Die amerikanische Notenbank Fed hat das Tapering angekündigt. Steigt jetzt auch der Leitzins und was bedeutet das für ein Investment in Aktien. Robert Halver mit seiner Analyse. Das Praxismagazin für Finanzthemen Onlineausgabe des Printmagazins Finanzen Markt & Meinungen.

 
 
05.11.2021 19:50 Uhr
ZUKUNFT DES AKTIEN INVESTMENT

Robert Halver | Einschätzung zur Leitzinsanhebung und buy the dip

Düsseldorf, 05.11.2021 19:50 Uhr (Robert Halver)

Kommt bald die Anhe­bung der Leit­zinsen, nachdem die Dros­se­lung der Fed-Anlei­hen­käufe klar ist? Eine geld­po­li­ti­sche Restrik­tion wird es wohl nicht geben, denn dafür ist die Angst vor dem System­crash zu groß.

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Halver Robert
Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Bereits seit 2012 berichtet er auf FMM-Magazin.de über die Geschehnisse an den Börsen. Baader betreut an den Börsenplätzen Frankfurt, München, Stuttgart, Düsseldorf und Berlin u.a. den Handel mit Aktien, Anleihen, Derivaten und Fonds.

Auf ihrer letzten Sitzung hat die US-Notenbank Fed die Drosselung ihrer Anleihenkäufe schon ab November angekündigt. Demnach ist im Sommer 2022 die Liquiditätsausweitung beendet. Der Leitzins bleibt zwar zunächst unverändert. Im kommenden Jahr rechnen die Finanzmärkte jedoch mit ersten Erhöhungen.

Konkret wird die Fed ab Mitte November das monatliche Aufkaufvolumen von bislang 120 Mrd. US-Dollar um 15 Mrd. - verteilt auf 10 Mrd. US-Staatsanleihen und 5 Mrd. Hypotheken besicherte Anleihen (MBS) - verringern. Damit würde die Liquiditätsoffensive der Fed Mitte Juni 2022 enden.

Allerdings behält sich die Fed vor, den Autopiloten bei Bedarf auszuschalten. Bei verschlechterten Konjunkturaussichten könnte sie das Tapering pausieren oder das Aufkaufvolumen sogar wieder erhöhen. Von einem Netto-Liquiditätsentzug ist ohnehin keine Rede. Das im Sommer 2022 neu erreichte Rekordniveau der Bilanzsumme der Fed von 9 Bio. Dollar bleibt grundsätzlich bestehen.


 

Die verhaltene Reaktion amerikanischer Staatsanleihen beweist, dass geldpolitische Restriktion anders aussieht.


 

Baader Bank Robert Halver US Staatsanleihen

Kommt bald die Anhebung der Leitzinsen?

Fed-Chef Powell verteilt Beruhigungspillen und betont, dass mit dem Ende der Aufkäufe nicht automatisch eine Erhöhung der Leitzinsen verbunden ist. Er verweist auf die konjunkturelle Unsicherheit, die angepeilte Zinsanhebungen zu Eventualgrößen machen. Auch sei das Ziel der Vollbeschäftigung noch nicht erreicht.

Überhaupt kommt der Fed entgegen, dass sich allmählich Entspannungseffekte bei Rohstoffen wie Kohle, Naturgas oder Industriemetallen einstellen. Starke Nachfrage bei schwachem Angebot gleich sich wieder an, sobald der momentane Prozess der Wiederauffüllung der Lager abgeschlossen ist. 2022 wächst sich der Preisschub im Vorjahresvergleich zunehmend aus. Ausgerechnet die Rohstoffseite trägt dann zu einer Inflationsentschleunigung bei, die der Fed weiteren restriktiven Handlungsdruck abnimmt.

Auch in puncto Lieferketten sind Preisentspannungseffekte unverkennbar. Eine deutliche Reduzierung der Frachtraten laut Baltic Dry Index deutet auf vergrößerte Transportkapazitäten hin. Perspektivisch verringert das auch den Preisüberwälzungsdruck für Unternehmen an Kunden bzw. Verbraucher.

Tatsächlich hat die US-Inflation gemäß Citigroup Inflation Surprise Index zuletzt deutlich weniger überrascht als noch im Sommer. Bei Trendfortsetzung nimmt der Zinserhöhungsdruck auf die Fed ab.

Insgesamt ist nicht mit einer klaren Leitzinswende zu rechnen. Wenn überhaupt, sind 2022 zwei Leitzinsanhebungen möglich. Wir sprechen von keiner harten Zinswende, sondern einem milden Zinswendchen.

Die Angst vor dem Systemcrash

Nicht zuletzt muss die Fed das „Sorglos-Kreditumfeld“ für die geplanten Infrastruktur- und Sozialmaßnahmen über insgesamt rund drei Bio. US-Dollar aufrechterhalten. Angesichts der gigantischen Überschuldung Amerikas sind klar steigende Zinsen ohnehin unerwünscht. Das Platzen der Immobilienblase 2008 hatte das amerikanische Finanzsystem bereits an den Rand des Ruins gebracht, das nur mit unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen stabilisiert werden konnte. Das Bersten der heute noch viel umfangreicheren Anleiheblase - die größte Anlageblase aller Zeiten - wäre der ultimative Systemzusammenbruch. Das wird die Fed selbstverständlich verhindern. Also,... liebe AnlegerInnen, bleiben sie entspannt.

Im Übrigen: Historisch betrachtet haben sanfte US-Zinserhöhungen die Aktienmärkte weiter ansteigen lassen. Das gilt umso mehr, wenn Zinssteigerungen die Inflation nicht ausgleichen. Das hilft vor allem den höher bewerteten High-Tech-Titeln.

Und die EZB?

Mit einer für Notenbanker untypischen Direktheit betont Christine Lagarde, dass Zinsanhebungen 2022 „sehr unwahrscheinlich“ sind. Das spricht zudem gegen jede Renaissance des Zinssparens. Grundsätzlich zeugt die Zinserhöhungsdiskussion in den USA von einer stabileren Wirtschaft. Die Konjunkturprognosen für 2021 werden zwar zurückgestutzt, aber für 2022 erhöht.

Anleger voller Furcht...

Was soll das eigentlich? Sorgen - Furcht - Ängste. Während die einen voller Sorgen sind, verdienen andere im Durchschnitt über 10 Prozent mit Aktien. Für Aktien fundamental optimistisch stimmt auch, dass sich der Economic Surprise Index für die Weltwirtschaft schrittweise in positives Überraschungsterrain zurückarbeitet.

In diesem Zusammenhang zeigt die in Deutschland angelaufene Berichtsaison in puncto „Vergangenheitsbewältigung“ ein freundliches Bild, was aufgrund des coronalen Vorjahresvergleichs zwar einfach ist. Doch fallen ebenso die Ausblicke z. B. im Chemie- und Industriesektor robust aus. Und da Unternehmen in Ausblicken nicht übertreiben wollen, da sie ansonsten nach Vorlage der tatsächlich schwächeren Ergebnisse abgestraft würden,


 

ist offenbar genügend Konjunkturvertrauen vorhanden.


 

Jahresend-Rallye unter Schwankungen

Der Anteil der Optimisten gegenüber den Pessimisten am US-Aktienmarkt notiert in neutralem Bereich und lässt kein hohes Korrekturpotenzial erkennen. Die anhaltend hohe Investitionsquote unter US-Fondsmanagern spricht ebenso gegen nachhaltige Aktien-Schwächen.

Dennoch kann die stetige Jagd nach Allzeithochs an den US-Börsen für zwischenzeitliche Ermüdungen sorgen. Als Kontraindikator deutet darauf der Fear & Greed Index von CNN Money hin, der sich im Bereich „extreme Gier“ befindet.

Insgesamt dürfte sich der volatile Aufwärtstrend an den Aktienbörsen fortsetzen. Die ausgewogene Stimmungslage bildet eine gesunde Basis für im Trend steigende Kurse. Es gilt weiter: Buy the dip.

Baader Bank Robert Halver Sorgen Barometer Aktien

Aus charttechnischer Sicht würde im DAX ein Anstieg über 16.075 Punkte weiter steigende Kurse bis 16.185 und 16.300 ermöglichen. Kommt es hingegen zu einer Gegenbewegung, steigt die Gefahr einer Zwischenkorrektur bis an die Marken bei 15.998, 15.960, 15.922 und 15.843 Punkten.

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(Quelle: Robert Halver / adisfaction)

 

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