Ein Marktkommentar von Olivier de Berranger, Fondsmanager des defensiven Mischfonds Echiquier ARTY bei La Financière de l’Echiquier. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
30.04.2015 14:46 Uhr
AKTIEN UND FONDS

Fondsmanager Olivier de Berranger: Kommt eine größere Korrektur?

Paris, 30.04.2015 14:46 Uhr (Gastautor)

Die aktu­ellen Kurs­ni­veaus an den Akti­en­märkten lassen so manchen Anleger nervös werden. Eine oft gehörte Frage derzeit: Kommt eine größere Korrektur? Im Vergleich zu den Unter­neh­mens­zahlen haben die aktu­ellen Akti­en­be­wer­tungen in der Tat hohe Niveaus erreicht - hoch, aber fair.

Olivier de Berranger, Fondsmanager des defensiven Mischfonds Echiquier ARTY bei La Financière de l’Echiquier: "So mancher Korrektur-Prophet lässt außer Acht, dass die Eurozone die einzige große Wirtschaftsregion weltweit ist, deren BIP noch immer unter dem Stand des Jahres 2008 liegt. Europa hat also noch enormes ökonomisches Aufwärtspotential. Während in vielen anderen Weltregionen die Wirtschaft einen Gang zurückgeschaltet hat, nimmt Europa jetzt erst Fahrt auf. Ein Indiz dafür ist, dass die Kreditvergabe an Unternehmen z.B. in Südeuropa merklich zugenommen hat. Konsum und Investitionen der Unternehmen kommen zurück, was auch durch den niedrigen Eurokurs gestützt wird. Aus diesem Grund wird unserer Ansicht nach die Wirkung der Notenbank-Liquidität auf die Aktienkurse überschätzt."

Nachrangige Bankanleihen interessant

Es ist nicht zu beschönigen: Anleiheinvestoren haben es derzeit richtig schwer. Waren die Renditen für festverzinsliche Wertpapiere schon seit vielen Monaten im Keller, hat das Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank EZB die Talfahrt nochmals beschleunigt. Die Folge: im größten Teil des Anleiheuniversums stimmen Rendite und Risiko nicht mehr überein. In der Konsequenz haben wir uns merklich aus Hochzinsanleihen zurückgezogen. Hier ist für die nächsten Monate eine gehörige Portion Vorsicht nötig.

Aber auch bei Staatsanleihen finden wir derzeit keine Anlagemöglichkeiten. Investoren brauchen derzeit nicht nur eine Lupe, sondern auch eine gute Spürnase auf der Suche nach attraktiven Investmentchancen bei festverzinslichen Wertpapieren. Uns gefallen derzeit vor allem Nachrang-Anleihen aus dem Bankensektor. Noch vor einigen Monaten unattraktiv, so hat sich in diesem Sektor nun etwas Grundlegendes geändert: die Bankbilanzen wurden saniert, mittels Stresstests hat sich die Anfälligkeit für Krisen strukturell verbessert. Zudem verbessern sich – wie beschrieben – die ökonomischen Rahmendaten in Europa und die Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen zieht wieder an. Die Risikoprämie für Bankanleihen dürfte in den nächsten Monaten weiter sinken und wir erwarte eine gute Performance über die nächsten Quartale. Daher bilden nachrangige Bankanleihen momentan die Hälfte unseres Bondportfolios.

Vereinzelt lohnt sich auch der Blick auf CoCo-Bonds, die als attraktive Mischung aus Fremd- und Eigenkapital gelten. Tatsächlich sind die Bewertungen in diesem Anleihesektor noch interessant. Allerdings gab es in diesem relativ jungen Segment bis jetzt noch keinerlei Stresstest in Form einer Korrektur. Daher setzen wir diese Zwangswandelanleihen auch nur taktisch ein und prüfen von Fall zu Fall, ob wir sie kurzfristig ins Depot aufnehmen. Auf Einzeltitelebene gefallen uns in Deutschland Anleihen aus dem Automobilbereich wie Continental oder Schäffler, aus dem Telekommunikationssektor z.B. Deutsche Telekom sowie Finanzwerte wie Allianz.

Aktien: Auf die richtige Postleitzahl kommt es an

Im europäischen Vergleich sind Aktien aus Spanien, Italien und Frankreich unterbewertet – das allerdings zu unrecht. Sie wurden mit niedrigeren Kursniveaus bestraft für ihre „falsche“ Postleitzahl. Das Gegenteil gilt für Deutschland: hier haben wir z.B. Daimler, SAP und Fuchs Petrolub verkauft, da diese Aktien ihre Kursziele erreicht hatten – das ist exemplarisch für den deutschen Aktienmarkt. Mögliche größere Korrekturen sind Chancen für neue Zukäufe, da der gesamtwirtschaftliche Rahmen positiv ist. Auf lange Sicht ist die Performance eines Aktieninvestments nicht so sehr durch Kurssteigerungen getrieben, sondern durch andere Zahlungen des Unternehmens wie Dividenden oder Rückkaufprogramme. Diese sind jetzt ein adäquater Ersatz für fehlende Rendite im Anleihesektor und dafür sollten Anleger in den nächsten Monaten auch eine etwas höhere Volatilität einrechnen. Dabei bieten sich – nicht zuletzt aufgrund des niedrigen Eurokurses – vor allem exportorientierte Unternehmen aus dem Automobil- und Luftfahrtsektor an. Diese Branchen rechnen ihre Kosten in Euro ab, sind jedoch mit ihrem Geschäft weltweit vertreten.

(Quelle: La Financière de l'Echiquier)

La Financière de l’Echiquier wurde 1991 von Didier Le Menestrel und Christian Gueugnier gegründet und zählt mittlerweile zu den marktführenden unabhängigen Fondsgesellschaften in Frankreich. In Paris ansässig, ist die Fondsboutique erfolgreich auf Stock Picking spezialisiert. 28 Fondsmanager und Analysten verwalten insgesamt 14 Investmentfonds und ein Vermögen von mehr als 8 Milliarden Euro.

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