne Online Banking vs Mobile Banking

Der Anteil der Filialen und Kontaktcenter hat sich dagegen kaum verändert. "Der Vormarsch des mobilen Kanals ist für die Banken Fluch und Segen zugleich", erklärt Bain-Partner und Bankenexperte Dr. Markus Bergmann. "Die Konkurrenz ist in der digitalen Welt nur wenige Klicks entfernt." Ein einseitiger Ausbau digitaler Kanäle birgt noch eine weitere Gefahr. Die mit dem Net Promoter® Score (NPS®)* messbare Loyalität sowohl reiner Digital- als auch reiner Filialkunden liegt traditionell niedriger als bei Nutzern mehrerer Kanäle. "Die Zeiten ausschließlich analoger und digitaler Banken gehen zu Ende", so Bergmann. "Die Zukunft gehört dem Omnikanal."

Noch liegen die Direktbanken in der Gunst der Kunden vorn, mit NPS-Werten deutlich über dem Branchenschnitt. Deshalb dominieren sie auch das Ranking der Einzelinstitute. Die höchsten NPS-Werte in Deutschland erreichte 2017 die DKB, gefolgt von der ING-DiBA und Comdirect. Doch der Abstand verkürzt sich, weil die NPS-Werte der Direktbanken zurückgehen, während einige Filialbanken aufholen.

Banken mit großen Defiziten auf dem Weg zum Omnikanal

Der Transformationsprozess hin zur Omnikanal-Bank stellt zahlreiche Institute vor enorme Herausforderungen. In den wenigsten Häusern gibt es heute bereits

Um diesen fragmentierten Zustand zu überwinden, sollten sich Banken in einem ersten Schritt auf eine Kundenreise konzentrieren, beispielsweise die Baufinanzierung, und hier sämtliche Prozesse über alle Kanäle hinweg durchleuchten. Dieses Vorgehen sprengt die Grenzen bisheriger Organisationsstrukturen und bringt Experten aus unterschiedlichen Abteilungen in agilen Teams zusammen. Es entsteht eine Omnikanal-fähige Pilotkundenreise, die als Blaupause für den weiteren Umbau der Organisation dient.

FAZIT:

Viele Banken schrecken vor solch einem tiefgreifenden Wandel noch zurück. Stattdessen optimieren sie Prozesse innerhalb der einzelnen Kanäle. "Wer den Omnikanal-Gedanken nicht lebt, öffnet Tür und Tor für Wettbewerber innerhalb und außerhalb der Branche", betont Bain-Partner Vater. Doch wer ein kanalübergreifendes Angebot aus einem Guss schafft, profitiert gleich mehrfach. Denn loyale Kunden kaufen mehr Produkte bei ihrer Hausbank, bleiben ihr länger treu und empfehlen sie häufiger weiter. Vater stellt fest: "Die Retail-Banken haben den Schlüssel für ihren künftigen Erfolg selbst in der Hand."

_________________________________________________________________

* Net Promoter Score® (NPS®)

Bain misst die Kundenzufriedenheit seit mehr als zehn Jahren
branchen- und länderübergreifend mit dem Net Promoter® Score (NPS®). Diese Kennzahl ergibt sich aus den Antworten auf eine einzige Frage: "Auf einer Skala von null bis zehn, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie diese Bank einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?" Die Antworten werden drei Kategorien zugeordnet. Dabei hat sich gezeigt, dass nur Werte von neun oder zehn für wirklich loyale Kunden stehen ("Promotoren"), sieben und acht Passive sind und Bewertungen von sechs oder weniger als Kritiker eingestuft werden müssen. Wird der Anteil der Kritiker von dem der Promotoren subtrahiert, ergibt sich der NPS.

(Grafiken: obs/Bain & Company)

(Quelle: Bain & Company ermittelt weltweit einmal jährlich die Loyalität privater Bankkunden, ihre Produktnutzung und die hierfür verwendeten Kanäle. Die Befragung erstreckt sich auf alle wichtigen Institutsgruppen. Privat- und Direktbanken zählen ebenso dazu wie Genossenschaften und Sparkassen. Aussagen zu Einzelinstituten werden nur getroffen, wenn mehr als 200 Antworten vorliegen. Für die aktuelle Studie wurden weltweit rund 133.000 Kontoinhaber in 22 Ländern befragt, darunter an die 10.400 in Deutschland. Die weiteren Länder sind Argentinien, Australien, Belgien Brasilien, Chile, China, Frankreich, Großbritannien, Hongkong, Indien, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Niederlande, Polen, Schweiz, Singapur, Spanien, Südkorea und die USA. Auf Anfrage lassen sich Auswertungen für einzelne Länder und Institutsgruppen erstellen. Die hohe Grundgesamtheit der Befragten und die international einheitliche Fragenstruktur ermöglichen zudem einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im globalen Retail-Banking-Markt.)

 
Finanzen Markt & Meinungen Portalsystem © 2024 FSMedienberatung