Europa Finanzen: Yoram Gutgeld sieht Erfolge der Reformen in Italien
Düsseldorf, 03.11.2017 09:47 Uhr (Klaus Stopp)
Die Botschaft hört man gern, allein man glaubt nicht gleich daran. Italien habe die Trendwende geschafft, hieß es dieser Tage aus Rom. Was ist dran an der Aussage?
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds der Baader Bank und stellt seine Analysen seit 15 Jahren vor.
Die gefährliche Mischung aus hohen Schulden, grassierender Arbeitslosigkeit und schwachem Wachstum ist demnach überwunden. Italien sei wieder auf Wachstumskurs. Davon ist Yoram Gutgeld überzeugt, der als einer der wichtigsten Wirtschaftsberater des früheren Premiers Matteo Renzi und des aktuellen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni gilt.
Die Regierung in Rom habe unter Renzi mit einer Kombination aus Arbeitsmarktreform, niedrigeren Steuern und Bürokratieabbau das Steuer herumgerissen, so Gutgeld. Das Exportwachstum Italiens liege mit einer Rate von 5 Prozent über dem von Deutschland. Sogar die Jugendarbeitslosigkeit habe man von 40 Prozent auf 35 Prozent drücken können. Doch damit nicht genug. Das Land hat nach Lesart von Gutgeld auch seine bisher als ineffizient geltende Bürokratie in den Griff bekommen. Nirgendwo sonst in Europa seien die Kosten der Regierung so günstig. Während die Italiener nicht einmal 19 Prozent der Wirtschaftsleistung für den öffentlichen Dienst ausgeben würden, seien es in anderen Ländern deutlich mehr.
Ratingagentur S&P hebt Italiens Bonitätranking an
Gestützt werden Gutgelds Thesen von der Ratingagentur Standard & Poor's, die vergangene Woche die Bonitätsnote des Landes auf BBB nach oben korrigiert und den Schritt explizit mit den ersten sichtbaren Reformerfolgen begründet hat. Nun könnten die strukturellen Reformen das Wachstum deutlich beleben und auch die Schuldenquote reduzieren, schreiben die S&P-Analysten.
Ob Italien sein Comeback schon eingeläutet hat, muss sich aber erst noch zeigen. Angesichts einer Schuldenquote von 133 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist zumindest klar, dass dieser Weg kein leichter sein wird. Im Übrigen drängt auch die Zeit. Schließlich hat kein anderes Land so sehr von der EZB-Politik Mario Draghis profitiert wie Italien. Sollte Draghi ab September 2018 die Anleihekaufprogramme tatsächlich weiter ausschleichen lassen, verbleibt dem Land nicht mehr viel Zeit, die überfälligen Strukturreformen umzusetzen. Glaubt man Gutgeld ist ein guter Anfang bereits gemacht. Andere wie etwa der frühere Premier Mario Monti beklagen hingegen, dass die quantitativen Lockerungen Italiens Reformeifer eher gebremst hätten. Daher mag es erzieherische Wirkung haben, wenn nun das Ende des Anleihekaufprogramms eingeläutet ist.
Im Übrigen wird sich an der Entwicklung Italiens auch die Frage entscheiden, ob die EZB-Rechnung der extrem niedrigen Zinsen aufgeht oder nicht. Damit ist ausgerechnet Draghis Heimatland das Testfeld, auf dem man das langfristige Ergebnis seiner Strategie der expansiven Geldpolitik beurteilen kann.
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TIPP: Allgemeine Wirtschaftslage in Italien (externer Link - Auswärtiges Amt).
(Quelle: Baader Bank)
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