Werden italienische Banken wieder mit Steuergeldern gerettet? Eine Analyse vom Anleihenexperten Klaus Stopp, Baader Bank. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
14.07.2016 11:47 Uhr
FAULE KREDITE DER BANKEN

Baader Market News: Italienische Bankenkrise bringt EU in eine Zwickmühle

FrankfurtMain/München, 14.07.2016 11:47 Uhr (Klaus Stopp)

Was sich derzeit in der italie­ni­schen Finanz­branche abspielt, könnte sich zur zweiten Welle in Sachen Banken­krise nach der Finanz­markt­krise 2008 aufbauen. Markt­ana­lyse vom Anlei­hen­ex­perten Klaus Stopp, Baader Bank.

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Klaus Stopp
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds der Baader Bank und stellt seine Analysen seit 15 Jahren vor.

Nachdem es eine achtjährige, vielleicht nur vermeintliche Ruhephase gegeben hat, in der man neue Regeln geschaffen hat, drohen nun die Problemkredite in den Büchern der italienischen Banken in Höhe von 360 Mrd. Euro zum toxischen Stoff für die gesamte europäische Branche zu werden.

Denn aufgrund der engen internationalen Verflechtungen der Finanzinstitute könnte sich der Zusammenbruch einzelner oder mehrerer italienischer Banken schnell zur europäischen Bankenkrise aufschaukeln. Wegen der wackeligen Situation anderer europäischer Banken ist das Problem also kein rein italienisches mehr. Nicht von ungefähr ist es der Chefökonom der angeschlagenen Deutschen Bank, David Folkerst-Landau, der ein europäisches Programm in Höhe von 150 Mrd. Euro zur Rekapitalisierung der europäischen Banken fordert.

Die EU sitzt dabei wieder einmal in der Zwickmühle. Schließlich hat sie im Zuge der Finanzmarktkrise beschlossen, dass nie wieder marode Banken auf Kosten der Steuerzahler gerettet werden sollen. Deshalb lehnt man konsequenterweise in Brüssel Staatshilfen für die italienischen Banken ab. So spricht sich Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem gegen ein neues milliardenschweres Rettungsprogramm aus Steuergeldern aus, wie es der Internationale Währungsfonds (IWF) von der Regierung in Rom fordert. Angesichts des geringen Wirtschaftswachstums werde es schwer für die Banken, aus eigener Kraft und in einem angemessenen Zeitraum das Problem ihrer notleidenden Kredite zu lösen, heißt es beim IWF. Indessen fordert Dijsselbloem: „Die Probleme müssen in den Banken geregelt werden.“

Ob die italienischen Institute allerdings die Kraft haben, sich selbst aus dem Schlamassel zu ziehen, darf bezweifelt werden. Schon 2008 hätten sie einen dreistelligen Milliardenbetrag benötigt, um die notwendigen Wertberichtigungen vorzunehmen. Dazu ist es nicht gekommen, weil die expansive Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zunächst den Druck von ihnen genommen hat. Gleichzeitig aber wurden alle europäischen Banken ihrer klassischen Einnahmequelle, der Zinsmarge, beraubt, so dass sie kaum mehr Fett in Form von Eigenkapitalreserven ansetzen können.

Italienische Reformen zur Bankenrettung?

Was also wäre zu tun? Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi bevorzugt einen Staatsfonds, der die Banken mit Kapital versorgen würde und denkt sogar darüber nach, einen zweiten Bankenrettungs-Fonds aufzulegen, da der erste nicht ausreicht. Damit würden wieder einmal private in staatliche Schulden umgewandelt. Es käme also just zu dem Sündenfall, den die EU im Rahmen der Bankenunion gerade erst ausgeschlossen hat – zumindest im Prinzip. Deshalb braucht Renzi für seinen Plan auch die Zustimmung der EU-Kommission, die staatliche Rettungsprogramme nur in absoluten Ausnahmefällen vorsieht. Rom sieht einen solchen für gegeben an, weil nach dem Brexit-Votum der Druck auf die italienische Bankenbranche entsprechend zugenommen hat.

Sollten tatsächlich die Eigentümer der italienischen Banken haften, so träfe es viele Kleinsparer, die ihre Rücklagen fürs Alter ausgerechnet in Bankaktien gesteckt haben. Deshalb bedarf es eines Vorgehens mit viel Fingerspitzengefühl, das womöglich eine Ausnahmeregelung von den Maßgaben der Bankenunion vorsieht. Wichtiger als eine strenge Auslegung der EU-Regeln sei Schnelligkeit und Gründlichkeit, schreibt dazu die Süddeutsche Zeitung: „Man muss das Feuer austreten, solange es klein ist.“

Einen Part des Löscheinsatzes könnte dabei am Ende die EZB übernehmen. Nachdem die Zentralbank nicht nur Staatsanleihen und Corporate Bonds ankauft, ist nicht auszuschließen, dass sie auch noch den Ankauf von Financials, also Bankentiteln, beschließt. So viele weitere Möglichkeiten hat sie nämlich nicht mehr.

Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG.

Disclaimer

Die Baader Bank AG ist eine der führenden Investmentbanken für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten.
Als Market Maker ist die Bank für die börsliche und außerbörsliche Preisfindung von über 800.000 Finanzinstrumenten verantwortlich.
Im Investment Banking entwickelt sie Finanzierungslösungen für Unternehmen und bietet institutionellen Anlegern umfassende Dienstleistungen beim Vertrieb und dem Handel von Aktien, Anleihen und Derivaten.

Herausgeber:
Baader Bank AG
Weihenstephaner Str. 4
85716 Unterschleißheim
Deutschland
www.baaderbank.de

Redaktion:
Robert Halver,
Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG
Marc Schlömer, Kapitalmarktanalyse, Baader Bank AG

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