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Finanzwissen: Honorarberatung und provisionsgestützte Anlageberatung

Dokument: Berlin/Hamburg/München, 31.07.2014 13:28 Uhr (Frank Schulz)

Am 01. August 2014 tritt das Honoraranlageberatungsgesetz in Kraft. Es gelten dann klare Verhältnisse für Verbraucher und für Finanzberater. Neben den rechtlichen Aspekten ist natürlich der Kostenfaktor interessant.

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Verbraucher, die in Finanzprodukte anlegen wissen es nicht immer: Der Verkäufer, ob Bankberater oder freier Vermögensberater erhält Provisionen vom Produktgeber, also von einer Versicherung oder einer Fondsgesellschaft. Eine Vergütung ist im Grunde genommen nichts Verwerfliches, doch sind Kosten und Vergütungssätze nicht immer ganz transparent. Das soll nun durch das "Gesetz zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente (Honoraranlageberatungsgesetz)" anders werden.


 

Der Unterschied zwischen der verbreitenden provisionsgestützten Anlageberatung zur Honorarberatung liegt im Wort: Entgegen einer Provision zahlt der Verbraucher einem Honorarberater eine fest vereinbarte Vergütung.


 

Laut Berechnungen des Internetportal Finanztip.de "...lohnt sich ein Honorarberater im Durchschnitt für denjenigen, der mehr als 5.500 Euro in Aktienfonds anlegen will...". Die Finanztip-Experten haben auf Basis der zehn größten Aktienfonds in Deutschland berechnet, wann sich ein Honorar von 600 Euro lohnen würde – das entspricht etwa vier Stunden Beratung. Das Ergebnis: Im Schnitt lohnt sich eine Honorarberatung ab einem Anlagebetrag von mehr als 5.500 Euro, wenn der Honorarberater statt des teuren Fonds mit Provision einen vergleichbaren kostengünstigen Indexfonds empfiehlt. Dabei haben die Analysten Anlagezeiträume von fünf, zehn und 20 Jahren untersucht und eine Rendite von fünf Prozent pro Jahr zu Grunde gelegt. Zudem haben sie angenommen, dass sogar nur die Hälfte der möglichen Abschlussprovision verlangt wird.

"Die Beratung auf Honorarbasis ist nicht nur ehrlicher, sondern in der Regel für die Verbraucher auch viel günstiger als die Provisionsvermittlung“, sagt Finanztip-Experte Saidi Sulilatu. „In vielen Fällen spart die Honorarberatung mehrere tausend Euro.“

Gegenwind von der Deutschen Kreditwirtschaft

In einer Stellungnahme des Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) heißt es: "Die Deutsche Kreditwirtschaft begrüßt die Entscheidung des Gesetzgebers, mit dem Honoraranlageberatungsgesetz die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Honorarberatung vorzugeben. Leider hat es der Gesetzgeber allerdings versäumt, nicht nur die bei den Banken angesiedelten Honoraranlageberater, sondern auch die (freien) Honorar-Finanzanlagenberater der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu unterstellen. Das ist im aktuellen Gesetz nicht vorgesehen. Diese Sonderbehandlung widerspricht sowohl dem Grundsatz des Anlegerschutzes als auch der Wettbewerbsgleichheit, da die Honorar-Finanzanlagenberater allein der weniger spezialisierten Gewerbeaufsicht unterliegen."

Nochmals eine Sichtweise der Finanztip-Experten. Diese zeigen anhand eines Beispiels aus dem Fondsbereich, dass sich die Honorarberatung auszahlt. „Ein Indexfonds ist für den Kunden eine gute und günstige Anlagemöglichkeit, die keine Provision beinhaltet. Daher würde ein Vermittler stattdessen eher einen teuren Fonds mit Provision empfehlen. Für den Anleger ist das die schlechtere Wahl, aber der Provisionsvermittler kann schließlich auch nicht umsonst arbeiten“, sagt Sulilatu. Wer Geld für die unabhängige Empfehlung in die Hand nimmt, erwirtschaftet durch die bessere Anlageform meist deutlich höhere Gewinne.

So oder so - Finanzwissen muss sein

Der Gesetzgeber kann den Verbraucher sicherlich nicht vor allen Risiken schützen. Nach wie vor fordern viele unabhängige Verbraucherschützer einen besseren Umgang mit der Vermittlung von Finanzwissen. Wir haben in Deutschland keine Finanzbildungskultur obwohl wir zu den reichsten Volkswirtschaften der Welt gehören.

Ein paar rechtliche Aspekte - Rückvergütung oder Innenprovision

Die auf Bankrecht spezialisierten beck rechtsanwälte aus Hamburg erklären eine feinen Unterschied: Bei einer provisionsgestützten Anlageberatung müssen dem Kunden sämtliche Vertriebsprovisionen offen gelegt werden, gleich, ob es sich um Rückvergütung oder Innenprovision handelt.

Rückvergütungen sind regelmäßig umsatzabhängige Provisionen, die nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie Verwaltungsvergütungen oder von Dritter Seite an den Anlageberater hinter dem Rücken des Anlegers gezahlt werden. Bei Vertriebsprovisionen, die dem Anlageberater verdeckt aus dem Anlagebetrag zufließen, handelt es sich um sog. Innenprovisionen.

Der Bundesgerichtshof ging in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 (Az. XI ZR 147/12) auf die bevorstehenden Änderungen des Honoraranlageberatungsgesetzes ein und stellte fest, dass der Anlageberater nunmehr Aufklärungspflichten hat. Der Anleger darf nämlich hinsichtlich der Zuwendungen Dritter eine entsprechende Aufklärung im Rahmen des Beratungsvertrages erwarten.

Bei Anlageverträgen, die ab dem 1. August 2014 geschlossen werden, kann eine Verletzung der Aufklärungspflicht unter Umständen die Rückabwicklung des Geschäfts begründen. In Schadenersatzfällen liegt dann das Verschulden des Anlageberaters in jedem Fall vor.

Für Verträge, die vor dem 1. August 2014 geschlossen wurden, gilt die alte Rechtslage. Eine Aufklärungspflicht bestand lediglich für Rückvergütungen. Die Frage, ob auch Innenprovisionen offengelegt werden müssen, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen.

Eine grundlegende Entscheidung hat der Bundesgerichtshof hinsichtlich des Verschuldens bei versäumter Aufklärung getroffen. Die anlageberatenden Banken sind wegen der fehlenden eindeutigen gesetzlichen Regelung zur Aufklärungspflicht entschuldigt. Demnach mussten die Banken bisher nicht mit einer von der Höhe des Anlagebetrags unabhängigen Aufklärungspflicht über den Empfang von Innenprovisionen rechnen.

Für die sog. Altfälle muss daher zwischen Rückvergütung und Innenprovision unterschieden werden. Nur im Fall einer Rückvergütung liegt regelmäßig bei fehlender Aufklärung eine verschuldete Pflichtverletzung vor. (Quelle/Text: beck rechtsanwälte, Hamburg).


(Quellen: Finanztip Verbraucherinformation / Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken / beck rechtsanwälte)

 
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