Suneil Mahindru, Chief Investment Officer für internationale Aktien bei Goldman Sachs Asset Management stellt seine aktuelle Aktienanalyse vor. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
29.07.2015 12:32 Uhr
AKTIENMARKTANALYSE

Goldman Sachs Asset Management internationale Aktienanalyse

Frankfurt am Main, 29.07.2015 12:32 Uhr (Gastautor)

GSAM Chief Invest­ment Officer Suneil Mahindru blickt opti­mis­tisch auf die zweite Jahres­hälfte. Der MSCI All Country World Index weist zur Mitte des Jahres ein Plus von 4,3 Prozent aus und entspricht somit den Erwar­tungen, wonach globale Aktien 2015 leicht unter ihrem lang­fris­tigen Durch­schnitt von 8 bis 10 Prozent notieren werden.

Die US-Wirtschaft wird nach wie vor die Wachstumsraten anderer Industrieländer übertreffen, doch europäische und japanische Aktien besitzen ein größeres Outperformance-Potenzial aufgrund einer lockeren Geldpolitik, schwacher Währungen und der Chance auf höhere Unternehmensgewinne. Erste Früchte der Strukturreformen in Ländern wie Japan und Indien werden sichtbar. Dem gegenüber stehen in China ein schwächeres Wachstum, ein überhitzter Aktienmarkt sowie der angeschlagene Immobiliensektor. Folglich sollten die Rohstoffpreise niedrig bleiben, worunter gleichermaßen Rohstoffexporteure in den entwickelten und den aufstrebenden Märkten leiden werden. Auch der Verbrauchersektor ist weiterhin sehr aussichtsreich, dennoch sind wir relativ vorsichtig in Bezug auf den Energiesektor, wo die Ölpreise in etwa auf dem aktuellen Niveau verharren dürften.

Wir bleiben bei unserer optimistischen Haltung gegenüber Finanzwerten und beurteilen die Fundamentalfaktoren des Technologie- und Gesundheitssektors nach wie vor positiv, ohne allerdings die Bewertungen aus den Augen zu verlieren. In den meisten Regionen und Sektoren lassen sich jedoch weitere Investment-Gelegenheiten finden. Wir müssen nur in unseren Erwartungen realistisch bleiben.

USA: Die Messlatte liegt niedrig

Wir bleiben bei einem positiven Ausblick für die US-Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,3 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit der Finanzkrise, der Häusermarkt setzt seine Erholung fort und die Benzinpreise dürften weiter niedrig bleiben und so den privaten Konsum stützen. Kurzfristig besteht die Möglichkeit, dass die Unternehmensgewinne für das zweite Quartal positiv überraschen und den US-Aktien somit Auftrieb geben. Allerdings notiert der US-Aktienmarkt mittlerweile schon am oberen Ende seiner historischen Bewertungsspanne. Langfristig gesehen lässt dies auf ein geringeres Aufwärtspotenzial als in den letzten Jahren schließen – möglicherweise auch gegenüber anderen Aktienmärkten.

Europaa Aktienmärkte: Ein Marathon, kein Sprint

Die positive Erwartungshaltung gegenüber der quantitativen Lockerung zeigt bereits Wirkung auf den europäischen Konjunkturaufschwung und die Aktienmärkte. Die Konsensprognose für das BIP-Wachstum in der Eurozone wurde auf 1,5 Prozent nach oben korrigiert, weil sich vor allem die Erwartungen für Spanien verbessert haben.(2) Das Kreditwachstum zieht weiter an, während der Euro schwach bleibt und so die Exporte stützt. Die Aussichten für die Unternehmensgewinne sind sehr gut, doch könnten die Aktienmärkte kurzfristig einen stärkeren Gegenwind zu spüren bekommen.

Europäische Aktien könnten noch in diesem Jahr eine Outperformance schaffen. Die anhaltenden geldpolitischen Maßnahmen der EZB, der schwache Euro und die niedrigen Ölpreise sollten zusätzlich für Unterstützung sorgen. Weiteres Aufwärtspotenzial liegt in den Verbraucherausgaben, die aufgrund der relativ hohen Arbeitslosigkeit in der Region noch verhalten sind. Die einzigen Risiken scheinen derzeit vor allem politischer Natur zu sein. Griechenland bleibt ein dynamisches Problem. In anderen EU-Staaten stehen für dieses Jahr noch Wahlen an, was ebenfalls zur Marktvolatilität beitragen kann – nicht zuletzt angesichts der zunehmend populistischen Stimmung in vielen Ländern.

Japan: Großer Reformeifer

Umfangreiche Stimuli und ein schwacher Yen helfen der japanischen Wirtschaft, sich langsam zu erholen. Die Inflation lässt sich indes nicht so leicht wiederbeleben und dürfte das gesetzte 2-Prozent-Ziel in nächster Zeit verfehlen. Die Arbeitslosenquote ist dagegen auf ein Allzeittief von 3,3 Prozent gesunken, während das reale Lohnwachstum im April erstmals seit zwei Jahren ins Positive gedreht hat.

Die Unternehmensgewinne liegen schon fast auf Rekordniveau(3) und die Zahl jener Unternehmen, die in der jüngsten Berichtssaison Aktienrückkäufe angekündigt haben, ist um über 50 Prozent gestiegen.(4) Die Reforminitiative lockt nicht nur Investoren aus der ganzen Welt, sondern auch inländische Anleger kaufen mehr japanische Aktien. Allerdings bleiben wir hier selektiv positioniert, denn nicht alle Unternehmen sind gleichermaßen auf die Eigenkapitalrendite und die Aktionäre fokussiert.

China: Realität mit chinesischen Besonderheiten

Die Bottom-up-Maßnahmen von Chinas Wirtschaft deuten auf ein schwächeres Wachstum hin, als es die offiziellen Zahlen nahelegen. Die chinesische Industrie läuft Gefahr, negative Wachstumsraten zu verzeichnen. Obendrein herrscht am Immobilienmarkt weiterhin ein Überangebot. Zwar hat sich die Lage in den großen erstrangigen Städten etwas entspannt, das wahre Problem sind jedoch die weiter landeinwärts gelegenen unterrangigen Städte.(5)

In Anbetracht der abkühlenden Konjunktur und des heiß gelaufenen Aktienmarktes investieren wir nur noch sehr selektiv in chinesische Aktien. Die H-Aktien sind günstiger bewertet, weil hier der deutlich höhere Anteil an internationalen Unternehmen und Auslandsinvestoren dämpfend wirkt. Generell erkennen wir bessere Anlagechancen bei Unternehmen, die vom privaten Konsum profitieren werden. Unser Engagement in Staatsbetrieben bleibt dagegen begrenzt, weil wir diese als wenig rentabilitäts- und aktionärsorientiert einschätzen.

Indien: Der Bulle ruht sich aus

Indien ist auf dem besten Weg, dieses Jahr China in puncto Wachstum zu überholen – ein Meilenstein, der durch die allgemein anziehende Konjunktur begünstigt wird. Doch warum haben sich indische Aktien im bisherigen Jahresverlauf schlechter entwickelt als viele ihrer Pendants andernorts? Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass nach dem außergewöhnlichen Vorjahr der Wirtschafts- und Reformoptimismus bereits in den Aktien eingepreist ist. Das Tempo des Aufschwungs und der Reformumfang sind bisher hinter den sehr hohen Anlegererwartungen zurückgeblieben und die Unternehmensgewinne zu Jahresbeginn waren enttäuschend.

Wir bleiben jedoch optimistisch für indische Aktien. Das Makroumfeld dürfte sich weiter verbessern, da die Ölpreise auf einem niedrigen Niveau verharren und die Inflation noch weiter nach unten tendiert. Auch die angelaufenen Reformen sollten mit der Zeit erste Erfolge aufweisen. Die indische Regierung hat bereits eine Reihe von Maßnahmen zum Bürokratieabbau für Unternehmen eingebracht – eine nicht zu unterschätzende Meisterleistung, wenn man bedenkt, dass Indien in der „Ease of Doing Business“-Liste der Weltbank unter 189 untersuchten Ländern gegenwärtig auf Platz 142 rangiert.(6) Das Gewinnwachstum könnte in den nächsten Jahren auf rund 20 Prozent anziehen.

Quellen: Goldman Sachs Asset Management und ... (1) MSCI-Daten von Datastream, basierend auf der Gesamtrendite für den MSCI All Country World Index (ACWI) ab 1988 und den MSCI World Index ab 1970 (2) Bloomberg, Juni 2015 (3) Nomura, Mai 2015 (4) Nomura, Mai 2015 (5) Nationales Statistikbüro (NBS), CLSA und China Reality Research, per April 2015 (6) „Ease of Doing Business 2015“, Weltbank

Disclaimer
Veröffentlichungen und Mitteilungen über Finanzprodukte und Kapitalmarktanalysen dienen der Informationsgebung, entweder durch Dritte oder durch eigene Beschreibungen. Die hier aufgeführten Äußerungen, Analysen und Produktbewertungen sind ausschließlich Meinungen und Ansichten des Herausgebers bzw. Produktgebers. FMM-Magazin.de führt keine Finanzberatung durch, ruft nicht zum Erwerb oder zum Verkauf von Anlageprodukten oder Wertpapieren auf. Interessierte Anleger sollten sich grundsätzlich Emissions-/Produktprospekte genau anschauen. Die Aufsichtsbehörde für das Versicherungs- und Finanzwesen ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Bonn.

 

  • Finanzen
  • Aktien
 
Artikel »   Drucken Versenden

 


Kommentar schreiben »



Kommentar:
Bei einer Antwort möchte ich per Email benachrichtigt werden an
      meine Emailadresse: (wird nicht veröffentlicht)

Bitte übertragen Sie die dargestellte Zeichenfolge in das rechte Feld:

* Bitte halten Sie sich an die Netikette und vermeiden persönliche Anschuldigungen, Beleidigungen und Ähnliches. Verbreiten Sie außerdem keine Unwahrheiten, Vermutungen, Gerüchte sowie rufschädigende oder firmeninterne Informationen. Beachten Sie die Rechte Anderer und urheberrechlich geschützter Quellen. Bei rechtlichen Verstößen haften Sie in vollem Umfang. Aus diesem Grund sind wir gezwungen, Ihre IP-Adresse und Ihren Provider zu speichern. Mit dem Speichern Ihres Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regelungen einverstanden.

 

Weitere Artikel zum Thema:

nach oben
Schnelleinstieg in die Kategorien ...
Robert Halver Kapitalmarktanalysen
Aktivste Kryptowährungen
Bereitgestellt von Investing.com
Finanzdaten von Sentix
LIVE Börsenindizes
Bereitgestellt von Investing.com
Google Vortrag zum Thema Finanzgeschäfte

Vortrag von Salvatore Pennino, Industry Leader Finance Google Germany. Das Thema "Next Generation Banking." Ein interessanter Einblick, welche Ideen Google hat und spannende Informationen über Hintergründe.

Finanzexperten-Forum auf FMM-Magazin.de
Thema Geldanlage: Wissen zum Trading
Aktuelle Artikel aus der Rubrik Investment
Finanzwissen - Produkte & Handelssysteme
Börse für Privatanleger
Das Xetra-Orderbuch bietet Privatanlegern Transparenz beim An- und Verkauf von Aktien

Erklärung und Handel...
Cookies-Nutzung-Einwilligung
 
Finanzen Markt & Meinungen - Das Praxismagazin für Finanzthemen
Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

Portalsystem 2024 © FSMedienberatung
Contentservice: Javascript Newsticker für Ihre Internetseite RSS Feed XML 0.9
0,331 Sek.