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Fondsmanagerin Stéphanie Bobtcheff | Performance mit Small- und Mid-Caps

Dokument: Paris/FrankfurtMain, 04.02.2016 16:24 Uhr (Gastautor)

Small- und Mid-Cap-Segmente sind Inkubator für Standardwerte von morgen, meint Stéphanie Bobtcheff, Fondsmanagerin der europäischen Nebenwerte-Fonds Echiquier Agenor und Echiquier Entrepreneurs, La Financière de l’Echiquier.

Die ersten Börsenwochen im Jahr 2016 und die hohen Kursverluste lassen viele Anleger ratlos zurück. Der grassierenden Unsicherheit im Hinblick auf die volkswirtschaftliche Entwicklung in China und anderen Risiken stehen in Europa gesunde Unternehmensbilanzen und robuste Gewinne gegenüber. Die Situation ist verzwickt: Die fallenden Kurse sind nicht durch die fundamentalen Daten aus den Firmen gedeckt. Der DAX verlor seit Jahresbeginn circa 9 Prozent, MDAX und SDAX liegen bis dato bei Minus 6 bzw. minus 7,5 Prozent. Bereits im vergangenen Jahr haben sich Small und Mid-Caps in den turbulenten Sommermonaten sehr stabil gezeigt und dem Abwärtstrend des Marktes teilweise entziehen können. Ein wesentlicher Grund ist das geringe Exposure der kleinen und mittleren Unternehmen in Schwellenländern.

Doch nicht nur die Heimatnähe kam europäischen Nebenwerten zugute, sondern auch ihre limitierte Liquidität. Aus diesem Grund gibt es nur wenige ETF-Produkte auf Small- und Mid-Caps, die bei fallenden Märkten unter Verkaufsdruck geraten und damit den Trend verstärken. Ist für Anleger in der jetzigen Börsenlage also das sogenannte Small- und Mid-Cap-Segment die bessere Alternative?

Small- und Mid-Caps mit deutlich besserer Performance als Standardwerte

In der Tat, europäische Small- und Mid-Caps haben im vergangenen Jahr eine beeindruckende Performance gezeigt und die Wertentwicklung der sogenannten Blue Chips in den Schatten gestellt. In einem volatilen Marktumfeld konnten europäische Standardwerte auf das Jahr gesehen zwar immerhin 9,4 Prozent zulegen. Demgegenüber erreichten Mid-Caps jedoch im Schnitt ein Plus von 17,9 Prozent und Small-Caps sogar 24,9 Prozent Wertzuwachs. Attraktive Bewertungen und starkes Wachstum bei den Gewinnen pro Aktie waren die wesentlichen Treiber.

Die Tatsache, dass Small- und Mid-Caps ihre eigene Wachstumsstory aufweisen und kaum an den Schwellenländern hängen, dürfte dieser Aktienkategorie auch in 2016 zugute kommen. Insbesondere die fundamentale Analyse fördert vielversprechende Ergebnisse zutage: Die Gewinne pro Aktie sollten auch in 2016 nach oben zeigen und wesentlicher Kurstreiber der Nebenwerte sein. Dies wirkt sich auch in fallenden Märkten wie ein Bremsschirm aus: Wenngleich sich auch Small- und Mid-Caps dem negativen Markttrend seit Jahresbeginn nicht entziehen konnten, fielen die Kursverluste weniger stark aus.

Rückschläge sind Nachkaufchance

Wir nutzten die aktuellen Korrekturen für Zukäufe, denn die Bewertungsniveaus sind attraktiv. Die Börsenbewertung einiger Firmen bewegt sich unserer Meinung nach erheblich unter dem realen, fundamentalen Wert und bietet damit einiges Aufwärtspotential. Hier ist allerdings eine Differenzierung vorzunehmen, denn die KGVs bei Mid-Caps entsprechen in etwa denen von Standardwerten. Anleger könnten also die Börsenleiter noch etwas heruntersteigen und sich im Small- oder sogar Micro-Cap-Segment umsehen. Hier haben die Unternehmen mitunter eine Marktkapitalisierung von unter 150 Mio. Euro, zeigen jedoch erstaunliche Wachstumsraten. Das bleibt auch ausländischen Investoren nicht verborgen: Da die Aktienmärkte in Asien sowie in den USA derzeit nicht attraktiv erscheinen, dürften die kleinen Börsensegmente in Europa auch in diesem Jahr Investorengelder aus verschiedenen Regionen der Welt anziehen. Insbesondere Private Equity-Fonds aus den USA werden wohl ihre hiesige Einkaufstour aus dem vergangenen Jahr – mit einem starken Dollar im Rücken – fortsetzen.

Das Hauptrisiko für die kleineren Börsensegmente wird in den nächsten Monaten allerdings die Liquidität sein, falls die Märkte in Panik geraten sollten oder anhaltend hoher Verkaufsdruck besteht. Daher investieren wir nur in Werte mit angemessener Visibilität und Handelsumsatz. Zudem ist für uns eine Cash-Quote von 10 bis 15 Prozent derzeit ein angemessener Puffer. Neben einer breiten Sektordiversifikation und dem klaren Fokus auf Wachstumswerte favorisieren wir disruptive Branchen, die mit innovativen Technologien oder Produkten ganz neue Wachstumschancen eröffnen. Derartige selbstgetriebene Wachstumsstorys lassen sich derzeit im Online-Handel oder im Online-Banking finden. Dementsprechend gefallen uns Wachstumsunternehmen wie Asos, der europäische Online-Marktführer für Modeartikel, oder die auf Immobiliendarlehen spezialisierte Bank Virgin Money.

Deutschland nicht erste Wahl bei Nebenwerten

Im Vergleich der europäischen Länder gilt: Deutschland ist vor allem im Mid-Cap-Bereich sehr industriell geprägt. Hier sehen wir jedoch aktuell keine Dynamik. Daher sollten Anleger auch andere Länder Europas wie beispielweise das Vereinigte Königreich, Frankreich oder Schweden in Betracht ziehen. Für den auf Mid-Caps ausgerichteten Echiquier Agenor überzeugte uns dennoch das deutsche Unternehmen Sartorius AG. Der internationale Pharma- und Laborzulieferer macht mit 4,3 Prozent eine der größten Positionen im Portfolio aus und hat vor Kurzem sehr solide Unternehmensergebnisse mit einem starken organischen Wachstum und guten Prognosen bis 2020 präsentiert. Im auf kleine Werte spezialisierten Echiquier Entrepreneurs zählt der französische Energieanbieter Direct Energy zu unseren Favoriten. Das Unternehmen ist der wichtigste neue Herausforderer am französischen Energiemarkt und profitiert enorm von der jüngsten Wettbewerbsöffnung des Marktes. In Deutschland sehen wir außerdem eine gute Perspektive für den Ticketanbieter CTS Eventim oder SLM Solutions, einem hochspezialisierten Unternehmen für metallbasierte 3D-Drucktechnologien.

Trotz der aktuellen Turbulenzen ist das Segment der Micro- und Small-Caps Inkubator für alle größeren Börsensegmente. Viele kleinere Unternehmen werden durch langjähriges Wachstum der Marktkapitalisierung zu Mid- oder Large-Caps. Für Anleger bietet diese Entwicklungsperspektive eine interessante Diversifikation ihres Portfolios – gerade auf lange Sicht. Das aktuelle Umfeld kann daher auch als Chance für den Einstieg oder Nachkauf im Bereich Nebenwerte gesehen werden.

Informationen zum Autor:

Stéphanie Bobtcheff ist Fondsmanagerin der europäischen Nebenwerte-Fonds Echiquier Agenor und Echiquier Entrepreneurs. Sie ist seit über 18 Jahren Spezialistin für Investments in Werte mit mittlerer Marktkapitalisierung.

La Financière de l’Echiquier wurde 1991 von Didier Le Menestrel und Christian Gueugnier gegründet und zählt zu den marktführenden unabhängigen Fondsgesellschaften in Frankreich. In Paris ansässig, ist die Fondsboutique erfolgreich auf Enterprise-Picking spezialisiert. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 100 Mitarbeiter und verwaltet ein Vermögen von mehr als 8 Milliarden Euro.

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