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Digitaler Burnout | Macht die Smartphone-Nutzung aus uns kranke Homo Digitalis?

Dokument: Düsseldorf, 25.09.2015 11:54 Uhr (Frank Schulz)

Alexander Markowetz ist Juniorprofessor für Informatik an der Uni Bonn. Sein spannendes Projekt hat mit Hilfe einer Smartphone-App die Nutzung des Handys von Personen ausgewertet. Ergebnis: permanente Unterbrechungen am Tag haben Folgen für die Gesundheit.

Informationen zum Autor:
Herausgeber seit 2007 und Gründer von FMM-Magazin. Projekte in der Finanz-/Medienindustrie seit 2003 u.a. bei Gruner + Jahr (Financial Times Deutschland) und der OnVista Group. Editor von über 8.000 Fachartikeln zum Thema Finanzwissen, Nachhaltigkeit, Innovation und Wirtschaft.

Die 60.000 Datensätze, die bisher ausgewertet wurden, zeichnen ein erschreckendes Bild: Im Durchschnitt aktivierten die Besitzer 53 Mal am Tag ihr Handy. Sie unterbrechen alle 18 Minuten ihre Tätigkeit, mit der sie gerade beschäftigt sind. „Smartphone-Apps funktionieren wie Glücksspielautomaten. Wir betätigen sie immer wieder, um uns einen kleinen Kick zu holen”, sagt Alexander Markowetz, Juniorprofessor für Informatik an der Universität Bonn und Autor des Buches “Digitaler Burnout”, das im Oktober erscheint.

Das Verhalten ist kein exklusiver Tick der Jugend, sondern zieht sich durch alle Altersgruppen und soziale Schichten. „Wir erleben die Entstehung des Homo Digitalis, der einen Großteil seiner Tätigkeiten mittels digitaler Medien abwickelt“, sagt Markowetz. „Ein Großteil der Zeit verbringen die Menschen mit Social Media-Anwendungen wie Facebook, WhatsApp und Spielen.“

Dramatisch sind dabei besonders die ständigen Unterbrechungen. Sie erlaubten es nie, sich einer Tätigkeit vollauf zu widmen, und verhinderten damit jede Erfahrung von Flow. Die Folgen seien Unproduktivität und ein mangelndes Glücksempfinden.

Smartphone App Menthal der Uni Bonn
Smartphone App "Menthal" der Uni Bonn

Rund 300.000 Personen haben mittlerweile die App “Menthal” heruntergeladen, die im vorigen Jahr von Informatikern und Psychologen der Universität Bonn zu Forschungszwecken entwickelt wurde. Die App zeichnet die Smartphone-Nutzung auf und übermittelt die Daten anonymisiert an die Server der Forscher.

Link zur App im Google Play Store.

Gesunde Umgangsform mit dem Smartphone

Es geht Markowetz nicht darum, Smartphones abzuschaffen oder zu verteufeln. „In einem ersten Schritt haben wir die Geräte geschaffen, in einem zweiten müssen wir uns nun gesunde Umgangsformen angewöhnen“, so der Forscher. Während es etwa in Fragen der Ernährung eine riesige Auswahl an Diäten gebe, seien zum Umgang mit dem Internet so gut wie keine praktischen Hilfen vorhanden. Aufklärungskampagnen, Forschungsprojekte oder politische Initiativen seien bisher Mangelware.

Einen Ausweg zeigen erste Vorreiter aus den USA. Dort seien es genau die digitalen Eliten, die nun anfingen, sich digitale Diäten aufzuerlegen. „Die permanente Smartphone-Nutzung ist ein unterbewusster Reflex”, sagt Markowetz. Die Automatismen könne man durch konkrete Techniken loswerden. Etwa, indem man das Schlafzimmer zur Handy-freien Zone erkläre oder die Regel aufstelle, das Smartphone nur auf einem unbequemen Küchenschemel zu nutzen.

Fazit
Die Smartphone-Nutzung sei nicht das Ende der Entwicklung, sondern erst der Anfang. Schon jetzt werde das Internet in Spielzeug, Brillen und Uhren integriert. Markowetz: „Wir brauchen dringend eine gesellschaftliche Debatte und einen interdisziplinären Austausch in der Wissenschaft, um zu verstehen, was die Digitalisierung mit unseren Psychen macht.”

Buch: Alexander Markowetz: Digitaler Burnout, Droemer Knaur, Oktober 2015, 288 S., 19,99 Euro.

(Quelltext/Bilder: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)

 
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