Robert Halver von der Baader Bank stellt seine Aussichten zum Thema Finanzmärkte und Börse für das Schlussquartal 2015 vor. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
05.10.2015 16:11 Uhr
FINANZMÄRKTE UND GELDPOLITIK

Robert Halver Börsenausblick | Die Kapitalmärkte im Schlussquartal 2015

Frankfurt am Main, 05.10.2015 16:11 Uhr (Robert Halver)

Es gibt Zeiten, da kommt es knüp­pel­dick, es gilt Murphys Gesetz, wonach alles, was schief­gehen kann, auch tatsäch­lich schief­geht. Das spüren im III. Quartal auch deut­sche Aktien. Ein Markt­kom­mentar von Robert Halver.

Informationen zum Autor:
Halver Robert
Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Bereits seit 2012 berichtet er auf FMM-Magazin.de über die Geschehnisse an den Börsen. Baader betreut an den Börsenplätzen Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf und Berlin u.a. den Handel mit Aktien, Anleihen, Derivaten und Fonds.

Banken, Versicherungen und Versorger sind fundamental angeschlagen. Dies allein wäre schon belastend genug für den DAX. Jetzt kommt auch noch die Wachstumsschwäche Asiens und Lateinamerikas, eine unentschlossene Fed und die skeptische Frage nach „Made in Germany“ hinzu. Wie könnte das Kapitalmarktjahr 2015 schließen?

Die VW-Krise unterzieht die deutsche Industrieleitkultur einem „TÜV-Anlagetest“

Schon länger leiden Banken unter der Regulierung, Versicherungen unter geringen Zinserträgen und Versorger unter einem wahlpopulistischen Atomwende-Manöver. Nach der dicken Luft bei VW hinterfragt jetzt auch noch das große angelsächsische Kapital das Geschäftsmodell „Made in Germany“ und sinniert, ob die zyklische deutsche Aktienkultur nicht ohnehin nur der „old economy“ zuzuordnen ist und damit an Sexappeal verliert.

 

Ja, tatsächlich könnte man ins Grübeln kommen, wenn man bedenkt, dass die zwei amerikanischen Zukunftsfirmen Apple und Google mehr wert sind als der gesamte DAX zusammen.


 

Wo sind denn unsere deutschen digitalen Zukunftsunternehmen, unsere aufstrebenden Biotech-Firmen? Die finden sich schwerpunktmäßig auch eher in Amerika und Asien. Droht den deutschen Schicksalsbranchen im Vergleich zu anderen Indices also ein Bewertungsabschlag? Auch zur Neuen Markt-Zeit war „old economy“ wenig gefragt. Doch sie wurde gewaltig rehabilitiert. Solange die Weltwirtschaft wächst - und dafür wird mit Konjunkturprogrammen global gesorgt - kommt man an „good old german economy“ nicht vorbei. Unsere Qualität ist grundsätzlich gut und das Wolfsburger Problem wird zur Not „Auto-deutsch“ gelöst. Der Oktober mag für den DAX noch volatil sein.

Der MDAX ist der wahre Held der deutschen Aktienkultur

Warum schaut man immer nur auf den DAX? Der MDAX läuft dem Leitindex schon seit Jahren den Rang ab. Ja, ausgerechnet der MDAX als Sammelbecken besonders konjunkturzyklischer Aktien, also „old economy“. Das zeigt sehr deutlich, dass die deutsche industrielle Leitkultur für ausländische Investoren sehr lebendig ist. Zahlreiche mittelständige Werte besetzen mit ihren spezialisierten Qualitätsprodukten, Industriepatenten und einer effizienten Kostenstruktur die Position als Weltmarktführer auch in Nischenmärkten. Insofern haben wir es derzeit klar mit einer Übertreibung in puncto deutsche Aktienkursverluste zu tun. Hinzu kommt das anlagetechnische Argument, wonach der Kapitalabzug internationaler Investoren vor allem Standardtitel aus dem DAX betrifft.

Sollten sich die ifo Geschäftserwartungen weiter stabilisieren, bleibt die relative Stärke des MDAX erhalten. Ende des Jahres ist dem MDAX ein Indexstand von 20.500 Punkten zuzutrauen.

China-Aktien haben das Schlimmste hinter sich

Chinas Wirtschaft konsolidiert. So bröckelt der Immobilienmarkt weiter. Und die Industrie wird durch eine sogar oberhalb der Wirtschaftsleistung Chinas liegende Verschuldung belastet. Leider zeigt sich der Konsum, der bei der Nachhaltigkeit des chinesischen Wirtschaftswachstums die Hauptrolle spielen sollte, auch noch schwach. Durch die Propaganda der KP in Peking haben Chinesen Aktien auf Kredit gekauft. Da sie nach dem letzten Aktienkursverfall insofern unter einem zweifach negativen Vermögenseffekt leiden, ist ihre Konsumeuphorie naturgemäß gebremst. Eine gemäß Einkaufsmanagerindex trübe Industriestimmung unterhalb der Expansion anzeigenden Schwelle zieht schrumpfende Gewinne nach sich. Die KP ist zu unkonventionellen Maßnahmen gezwungen: Die Notenbank wird umfangreiche staatliche Konjunkturprogramme gegenfinanzieren müssen. Immerhin scheint die Unterstützungszone von 3.000 Punkten im Shanghai Composite Index zu halten.

Die Geldpolitik verfolgt Japan wie ein Schatten

Japan kommt aus der Rezession nicht heraus. Die als „Abenomics“ bekannten Konjunkturmaßnahmen haben angesichts der demographischen Überalterung und dem nachlassenden Importsog Chinas keinen überkompensierenden Erfolg zeigen können. Das angekündigte Wachstumsziel von 20 Prozent - zu dem es verwirrenderweise ohnehin keinen Zeitbezug gibt - bleibt reine Utopie. Zukünftig wird der Bank of Japan notgedrungen eine noch größere Bedeutung zukommen. Bereits aktuell kauft sie netto die komplette Neuverschuldung Japans auf, da die Aufnahmefähigkeit bei inländischen Investoren erschöpft ist. Weitere, noch massivere Konjunkturpakete werden ebenfalls von der Geldpolitik gedeckt werden müssen. Zur Bekämpfung der wieder erscheinenden hässlichen Fratze der Deflation ist ein Eingreifen der Notenbank ohnehin alternativlos. Die japanische Liquiditätsschwemme ist damit so etwas wie der geldpolitische Blankoscheck, der den Nikkei 225 bis Jahresende zu Indexständen von 19.000 Punkten treiben wird.

Die Volatilität nicht als Feind, sondern als Freund des Anlegers betrachten

Die Risikoaversion an den Aktienmärkten hat sich markant erhöht. Die steigende Schwankungsbreite macht finanztechnisch betrachtet Discount- und Bonusprodukte sowie Aktienanleihen laufend attraktiv. Mit ihnen lassen sich Teilabsicherungen gegen zwischenzeitliche Börsenverluste günstig darstellen.

Vor allem jedoch schreit das verstärkte Auf und Ab an den Aktienmärkten förmlich nach Aktienansparplänen. Und das am besten auf Aktienindices, um das Einzelwertrisiko zu mildern und am besten regelmäßig, um das Risiko größerer einmaliger Anlagen zu umgehen. Denn des Anlegers bester Freund ist der Durchschnittskosteneffekt. Bei monatlichem Ansparen erhält man als Anleger bei steigenden Kursen zwar weniger Aktienanteile, dafür nimmt man jedoch die Kurssteigerungen mit. Und wenn die Kurse zwischenzeitlich fallen, erhält man bei gleichbleibendem Ansparplan mehr Aktienanteile. Bei wieder steigenden Kursen macht sich das kaufmännische Motto „Im Einkauf liegt der Gewinn“ positiv bemerkbar.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de

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