Erbrechtsreform wird Gesetz -Bundestag verabschiedet Erb- und Verjährungsrecht
Berlin, 03.07.2009 09:51 Uhr (redaktion)
Vererben und Erben. Das seit über 100 Jahren bestehende Erbrecht wurde durch wichtige, zeitgemäße Details angepasst. So gibt es eine neue Regelung für Erblasser, die einen Pflichtteilsberechtigten auszahlen müssen.
Die wichtigsten Punkte der Reform im Einzelnen:
Modernisierung der Pflichtteilsentziehungsgründe
Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Der Pflichtteil umfasst die Hälfte des gesetzlichen Erbteils; diese Höhe bleibt durch die geplanten Neuerungen unberührt. Ein wesentliches Anliegen der Reform ist die Stärkung der Testierfreiheit des Erblassers, also seines Rechts, durch Verfügung von Todes wegen über seinen Nachlass zu bestimmen. Dementsprechend werden die Gründe überarbeitet, die den Erblasser berechtigen, den Pflichtteil zu entziehen:
- Die Entziehungsgründe sollen vereinheitlicht werden, indem sie künftig für Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten oder Lebenspartner gleichermaßen Anwendung finden. Bislang gelten insoweit Unterschiede.
- Darüber hinaus sollen künftig alle Personen geschützt werden, die dem Erblasser ähnlich wie ein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind nahe stehen, z. B. auch Stief- und Pflegekinder. Eine Pflichtteilsentziehung soll auch dann möglich sein, wenn der Pflichtteilsberechtigte diesen Personen nach dem Leben trachtet oder ihnen gegenüber sonst eine schwere Straftat begeht. Nach derzeitiger Gesetzeslage ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber einem viel engeren Personenkreis möglich.
- Der Entziehungsgrund des "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels" soll entfallen. Zum einen gilt er derzeit nur für Abkömmlinge, nicht aber für die Entziehung des Pflichtteils von Eltern und Ehegatten. Zum anderen hat er sich als zu unbestimmt erwiesen. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen. Zusätzlich muss es dem Erblasser unzumutbar sein, dem Verurteilten seinen Pflichtteil zu belassen. Gleiches soll bei Straftaten gelten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden.
Besteht das Vermögen des Erblassers im Wesentlichen aus einem Eigenheim oder einem Unternehmen, müssen die Erben diese Vermögenswerte oft nach dem Tod des Erblassers verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Lösung bietet hier die bereits geltende Stundungsregelung, die jedoch derzeit eng ausgestaltet und nur dem pflichtteilsberechtigten Erben (insbes. Abkömmling, Ehegatte) eröffnet ist. Mit der Reform soll die Stundung unter erleichterten Voraussetzungen und für jeden Erben durchsetzbar sein.
Gleitende Ausschlussfrist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Schenkungen des Erblassers können zu einem Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben oder den Beschenkten führen. Durch diesen Anspruch wird der Pflichtteilsberechtigte so gestellt, als ob die Schenkung nicht erfolgt und damit das Vermögen des Erblassers durch die Schenkung nicht verringert worden wäre. Die Schenkung wird in voller Höhe berücksichtigt. Sind seit der Schenkung allerdings 10 Jahre verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Dies gilt auch, wenn der Erblasser nur einen Tag nach Ablauf der Frist stirbt.
Die Reform sieht nun vor, dass die Schenkung für die Berechnung des Ergänzungsanspruchs graduell immer weniger Berücksichtigung findet, je länger sie zurück liegt: Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall wird demnach voll in die Berechnung einbezogen, im zweiten Jahr jedoch nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw. berücksichtigt. Damit wird sowohl dem Erben als auch dem Beschenkten mehr Planungssicherheit eingeräumt.
Bessere Honorierung von Pflegeleistungen beim Erbausgleich
Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts wird das Erbrecht vereinfacht und modernisiert. Ein wichtiger Punkt ist die bessere Berücksichtigung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung. Zwei Drittel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt, über die finanzielle Seite wird dabei selten gesprochen. Trifft der Erblasser auch in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll der Anspruch unabhängig davon sein, ob für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet wurde.
Abkürzung der Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen
Änderungsbedarf hat sich auch im Verjährungsrecht ergeben. Mit dem Gesetzentwurf wird die Verjährung von familien- und erbrechtlichen Ansprüchen an die Verjährungsvorschriften des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von 2001 angepasst. Diese sehen eine Regel-verjährung von drei Jahren vor. Dagegen unterliegen die familien- und erbrechtlichen An-sprüche noch immer einer Sonderverjährung von 30 Jahren, von denen das Gesetz zahlrei-che Ausnahmen macht. Dies führt zu Wertungswidersprüchen in der Praxis und bereitet Schwierigkeiten bei der Abwicklung der betroffenen Rechtsverhältnisse. Die Verjährung fami-lien- und erbrechtlicher Ansprüche wird daher der Regelverjährung von 3 Jahren angepasst. Dort, wo es sinnvoll ist, bleibt jedoch die lange Verjährung erhalten.
TIPP: Eine kostenlose Broschüre zum Thema Erben und Vererben (pdf-Datei).
(Quelle: Bundesministerium für Justiz)

Politik Recht Gesetze
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