Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank meint zum Thema Griechenland: Insgesamt ist nicht mit einer Wiederauflage der Euro-Krise oder gar einem Überschwappen auf andere Euro-Schuldnerländer zu rechnen. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
26.01.2015 17:57 Uhr
WIRTSCHAFT UND KONJUNKTUR

Robert Halver: Weltwirtschaft wächst - Deutschland aber ist ein Schlusslicht

FrankfurtMain/München, 26.01.2015 17:57 Uhr (Robert Halver)

Der IWF hat zwar seine Wachs­tums­pro­gnose für die Welt­kon­junktur 2015 von 3,8 auf 3,5 Prozent gesenkt. Immerhin wächst sie aber stärker als 2014 mit etwa 2,4 Prozent. Als Sorgen­kind der Welt­wirt­schaft gilt neben Japan die Euro­zone mit einem erwar­teten Wirt­schafts­wachstum von 1,2 Prozent. Aber selbst Deutsch­land gehört mit 1,3 Prozent zu den Schluss­lich­tern der Welt­kon­junktur.

Informationen zum Autor:
Halver Robert
Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Bereits seit 2012 berichtet er auf FMM-Magazin.de über die Geschehnisse an den Börsen. Baader betreut an den Börsenplätzen Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf und Berlin u.a. den Handel mit Aktien, Anleihen, Derivaten und Fonds.

Grundsätzlich sind die globalen Wachstumsrisiken durch die niedrigen Energiepreise gut abgefedert. Nicht zuletzt deutet eine Dynamisierung des Welt-Handelsindex auf eine an Schwung gewinnende Weltkonjunktur hin.

Triebfedern der Weltkonjunktur sind zunächst die USA, deren Wachstumsaussichten 2015 sich laut IWF von 3,1 auf 3,6 Prozent verbessert haben. China soll statt mit zuvor 7,1 jetzt geschätzt mit 6,8 Prozent zwar etwas weniger wachsen. Hintergrund ist der politisch beabsichtigte Umbau der Volkswirtschaft hin zu einer weniger dynamisch, dafür aber nachhaltig wachsenden Binnenkonjunktur. China beugt damit ungesunden Blasenbildungen vor, die bei ihrem Platzen nicht nur China, sondern die gesamte Weltwirtschaft in Bedrängnis brächten.

Die EZB hat die „Dicke Berta“ nicht nur geladen, jetzt wird scharf geschossen

Die EZB nutzt die aktuelle Deflation in der Eurozone als Alibi für ein markantes Wertpapieraufkaufprogramm mit Fokus auf Staatsanleihen. Ab März 2015 wird sie zunächst bis September 2016 für monatlich 60 Mrd. Euro Anleihen aufkaufen. Der Hinweis darauf, dass das Programm so lange durchgeführt wird, bis das Inflationsziel von 2 Prozent erreicht ist, deutet bereits jetzt auf eine mögliche Ausweitung des Aufkaufprogramms in punkto Volumen und Dauer ab dem IV. Quartal 2016 hin. Auch die US-Notenbank hat ihre Kaufprogramme mehrfach verlängert und ausgeweitet. Aufgekauft werden Staatsanleihen mit Investment Grade-Bonität gemäß dem EZB-Kapitalbeteiligungsschlüssel.

Laut Mario Draghi ist die EZB ab Juli 2015 berechtigt, auch griechische Staatspapiere zu kaufen, sofern Griechenland ein neues Hilfsprogramm aushandelt. Mit dieser Aussage hält sich die EZB unmittelbar vor der griechischen Parlamentswahl neutral zurück. Die Staatstitelkäufe werden von der EZB koordiniert, aber von den nationalen Notenbanken umgesetzt, die 80 Prozent der Verlustrisiken tragen. Damit will man den Bedenken der Deutschen Bundesbank vor gemeinschaftlicher Haftung Rechnung tragen. Dies ist jedoch in letzter Konsequenz nur Augenwischerei. Denn sollte es tatsächlich zu Schieflagen einer nationalen Notenbank aufgrund von Kurs- oder Ausfallverlusten bei Staatstiteln kommen, haftet dennoch das System der europäischen Notenbanken kollektiv.

Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung

Die dramatische Liquiditätsausweitung wird sich in einem zunehmenden Risikoappetit für Aktien aus der Eurozone niederschlage. Daneben ist von einer Fortsetzung der seit Anfang 2014 zu beobachtenden Outperformance konjunktursensitiver deutscher Aktien gegenüber der Euro-Peripherie auszugehen.

Denn Deutschland ist der absolute Nutznießer des Aufkaufprogramms der EZB. Der schwache Euro beflügelt die Exportperspektiven der deutschen Industrie deutlich. Eine weitere Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um 10 Prozent würde den DAX-Konzernen in diesem Jahr einen Gewinnanstieg von schätzungsweise 8 Prozent ermöglichen. Nicht zuletzt profitiert Deutschland als Handelspartner von der schuldenfinanzierten Stabilisierung der Konjunktur der Euro-Partnerländer.

Zudem wirft die anstehende Dividendensaison ihren positiven Schatten voraus. Angesichts weiter fallender Anleiherenditen werden alternative Dividendenrenditen immer wertvoller.

Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist unabhängig vom Ausgang der anstehenden Parlamentswahl nicht zu befürchten. Denn dieser bringt keinem Beteiligten einen Vorteil, schon gar nicht der Bundesregierung, die sich die Frage gefallen lassen müsste, warum man einen Grexit nicht bereits 2010 zu verkraftbaren Bedingungen durchgeführt hat. Wie bereits seit 2010 werden auch eine neue griechische Regierung unter Führung der Euro-kritischen Syriza-Partei in Verhandlungen mit der EU, der EZB und dem IWF „intelligente“ Lösungen - man könnte auch von faulen Kompromissen sprechen - in Form abgemilderter Spar- und Reformforderungen, verlängerten Schuldenlaufzeiten oder Zinsstundungen finden. Bedeutend ist, dass es sich bei den griechischen Kreditverbindlichkeiten schwerpunktmäßig um öffentliche Schuldner handelt, die naturgemäß geduldiger sind als private, wenn es um die Initiierung eines verdeckten Schuldenschnitts geht. Einen offenen Schuldenschnitt, der Deutschland für alle Wähler unmittelbar erkennbar Geld kostet wird man nicht beschließen.

Insgesamt ist nicht mit einer Wiederauflage der Euro-Krise oder gar einem Überschwappen auf andere Euro-Schuldnerländer zu rechnen.

Der Autor dieses Artikels ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. www.bondboard.de

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