Aktien: Analysten dürften ihre Gewinnschätzungen für 2015 nach oben korrigieren
Paris/Düsseldorf, 19.05.2015 13:36 Uhr (Gastautor)
Nachdem das Jahr mit Pauken und Trompeten begonnen hatte, wurde es Ende April für die Aktienmärkte schwieriger. Hauptgrund ist die nach wie vor ungeklärte Situation in Griechenland, zumal das widersprüchliche Verhalten der griechischen Verhandlungspartner keine Prognosen erlaubt. Ein Kommentar von Augustin Picquendar, DNCA Finance.
In den USA machte sich das enttäuschende Wachstum des ersten Quartals in Form von Volatilität bemerkbar. Sie blieb mit 0,2 Prozent zwar deutlich unter den Erwartungen von ursprünglich 1 Prozent, die vorübergehende Schwäche beruht jedoch auf konjunkturellen Faktoren. Wie schon 2014 wirkten sich die Wetterbedingungen auch in diesem Jahr negativ aus. Dazu kamen Streiks in den Häfen an der Ostküste, der starke Dollar und der sinkende Ölpreis, der die Investitionen im Erdölsektor bremst. Daher hebt die US-Notenbank den Leitzins möglicherweise erst im September an.
Die Märkte reagieren darauf mit einem sinkenden Dollar gegenüber dem Euro und mit fallenden Kursen exportorientierter europäischer Unternehmen. Überdies leidet der Markt unter den gestiegenen Zinsen – auch wenn sie nach wie vor sehr niedrig sind. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen stieg zuletzt um mehr als 50 Basispunkte auf 0,58 Prozent. Dieser Zinsanstieg stört auf kurze Sicht die perfekte Konstellation vom Jahresbeginn.
Augustin Picquendar von DNCA Finance
Da die Unternehmen außerdem in ihren Guidances die Umsatz- und Gewinnprognosen anheben, rechnen wir damit, dass auch die Konsensus-Schätzungen für den Gewinn je Aktie im Gesamtjahr 2015 steigen werden. Diese Dynamik sollte für attraktive Bewertungen sorgen.
Aktien Investment Strategie
In diesem Kontext setzen wir auf einen Aufschwung in Europa und investieren in zyklische Unternehmen wie Faurecia, Metro, Peugeot und Saint-Gobain. Diese Unternehmen generieren ihre Umsätze überwiegend im heimischen Markt und haben sich während der Krise ausreichend umstrukturiert, um nun davon profitieren zu können. Die Metro-Aktie hatte zwar schwer unter der Rubelschwäche zu leiden, eignet sich jedoch gut, um auf einen wieder anziehenden Konsum in Europa – insbesondere Osteuropa – zu setzen. Ebenfalls bemerkenswert: Seit drei Quartalen nimmt die Kreditvergabe wieder zu. Davon dürften Bankwerte wie Crédit Agricole oder BNP Paribas profitieren. Auch von Telekommunikations-Unternehmen wie Orange, Telefónica und Telecom Italia erwarten wir positive Entwicklungen. Da in den jeweiligen Ländern jeweils ein Netzbetreiber verschwinden dürfte, könnte der Preisdruck abnehmen. Zudem dürfte der Umsatz je Verbraucher steigen, wenn sich 4G oder gar 5G und die Glasfasertechnik weiter verbreiten.
Das größte Risiko besteht in diesem positiven Szenario darin, dass die Unternehmen ihre Investitionen noch nicht ausreichend gesteigert haben. Für eine positive Rückkopplung müssen die Unternehmen weiter investieren, nachdem die Haushalte bereits mehr konsumieren. Wer sich aktuell dazu in der Lage sieht, nutzt seine liquiden Mittel jedoch, um an der Börse Aktien zurückzukaufen oder großzügige Dividenden auszuschütten. Zudem wurden die Produktionskapazitäten bereits recht weit hochgefahren, wenn man bedenkt, dass die Wachstumsperspektiven im historischen Vergleich eher mittelmäßig sind.
In puncto Diversifizierung gehen wir davon aus, dass Aktien mehr zur Performance beitragen werden als Anleihen mit ihren sehr geringen realen Renditen. Wir setzen auf Zykliker, die für den Aufschwung in Europa gut aufgestellt sind, und nutzen die Volatilität für Einstiegspunkte in eine Dynamik, die dadurch entsteht, dass die Unternehmen ihre Ergebnisse nach oben korrigieren.
Augustin Picquendar ist Manager Europäische Aktien bei der DNCA Finance in Paris. Das Fondsmanager-Team verfügt über umfassende Kenntnisse im Bereich europäische Unternehmen und berücksichtigt bei der Analyse Aktien sowie Unternehmens- und Wandelanleihen. DNCA Finance verwaltet aktuell ein Vermögen von 15 Milliarden Euro.
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