Soziologieprofessor Neckel: Der Geldgier auf der Spur
Frankfurt/Main, 24.09.2012 11:03 Uhr (Gastautor)
Der Soziologieprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt, Sighard Neckel, in einem Interview: "Gier wird heute zum Strukturprinzip finanzökonomischen Handelns, sie ist Begleiterscheinung und Nebenprodukt eines Wettbewerbs, der davon regiert wird, die stets lauernde Chance auf den jeweils noch besseren Deal nicht zu verpassen.
Gier frisst Hirn... Selbst Finanzexperten sehen einen seltsamen Zusammenhang von Gier und Vernunft. Wie passen die individuelle Jagd nach Rendite mit den Zielen der Gesellschaft zusammen?
In dem Interview mit dem Titel „Gier: Eine Emotion kommt ins Gerede“ konstatiert der Soziologe, in der öffentlichen Diskussion werde häufig so getan, „als ob der Zusammenbruch der Finanzmärkte 2008 und auch die heutigen Turbulenzen der Eurokrise ihre Erklärungen in der Gier der Menschen als einer schlechten Charaktereigenschaft finden würden“. Diese individuellen Zuschreibungen seien für ihn jedoch „eigentlich das, was mich an Gier am wenigsten interessiert“.

Professor Sighard Neckel
Grundlegende Überlegungen hat Neckel auch in einem Aufsatz für die Zeitschrift „Leviathan“ angestellt („Der Gefühlskapitalismus der Banken: Vom Ende der Gier als ‚ruhiger Leidenschaft’“). Gier wird in ganz unterschiedlichen Wissenschaften als „Erwartungslust“ beschrieben. Sie erfährt ihre Befriedigung gerade nicht durch den Genuss eines Objekts; die Lust der Gier liegt im Verlangen selbst.
Laut Neckel habe sich auf den modernen Finanzmärkten auch jenseits individuellen Verhaltens eine ökonomische Handlungsstruktur entwickelt, „die genau jene Eigenschaften aufweist, die wir mit Gier verbinden: die Steigerung von Renditen um ihrer selbst willen, jenseits aller sachlichen Bindung, nur vom Ziel bestimmt, den Gewinn von heute Morgen durch höhere Gewinne am nächsten Tag zu überbieten“. In der Handlungsstruktur der heutigen Finanzmärkte kehre die Maßlosigkeit der Gier, die durch bestimmte wirtschaftliche Ziele gar nicht befriedigt werden könne, „gewissermaßen als Geschäftsmodell wieder“.
Das komplette Interview steht hier als pdf-Datei zur Verfügung (externer Link).
(Quelle: idw/Goethe Universität)

Forschung Gesellschaft Finanzmarkt
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