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Landtagswahl in NRW: Viele offene Baustellen und Kritik aus der Wirtschaft

Dokument: Düsseldorf, 11.05.2017 12:28 Uhr (Gastautor)

Am kommenden Sonntag wählen die Bürger aus NRW einen neuen Landtag. Ob dieser neu wird, bleibt offen. Die Landesregierung kämpft mit hohen Schulden und einer hohen Arbeitslosigkeit. Vor allem die Wirtschaft übt Kritik.

Das Institut der deutschen Wirtschaft aus Köln hat sich einige Kennzahlen einmal näher angeschaut.

NRW hatte im Jahr 2015 deutschlandweit noch das zweitniedrigste Wachstum, kam 2016 immerhin wieder auf ein BIP-Plus von 1,8 Prozent und damit auf Platz sechs. Allerdings hat die Regierung in Düsseldorf mit 180 Milliarden Euro auch einen Batzen Schulden aufgehäuft, der die Investitionskraft zwischen Rhein und Ruhr erheblich beeinträchtigt.

Doch nicht nur der Schuldenberg ist ein Problem, der neue Landtag muss auch noch andere Herausforderungen meistern.

NRW Zahlen im Vergleich


 

Im Jahr 2015 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in NRW rund 36.500 Euro - fast 600 Euro weniger als im bundesweiten Durchschnitt.


 

Auch die Arbeitslosenquote ist in NRW mit 7,7 Prozent relativ hoch. Eine andere Baustelle ist die teils marode Infrastruktur. Fast 30 Prozent aller Staukilometer in Deutschland entfielen 2016 auf Nordrhein-Westfalen, was vor allem auf die zahlreichen baufälligen Brücken zurückzuführen ist, die dem hohen Transitverkehr nicht gewachsen sind.

Hohe Einnahmen in NRW und großes Potenzial in der Wirtschaft

Eine Ursache für die prekäre Situation der nordrhein-westfälischen Wirtschaft ist die Forschungsschwäche. Die Unternehmen an Rhein und Ruhr geben nicht einmal 2 Prozent des BIP für eigene Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (FuE) aus - in Baden-Württemberg sind es fast 5 Prozent.

Die Zurückhaltung bei den FuE-Investitionen schlägt sich auch in der Zahl der Patente nieder: 2016 gab es in NRW 40 Patentanmeldungen je 100.000 Einwohner, beim Spitzenreiter Baden-Württemberg waren es 132.

Dabei hat NRW das Potenzial, innovativer zu sein. Mit einer Vielzahl von Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen – darunter allein zwölf Max-Planck-Institute – sind die Voraussetzungen durchaus gegeben. Damit sich die Forschungsergebnisse jedoch auch auszahlen, müssten die Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft noch enger werden.

Eine Initiative, die die Patentanmeldungen in die Höhe schrauben soll, gibt es bereits: die „NRW-Patentvalidierung“. Sie ist aus einer Kooperation des Forschungs- und des Wirtschaftsministeriums hervorgegangen und unterstützt Hochschulen bei der Weiterentwicklung und Umsetzung ihrer Erfindungen.

Und auch in puncto Digitalisierung tut sich was: In sechs NRW-Städten – darunter Köln, Bonn und Münster – sind im vergangenen Jahr „Digital Hubs“ eröffnet worden, die Kooperationen zwischen Start-ups, Industrie und mittelständischen Betrieben fördern.

Lesetipp: "Ist NRW ein Industrie­land oder ein Natur­schutzreservat?" (Kommentar von Margarete Haase, Mitglied des Vorstands der Kölner Deutz AG - externer Link).

Unverhoffter Geldsegen in Düsseldorf

Den unverhofften Geldsegen hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) einerseits den Steuereinnahmen zu verdanken, die 2016 um 1 Milliarde Euro höher ausgefallen sind als prognostiziert. Andererseits blieben die Ausgaben um 1,5 Milliarden Euro unter dem Soll.

Doch damit scheint es nun vorbei. Alle im Düsseldorfer Landtag vertretenen Parteien plädieren in ihren Wahlprogrammen für mehr Investitionen - sei es in Bildung, Verkehrswege, Digitalisierung oder Kinderbetreuung. Auch die Ausgaben für die innere Sicherheit werden steigen, wenn wie geplant zusätzliche Polizisten eingestellt werden. All dies wird mehr Geld kosten, denn konkrete Einsparpotenziale benennt keine Partei. Lediglich der Bürokratieabbau wird in einigen Programmen als allgemeine Zielsetzung erwähnt.

Das Land NRW muss seine Ausgaben drosseln, um seinen enormen Schuldenberg zu verringern.

Tatsächlich aber müsste NRW dringend auf die Ausgabenbremse treten. Denn nach dem positiven Ausreißer im Jahr 2016 ist das Land wieder auf dem alten Kurs:


 

Die NRW-Landesregierung rechnet im laufenden Haushaltsjahr mit 1,6 Milliarden Euro neuen Schulden.


 

Dabei belaufen sich die Landesschulden bereits auf 180 Milliarden Euro - der Schuldenberg ist damit so hoch wie in keinem anderen Bundesland. Mit großem Abstand folgt das Land Niedersachsen mit 60 Milliarden Euro Schulden. Auch je Einwohner gerechnet liegt der Schuldenstand Nordrhein-Westfalens mit mehr als 10.000 Euro deutlich über dem Länderdurchschnitt.

Die Neuverschuldung ist umso erstaunlicher, als die Landeseinnahmen schon seit geraumer Zeit stärker wachsen als die Wirtschaft an Rhein und Ruhr (siehe Grafik):

iw köln NRW Zahlenreihe Steuereinnahmen


 

Im Jahr 2010 betrug die Steuerquote in NRW 6,7 Prozent, 2016 lag sie bereits bei 8 Prozent - das bescherte der Landesregierung kumulierte Mehreinnahmen von 28 Milliarden Euro.


 

Berücksichtigt man nun auch noch die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich, die Zuschüsse des Bundes sowie steuerähnliche Abgaben, ergibt sich für NRW im Jahr 2016 eine Steuerquote von mehr als 10 Prozent - ebenfalls ein kräftiger Anstieg seit 2010. Das heißt: Die Bürger und Unternehmen in NRW führen mittlerweile deutlich mehr an den Fiskus ab als noch vor einigen Jahren.

Von einem soliden Haushalt ist Nordrhein-Westfalen also noch weit entfernt. Eine nachhaltige Finanzpolitik müsste die Ausgabenseite deshalb deutlich stärker hinterfragen als bisher.

(Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
(Artikelfoto: © Alle Rechte beim Landtag NRW)

 
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