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Interessant: Provisionen bei Lebensversicherungen nicht mehr gedeckelt

Dokument: Düsseldorf, 18.04.2008 17:39 Uhr (redaktion)

Ganz ohne Öffentlichkeit kündigte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht eine kleine Revolution im Versicherungsbereich an: die Aufhebung des Rundschreibens 5/1995 des ehemaligen BAV.

„Das Rundschreiben 5/95 des ehemaligen BAV (VerBAV 1995, S. 366 f.) wird aufgehoben“, meldete die BaFin am 22. Februar 2008 auf ihren Internetseiten. Das hört sich uninteressant an. Doch bei diesem alten Rundschreiben des Bundesaufsichtsamtes für Versicherungswesen (BAV) – heute eine Säule der BaFin – geht es um die Begrenzung der Abschlusskosten in der Lebensversicherung. Mit der Aufhebung dieser Verordnung sind die Lebensversicherer frei bei der Bezahlung ihrer Vermittler. Eine gesetzliche Beschränkung nach oben gibt es nicht mehr.

Bis Jahresende 2007 dagegen galten als das höchste der Gefühle für Abschlussprovisionen und sonstige Vergütungen der Lebensversicherer vier Prozent der Summe aller Beiträge des Neuzugangs. So hatte es der BAV-Präsident am 31. Oktober 1995 verfügt. Der § 81 Abs. 2 Satz 1 des Versicherungsaufsichts-Gesetzes (VAG) zur Vermeidung eines Missstandes bietet dafür die Rechtsgrundlage.

Ziel auch der entsprechenden Vorgängeranordnungen des Amtes war es stets, durch Begrenzung der Abschlussvergütungen ein angemessenes Verhältnis zwischen den Abschlusskosten einer Lebensversicherung, den Versicherungsleistungen und den Beiträgen sicherzustellen. Dadurch sollte vor allem verhindert werden, dass die Überschussbeteiligung der Versicherten durch Abschlusskosten-Verluste geschmälert wird, wie es im R 5/95 heißt.

Das neue Versicherungsvertrags-Gesetz in Verbindung mit der Informationspflichten-Verordnung aber macht diese Vorschrift obsolet. Denn nunmehr sind die Lebensversicherer verpflichtet, „detaillierte Angaben zur Versicherungsleistung, den Beiträgen und den Vertriebs- und Abschlusskosten gegenüber den Versicherungsnehmern zu machen“.

Dadurch werde eine höhere Transparenz und Vergleichbarkeit der vielfältigen Produkte untereinander gewährleistet. Außerdem habe sich seit der Deregulierung 1994 in Deutschland und aufgrund des immer größer werdenden Einflusses europäischer Anbieter auf dem Versicherungssektor die Konkurrenzsituation erheblich verändert. Daher könnte ein aufsichtsrechtlicher Eingriff zur Sicherstellung des mit dem Rundschreiben verfolgten Ziels als entbehrlich angesehen werden. Auch ein Stück Entbürokratisierung wird als Grund genannt.

Ein kleiner Ersatz ist insofern vorhanden, als dass das BaFin-Rundschreiben 9/2007 „Hinweise zur Anwendung der §§ 80 ff. VAG und § 34d der Gewerbeordnung“ ausreichende Sicherheiten für eventuelle Rückforderungs-Ansprüche der Versicherer gegenüber Vermittlern aufgrund von ausgezahlten, aber noch unverdienten Provisionen vorschreibt. Im Übrigen gehöre es zu einem guten Risikomanagement, so die BaFin, „dass das Versicherungs-Unternehmen und damit auch seine Versicherungsnehmer vor Ausfallschäden durch geeignete Kontrollinstrumente bezüglich des Außendienstbereichs, der eine entscheidende Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens hat, geschützt werden“.

Damit aber stecken die Versicherer in der Zwickmühle. Einerseits müssen sie die Abschlusskosten neuer Lebensversicherungen auf fünf Jahre zu verteilen. Das verlangt grundsätzlich das neue VVG, das zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Andererseits können sie keine willkürlichen Provisionsänderungen vornehmen. Einseitige Änderungen der Vertreterverträge begründe das neue Versicherungsvertrags-Recht nicht, betonte jedenfalls Ulrich Zander, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) am 12. Dezember vergangenen Jahres in Berlin. Das Oberlandesgericht München hat das auch so gesehen und ließ die Allianz in zweiter Instanz abblitzen. Der Versicherer hatte im Zusammenhang mit der Einführung eines abgemagerten Kfz-Kompakttarifs im Jahr 2005 die Provisionen der Allianz-Vertreter von zehn auf sechs Prozent gekürzt. Dagegen hatten zwei Vertreter geklagt und obsiegt.

Zwar nähmen die meisten Versicherer die gesetzlich vorgeschriebene Verteilung der Abschlusskosten auf fünf Jahre zum Anlass, auch ihre selbstständigen Vermittler in die Pflicht zu nehmen, wie der BVK-Vize noch vor Jahresschluss moniert hat. Entweder würden die Provisionen auch nur in fünf gleichen Raten bezahlt oder anteilig zurückgefordert, sollte eine Police während der ersten fünf Vertragsjahre gekündigt werden. Doch das scheint ausgestanden zu sein.

Denn die Streichung des Rundschreibens 5/95 der Aufsicht bietet jetzt die Lösung für dieses Dilemma. Einige Versicherer jedenfalls wollen ihren Vertretern für die verlängerte Nachhaftungsfrist einen finanziellen Ausgleich in Form höherer Provisionen anbieten.

(Haufe Finanzdienstleister; Michael J. Glück)

 
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