Natixis Investment Managers analysieren für Finanzexperten die aktuelle weltpolitische Situation zum Thema Globalisierung und Finanzmärkte. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
31.01.2018 15:42 Uhr
EUROPA UND FINANZMÄRKTE

Investment Management Outlook: Globalisierung vs nationale Isolation

Frankfurt am Main, 31.01.2018 15:42 Uhr (Gastautor)

Welche Seite wird sich bei dem aktu­ellen Konfron­ta­ti­ons­kurs, der zurzeit welt­weit gefahren wird, letzt­lich durch­setzen? Ein Kommentar von Phil­ippe Waechter, Chief Econo­mist, Natixis AM.

Die nach innen gerichteten Tendenzen, die in den letzten Monaten vielerorts zu beobachten waren, zielen darauf ab, die Macht wieder verstärkt auf lokaler Ebene zu konzentrieren. Gleichzeitig gibt es den eher auf Kooperation basierenden Ansatz, der für die Bewältigung globaler Probleme die Bündelung von Kräften vorsieht und auf einem stetigen Dialog beruht.


 

Die Entscheidung zwischen diesen beiden Strategien wird die entscheidende Herausforderung des Jahres 2018 sein. Die Welt steht der Globalisierung inzwischen nicht mehr mit einhelliger Euphorie gegenüber.


 

Die kooperativen Strömungen, die vor der Krise von 2008 zu beobachten waren, sind nicht mehr die dominierende Kraft. Deutlich geworden ist diese Veränderung bei den unterschiedlichen Wahlen und Referenden der jüngsten Vergangenheit. Schließlich haben die Globalisierung sowie das damit einhergehende Prinzip der Kooperation vor allem in den Industrienationen zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Wohlstands geführt. Die berühmte „Elefanten-Kurve“ von Branko Milanovic wurde oftmals als Beispiel angeführt, um zu demonstrieren, dass die am schlechtesten gestellten Arbeitnehmer in den westlichen Ländern den Preis für die Globalisierung und für das rasante Wachstum in Schwellenländern wie China und Indien zahlen müssen.

Diese Globalisierung war lange als ein gemeinschaftliches Phänomen angesehen worden, trat sie doch gleichzeitig mit einer Neuverteilung der weltweiten Produktion ein. So entstand die Idee, dass jeder von dieser Entwicklung profitieren würde. Die Produktion wanderte zwar von den Industriestaaten in die Schwellenländer ab, parallel dazu wuchs aber der Dienstleistungssektor in den etablierten Volkswirtschaften erheblich. Die beispiellose Entwicklung der Schwellenländer ließ diese Einschätzung auch glaubwürdig erscheinen, zumal die Armut weltweit deutlich zurückging.

Die Zeit der impliziten globalen Kooperation liegt hinter uns

Das Brexit-Referendum, der Einzug von Donald Trump ins Weiße Haus sowie das jüngste Wahlergebnis in Österreich belegen, dass sich sehr viele Bürger ungerecht behandelt fühlen und den Eindruck haben, dass sie beim Weltwirtschaftswachstum abgehängt worden sind. Gleichzeitig fühlen sie sich durch die Konkurrenz ausländischer Arbeitskräfte bedroht. Diese Gefühle spiegeln sich auch in der Meinung wider, dass sich „die anderen“ nicht an die Regeln halten, so dass ihnen vor allem die Schwellenländer im internationalen Wettbewerb übertrieben stark erscheinen.

Dieses ungute Gefühl hat zu einer Abstimmung zugunsten eines eher nach innen gerichteten Ansatzes geführt – denn um nichts anderes handelt es sich beispielsweise bei dem Brexit-Referendum. Die wenigen Volkswirte, die diese Entscheidung befürwortet hatten, gingen davon aus, dass sich ein Vereinigtes Königreich mit der Größe vergangener Tage durchaus auch allein behaupten und die Welt zurückerobern könnte. Die gleiche Begründung dürfte auch auf die Trump-Wähler in den USA zutreffen, die das kräftige Wachstum in China und Asien als potenzielle Gefahr für die Vereinigten Staaten ansahen. Und die erste Entscheidung des neuen US-Präsidenten war dann bezeichnenderweise auch der Rückzug aus den TPP-Verhandlungen.

All diesen Entwicklungen liegt die seltsame Vorstellung zugrunde, dass es sich bei der Ökonomie um ein Nullsummenspiel handelt und dass die verlorenen Arbeitsplätze in die USA zurückgeholt werden müssten. Dieser Gedanke ist insofern merkwürdig, als er impliziert, dass die Situation der einen auf Kosten der anderen verbessert wird. Und das ist genau das Gegenteil von dem, was uns die Geschichte – zumindest seit dem Beginn der industriellen Revolution – gelehrt hat.

Diese US-Version der Geschichte legt nahe, dass eine Zusammenarbeit mit dem Rest der Welt schlicht und einfach nichts bringt

In der Praxis wird diese Idee einer Wirtschaft als Nullsummenspiel in Form von Importsteuern umgesetzt, wie sie die US-Administration vor kurzem auf Solarzellenplatten und auf Waschmaschinen eingeführt hat, bevor entsprechende Maßnahmen für Aluminium sowie für geistiges Eigentum in Betracht gezogen wurden. Auf diese Weise bereiten die USA einer Zersplitterung des Handels den Boden, um so die Globalisierung aufzuhalten, während man aber gleichzeitig hofft, davon zu profitieren. Die Amerikaner gehen davon aus, dass sie auf die Ungleichgewichte, die daraus entstehen, umgehend reagieren können – das ist aber keineswegs sicher. Denn seit Friedrich List hat sich die Welt grundlegend verändert, da viele gehandelte Produkte inzwischen nicht mehr vor Ort produziert werden. Was also wird geschehen, wenn Produkte des täglichen Bedarfs teurer werden?

Dieser isolationistische Ansatz geht auch mit der Vernachlässigung globaler Probleme wie dem Klimawandel, der Sicherheitsthematik und dem Terrorismus einher. Man verhält sich, als hätte die Welt keine alle betreffenden Probleme, für deren Bewältigung man am gleichen Strang ziehen muss.

Einen Gegenentwurf zu dieser Weltsicht, der davon ausgeht, dass diese alle betreffenden Fragen eben nicht auf lokaler Ebene beantwortet werden können, sondern im Rahmen einer koordinierten und gemeinsamen Strategie gelöst werden müssen, möchten wir vor allem in Europa voranbringen. Die Globalisierung hat in vielerlei Hinsicht zu Ungleichheit geführt. Dies zeigt sich beispielsweise in der Verteilung des Wohlstands innerhalb eines einzelnen Landes. Die Ungleichgewichte, die wir zurzeit weltweit beobachten, lösen jedoch Machtkämpfe aus, die katastrophale Konsequenzen haben können. So führt etwa die Einkommensungleichheit nicht zwangsläufig zu einem höheren Wachstum, und es könnten sogar Zweifel an der Notwendigkeit eines solchen Wachstums aufkommen, wenn dieses nur einer kleinen Minderheit zugutekommt. Den Blick nach innen statt nach außen zu richten, ist aber keine Lösung. Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass diese Strategie eher den Wohlstand bremst als ihn beflügelt. Seit dem Brexit-Referendum hat das britische Wachstum eine Trendwende vollzogen. So kostet der Brexit die britische Wirtschaft jede Woche 300 Mio. Pfund – eine beträchtliche Summe.

Der Weg der Zusammenarbeit

Jedes Land vertritt die Auffassung, dass es einen Betrag leisten kann, um die aktuellen Probleme zu bewältigen. Das bedeutet aber, dass jedes Land auch seine Strategie aktiv definieren und mögliche Reaktionen auf den Weg bringen muss. Bei diesem Ansatz ist kein Platz für Drückeberger.

Diese Strategie beruht auf der Erkenntnis, dass globale Herausforderungen – wie der Klimawandel, die Bildungsproblematik und der Terrorismus – nur auf globaler Ebene gemeistert werden können. Deshalb muss jedes Land die erforderlichen Voraussetzungen schaffen und alle notwendigen Reformen umsetzen, um eine Zusammenarbeit zu ermöglichen und ein besseres Ergebnis zu erzielen. Ich habe diese unterschiedlichen Aspekte angeführt, weil ich davon ausgehe, dass 2018 ein Jahr des Wandels werden wird. Donald Trump hat einem Handelskrieg bereits den Weg bereitet. Dies gilt insbesondere gegenüber China, das daraufhin gedroht hat, den Kauf von US-Staatsanleihen zu reduzieren. Die wirtschaftliche und politische Entwicklung von morgen wird sich jedoch nicht an den Strukturen von gestern orientieren. Aber in diesem Jahr müssen Entscheidungen getroffen werden zwischen dem isolationistischen, nach innen gerichteten Ansatz und einer Strategie, die auf globale Lösung für die weltweiten Probleme abzielt. Trump vs. Macron könnte die Auseinandersetzung des Jahres werden, denn diese beiden Politiker vertreten völlig entgegengesetzte Visionen und würden zwei sehr unterschiedliche Welten schaffen. Eine Welt, in der jeder nur auf sich selbst achtet, ist generell konfliktbeladener. Und auch die Geschichte lehrt uns, dass dies nicht der optimale Weg ist.

Die Zuversicht in das weltweite Wachstum kann nur dann Bestand haben, wenn man weiter auf Zusammenarbeit setzt.

(Quelle: Natixis Asset Management ist ein Tochterunternehmen der Natixis Investment Managers. Diese versorgt Anlagespezialisten mit erkenntnisreichen Einsichten zum Aufbau von Portfolios. Mit der Expertise von 26 spezialisierten Investmentmanagern weltweit nutzt Natixis Investment Managers Active Thinking℠, um proaktive Lösungen zu liefern, die Kunden dabei helfen, bessere Ergebnisse an allen Märkten zu erzielen.)

Disclaimer

Veröffentlichungen und Mitteilungen über Finanzprodukte und Kapitalmarktanalysen dienen der Informationsgebung, entweder durch Dritte oder durch eigene Beschreibungen. Die hier aufgeführten Äußerungen, Analysen und Produktbewertungen sind ausschließlich Meinungen und Ansichten des Herausgebers bzw. Produktgebers. FMM-Magazin.de führt keine Finanzberatung durch, ruft nicht zum Erwerb oder zum Verkauf von Anlageprodukten oder Wertpapieren auf. Interessierte Anleger sollten sich grundsätzlich Emissions-/Produktprospekte genau anschauen. Die Aufsichtsbehörde für das Versicherungs- und Finanzwesen ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Bonn.

 

  • Europa
  • Economics
  • Finanzen
 
Artikel »   Drucken Versenden

 


Kommentar schreiben »



Kommentar:
Bei einer Antwort möchte ich per Email benachrichtigt werden an
      meine Emailadresse: (wird nicht veröffentlicht)

Bitte übertragen Sie die dargestellte Zeichenfolge in das rechte Feld:

* Bitte halten Sie sich an die Netikette und vermeiden persönliche Anschuldigungen, Beleidigungen und Ähnliches. Verbreiten Sie außerdem keine Unwahrheiten, Vermutungen, Gerüchte sowie rufschädigende oder firmeninterne Informationen. Beachten Sie die Rechte Anderer und urheberrechlich geschützter Quellen. Bei rechtlichen Verstößen haften Sie in vollem Umfang. Aus diesem Grund sind wir gezwungen, Ihre IP-Adresse und Ihren Provider zu speichern. Mit dem Speichern Ihres Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regelungen einverstanden.

 

Weitere Artikel zum Thema:

nach oben
Schnelleinstieg in die Kategorien ...
Stichwortsuche in unseren >9.000 Fachbeiträgen
EUROPA intern...


Digitales Programm zu Europa 2030
Komeptenzen - Verantwortung - Nachhaltigkeit

Prof. Dr. Patrizia Nanz ist seit 2016 wissenschaftliche Direktorin am IASS und Professorin für transformative Nachhaltigkeitswissenschaft an der Universität Potsdam. Sie erforscht die Gelingensbedingungen gesellschaftlichen Wandels und experimentiert mit ko-kreativen Denk- und Gestaltungsprozessen, in die Menschen aus unterschiedlichen Sektoren, Organisationen und Lebenslagen ihr Wissen einbringen um zentralen Herausforderungen wie dem Klimawandel zu begegnen.

EU Kommission @ Social Media
Interaktive Infografik zum EU-Haushalt
Das EU Haushalts-Tool. Wie viel Geld erhält jedes Land von der EU? Bitte auf das Bild klicken...!


Europäische Leuchtturmprojekte - Hintergrund
NEWS Map - Länder & Firmen in unseren Artikeln ...
Themendienst Finanzenwissen
Eurokrise - Entstehung und Auswirkung

Europa News
EU Informationen und Internetlinks
Economics - Global Highlights

Global - national - regional.
Durch die Kooperation mit dem englischen Wirtschafts-
magazin "The Economist“ erhalten FMM-Leser einen weitreichenden Einblick in das internationale Geschehen zu den Themen Wirtschaft, Politik und Finanzen.

Wöchentliches Update interessanter Artikel...

Europa-Abgeordnete
Dr. Angelika Niebler,
ist Mitglied des Europäischen Parlaments und ordentliches Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie.

» Zum Portrait...

Flugbewegungen über Europa in Echtzeit

Mit flightradar24.com können Flugbewegungen über Europa in Echtzeit verfolgt werden. Möglich macht das ein ADS-B-Transponder, den Flugzeuge an Bord haben.

Zum Flightradar…
Wie funktioniert der Flightradar...?
Was ist ein ADS-B-Transponder...?
EU-Dienstleistung für den Mittelstand
"Europa für Sie, die Chance für Ihr Unternehmen" -ein Internetportal um Geschäftsmöglichkeiten in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu suchen.

» Hier erfahren sie mehr...

Cookies-Nutzung-Einwilligung
 
Finanzen Markt & Meinungen - Das Praxismagazin für Finanzthemen
Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

Portalsystem 2024 © FSMedienberatung
Contentservice: Javascript Newsticker für Ihre Internetseite RSS Feed XML 0.9
0,361 Sek.